Bundeswehr vor dem Ebola-Einsatz
25. September 2014Hauptfeldwebel Jörg May sieht in der Ebola-Epidemie eine Gefahr für die ganze Welt. Der 33 Jahre alte Familienvater arbeitet im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, und er gehört zu den rund 2000 Freiwilligen, die sich nach dem Aufruf von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gemeldet haben, um sich in Westafrika am Kampf gegen Ebola zu beteiligen. "Wenn es dort die Chance gibt, eine Eindämmung zu erzielen, gehe ich gerne in diese Mission", sagt May.
Der Unteroffizier erinnert an die Tsunami-Katastrophe von 2004, wenn er betont: "Wir haben schon oft als Soldaten humanitäre Hilfe geleistet". Davon spricht auch Oberstarzt Johannes Backus vom Kommando Sanitätsdienst. Für den Leiter der Task Force Ebola geht es auch bei dieser Epidemie um "eine Ausnahmesituation" mit hohen Anforderungen. Umso erfreulicher sei die große Hilfsbereitschaft. Per Telefon und Mail hätten sich Soldaten, Reservisten und zivile Mitarbeiter aus allen Bereichen der Bundeswehr und aus der Bevölkerung als Freiwillige gemeldet.
Pläne für ein mobiles Krankenhaus in Liberia
Gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und dem Technischen Hilfswerk (THW) will man nun ein mobiles Krankenhaus mit 300 Betten betreiben. Die Bundeswehr soll davon 50 Betten stellen, für die man wahrscheinlich ein 160-köpfiges Team brauche. Geplant sei derzeit ein Einsatz in Liberia, sagt Backus, wo parallel zur Ausbreitung der Ebola-Seuche das staatliche Gesundheitssystem zusammengebrochen ist. Noch müsse entschieden werden, ob sich der deutsche Einsatz auf die Behandlung und Versorgung der Ebola-Kranken oder auf die medizinische Grundversorgung konzentrieren soll. An diesem Donnerstag beginnt der Aufbau einer Luftbrücke von Dakar im Senegal ins liberianische Monrovia, um Material und Personal ins Land zu bringen.
Bei den Freiwilligen für den Einsatz im Mobilen Krankenhaus wird derzeit abgefragt, welche Qualifikationen und Erfahrungen sie mitbringen, und ob sie hinreichend belastbar sind. Dementsprechend würden sie dann ausgewählt und für ihren Einsatz ausgebildet, erläutert der Oberstarzt. Bei medizinischem Fachpersonal komme man vielleicht mit einer Woche aus, bei medizinischen Laien brauche man sicher länger.
Trotzdem seien auch diese Freiwilligen hochwillkommen, unterstreicht der Leiter der Task Force und nennt als Beispiel "Personen, die Erfahrung in der Pflege von Angehörigen haben". Wenn man sich tatsächlich um die Pflege von Ebola-Kranken kümmern werde, gehe es auch um ganz einfache Pflegeverrichtungen wie bei einem Hospizdienst. Daneben brauche man natürlich geschulte Kräfte, die die Situation einschätzen und Anweisungen erteilen könnten.
Eindämmung möglich, aber "immer schwieriger"
Seit April schon beschäftige sich die Bundeswehr mit dem Ebola-Ausbruch in Westafrika, berichtet Oberstarzt Backus. Das Bundeswehr-Institut für Mikrobiologie hat mobile Diagnostik-Labore entwickelt und afrikanische wie europäische Wissenschaftler im Umgang damit geschult. Drei Labore sind in Guinea in einem EU-Einsatz.
Die Bundeswehr habe etwa zwanzig eigene Tropenmediziner, sagt Oberstarzt Peter Lüke. In den vergangenen Jahren habe man auch schon hundert Personen für die bei Ebola erforderliche Pflege qualifiziert - das sogenannte "barrier nursing" mit bestimmten Schutzzonen rund um die infizierten Patienten. Diese Ausbildung müsse jetzt ausgeweitet werden. Bundeswehr-Mediziner Lüke ist davon überzeugt, dass Ebola immer noch eingedämmt werden könne, mit höchster Sorgfalt und entsprechend großen internationalen Anstrengungen, aber es werde "immer schwieriger".
Den Umgang mit den Schutzanzügen und Desinfektion müsse er sicher auch noch einmal trainieren, falls er nach Westafrika geschickt werde, sagt Hauptfeldwebel Jörg May, der ausgebildeter Rettungsassistent ist. Seine Frau ist ebenfalls Soldatin. Sie sei Ärztin bei der Bundeswehr und könne seinen Entschluss gut nachvollziehen, erzählt er. May traut sich die Aufgabe zu, weil er für den Umgang mit Infektionskrankheiten ebenso geschult ist wie für Evakuierungsmaßnahmen. Einsatz-Erfahrungen hat er im Kosovo gesammelt.
Zusage für Sicherheit und Rückkehr im Fall einer Infektion
"Weil genau mein Fachgebiet betroffen ist. Bei einem Waldbrand könnte ich wenig ausrichten", so begründet auch Oberfeldarzt Bernhard Raffel seine Meldung als Freiwilliger für den Einsatz gegen Ebola in Westafrika. Er ist Labormediziner und könnte bei der Diagnostik von Verdachtsproben helfen. Der Arzt geht davon aus, dass es bei der Bekämpfung dieser Seuche noch einen "länger dauernden Einsatz" geben werde. Deshalb möchte der Mediziner, der Auslandserfahrungen am Horn von Afrika, in Afghanistan und auf dem Balkan hat, auch bei seinen Mitarbeitern um Vertrauen für den Einsatz in Westafrika werben.
Dass es in den Ebola-Gebieten auch Gewaltakte gegen Helfer gegeben hat, besorge ihn nicht, sagt Raffel, die Einsatzleitung werde schon "Maßnahmen ergreifen, um Behandlungseinrichtungen zu schützen". Das hat Ministerin Ursula von der Leyen den Soldaten ausdrücklich zugesagt, wie auch die Sicherstellung, dass Helfer, die sich selbst mit Ebola infizieren, nach Deutschland zurückgeholt werden können. "Ein wichtiges Signal für die Freiwilligen", unterstreicht Task Force Leiter Johannes Backus, damit sie wüssten: "Wenn mir was passiert, versorgt uns der Sanitätsdienst vor Ort und bringt uns auch zurück."