"Breite und tiefe Debatte" über koloniales Erbe
27. August 2018"Es geht hier um die Schließung einer internationalen Erinnerungslücke", sagte die Staatsministerin für internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, Michelle Müntefering. Zwar könnten die deutschen Verbrechen aus der Zeit von 1904 bis 1908 nicht ungeschehen gemacht werden. Aber Deutschland und Namibia müssten Wege finden, um daran gemeinsam zu erinnern. Bei der Aufarbeitung des "kollektiven Traumas" seien zudem Sensibilität und Empathie nötig. "Wir wollen helfen, Wunden zu heilen", sagte die SPD-Politikerin in Berlin.
Dort hat Müntefering die namibische Kulturministerin Katrina Hanse-Himarwa und eine gut 70-köpfige Delegation aus Namibia empfangen. Ihnen sollen am Mittwoch Schädel und weitere menschliche Überreste übergeben werden. Die Gebeine ermordeter Angehöriger der Stämme Herero und Nama stammen aus der Zeit der deutschen Kolonialherrschaft im damaligen Deutsch-Südwestafrika (1884-1915), und waren teilweise in den Besitz deutscher Museen gelangt.
"Ohne jeglichen Respekt"
Aus dem Auswärtigen Amt heißt es dazu, sie seien "unrechtmäßig entwendet" und "ohne jeglichen Respekt vor Menschenwürde, kulturellen und religiösen Überzeugungen und Praktiken" nach Deutschland gebracht worden.
Die namibische Ministerin bezeichnete die geplante Rückgabe als Teil des Versöhnungsprozesses zwischen Deutschland und Namibia. Sie würdigte auch die Rolle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die angeboten habe, diese Rückgabe mit einem würdigen Rahmen zu unterstützen. Sie schätze zudem, dass es erstmals zu einer Übergabe mit staatlicher Beteiligung komme, sagte Hanse-Himarwa.
"Noch viele Probleme zu lösen"
Seit Jahren verhandelt Deutschland mit dem südwestafrikanischen Namibia über Wiedergutmachung für Gräueltaten der Kolonialzeit; seit 2015 gab es bereits sechs Verhandlungsrunden. Für Freitag ist ein weiteres Gespräch in Namibias Hauptstadt Windhuk geplant. Herero und Nama haben Deutschland in New York auf Schadenersatz verklagt. Deutsche Truppen hatten Historikern zufolge etwa 65.000 der 80.000 Herero und mindestens 10.000 der 20.000 Nama getötet.
Namibia und Deutschland hätten "viele Probleme zu lösen mit Blick auf die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft", sagte Ministerin Hanse-Himarwa. Man habe Gesprächskanäle aufgebaut. Ergebnisse werde man bekanntgeben, wenn man sich einig sei.
rb/qu (afp, dpa, epd, kna)