Bundesliga: FC Bayern und Dortmund mit Trainer-Neulingen
22. August 2024Die Messlatte für die Trainer des FC Bayern München und von Borussia Dortmund liegt immer hoch. Nachdem die beiden Top-Klubs die vergangene Bundesliga-Saison nur als Dritter beziehungsweise Fünfter beendeten, kam es bei beiden Vereinen zu einem Wechsel auf der Trainerbank. Und beide Klubs setzen jetzt auf junge, unerfahrene Trainer.
Bayerns neuer Coach Vincent Kompany und Dortmunds Trainer Nuri Sahin haben als Spieler viel gewonnen. Als Trainer konnte aber bislang nur Kompany einen Titel feiern: Er holte 2023 mit dem FC Burnley die Meisterschaft in der englischen 2. Liga und stieg in die Premier League auf.
Was also zeichnet die beiden aus, dass sie quasi auf Anhieb zwei der größten Jobs im deutschen Fußball bekommen haben?
Vincent Kompany - alles außer Erfahrung
Bei Kompany war es ein Ausschlussverfahren. Nachdem die Bayern schon weit vor dem Ende der vergangenen Saison den Abgang von Thomas Tuchel bekannt gegeben hatten, spielten sie eine Reihe von Trainerkandidaten durch: Bundestrainer Julian Nagelsmann, Leverkusens Meistercoach Xabi Alonso, Ralf Rangnick, Roberto de Zerbi von Brighton & Hove Albion - sogar eine Weiterbeschäftigung Tuchels wurde kurz in Erwägung gezogen.
Nachdem alle Wunschkandidaten abgesagt hatten, wandte sich der entthronte Meister an den Belgier, der mit Burnley gerade wieder aus der Premier League abgestiegen war. "Für mich ist es nicht so wichtig, dass alle vorher von mir überzeugt sind - sondern nachher durch meine Arbeit auf dem Platz", sagte der frühere Verteidiger von Manchester City bei seiner Vorstellung in München.
"Vincent hat alles, außer bisher die Erfahrung, bei einem Top-Klub gearbeitet zu haben. Er hat eine große Persönlichkeit, und seine Spielidee passt perfekt zum FC Bayern", sagte Münchens Sportdirektor Max Eberl. "Wir wollen dominant sein, wir wollen den Ball haben. Auch dafür steht er. Wir sind extrem glücklich, diesen Trainer bei uns zu haben und mit ihm die nächsten Schritte zu gehen."
Offensive um jeden Preis
Kompany setzt auf kompromisslose Offensive - auch wenn man durch ein höheres Risiko anfälliger für Gegentore ist. "Ich sehe das Spiel auf keine andere Weise, als Tore zu schießen. Das ist das Wichtigste", sagt der Belgier. In der Aufstiegssaison mit Burnley funktionierte Kompanys Offensivfußball perfekt: In 46 Partien gab es nur drei Niederlagen. Mit 101 Punkten stellte Burnley einen neuen Liga-Rekord auf.
In der Premier League - gegen bessere Gegner - ging der Spielstil des Belgiers dann aber oft nach hinten los. Nach nur fünf Siegen in 38 Spielen führte der Weg des Vereins als Vorletzter wieder zurück in die 2. Liga. Die Fans des FC Burnley hielten trotzdem weitgehend zu Kompany. Seine Intensität und sein Siegeswille, die er aus seiner Zeit als Spieler mitbrachte, wurden als wichtige Tugenden angesehen, die er auch in München wieder anwenden möchte.
"Warum sollte man seine Einstellung ändern, nur weil man bei einem anderen Verein arbeitet", sagte Kompany kürzlich auf einer Pressekonferenz. "Man sollte immer jedes Spiel gewinnen wollen. Ich war schon immer so, schon in der Jugend. Ich wurde mit dieser Mentalität geboren. Der Verein kann keine höheren Erwartungen an mich stellen als ich an mich selbst. Ich denke, wir passen sehr gut zusammen."
Vor seiner Unterschrift bei den Bayern hatte Kompany nur Kontakt zu den Münchenern, wenn er als Spieler gegen sie auf dem Platz stand. Von 2006 bis 2008 spielte er für den Hamburger SV in der Bundesliga. Mit Manchester City traf er in der Champions League auf den FC Bayern.
Im letzten Jahr seiner Spielerkarriere war er in der Saison 2019/2020 beim RSC Anderlecht Spielertrainer und danach zwei Jahre Cheftrainer des belgischen Rekordmeisters, bevor er nach Burnley wechselte. Der Schritt nach München ist groß. In München zählt in der Bundesliga im Grunde nur die Meisterschaft. Ein Erfolg in der Champions League ist ebenfalls immer ein Ziel. Fest steht: Eine weitere Saison ohne eine Trophäe ist aus Bayern-Sicht undenkbar.
Nuri Sahin: vom jungen Spieler zum jungen Trainer
Den Dortmundern sind verpasste Meisterschaften und Titel dagegen in letzter Zeit fast zur Gewohnheit geworden. In vier der vergangenen fünf Spielzeiten beendeten sie die Bundesliga-Saison als Zweiter. Im Juni gingen sie auch im Finale der Champions League gegen Real Madrid als Verlierer vom Platz.
Mit der Verpflichtung Nuri Sahins, der bereits das letzte halbe Jahr als Co-Trainer von Edin Terzic mit auf der Bank saß, werden nun Erinnerungen an erfolgreichere Zeiten wach. Der in Deutschland geborene und aufgewachsene Sohn türkischer Einwanderer wechselte mit zwölf Jahren in die Jugend des BVB. Bereits als 16-Jähriger gab er im August 2005 sein Debüt für Dortmund in der Bundesliga und wurde zum jüngsten Spieler und Torschützen in der Geschichte der Liga. Beide Rekorde wurden inzwischen vom aktuellen Dortmunder Youngster Youssoufa Moukoko gebrochen.
Führt Vertrautheit zum Erfolg?
"Nuri kennt den Verein, seine Mitarbeiter und die BVB-DNA sowohl als Spieler als auch als Co-Trainer", sagte Dortmunds Geschäftsführer Sport, Lars Ricken, über den neuen Coach. "Wir sind überzeugt davon, dass Nuri der richtige Trainer für uns ist."
"Es ist mir eine große Ehre, Trainer von Borussia Dortmund sein zu dürfen", sagte Sahin selbst nach seiner Beförderung zum Chefcoach. "Wir werden vom ersten Tag an mit viel Energie und großer Leidenschaft alles dafür tun, um den maximal möglichen Erfolg zu haben."
Charakterlich und was die Liebe zum Verein angeht, passt Sahin perfekt zum BVB. Erfahrung als Cheftrainer hat er nicht - abgesehen von zwei Jahren als Teamchef bei Antalyaspor in der türkischen Süper Lig. Daher betreibt Borussia Dortmund durchaus eine Art Glücksspiel, wenn man ihm als jungem Trainer die Verantwortung gibt. Genauso macht es der FC Bayern mit Vincent Kompany.
Allerdings gibt es für beide ein leuchtendes Beispiel - auch wenn der Erwartungsdruck in Leverkusen sicher ein anderer ist als in München und Dortmund: Xabi Alonso hatte vor seinem Job beim späteren Double-Sieger auch noch keine Erfahrung als Cheftrainer bei einem Profiklub in einer der Top-Ligen Europas.
Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.