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Brasilianer bringt WTO zurück in die Spur

Jan D. Walter8. Dezember 2013

Nach nur drei Monaten im Amt hat der Chef der Welthandelsorganisation, Roberto Azevêdo, die totgesagte Doha-Runde wiederbeleben können. Der "Patient" WTO atmet wieder - und zwar in vollen Zügen.

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WTO-Chef Roberto Azevedo - Foto: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images
Bild: Getty Images

Schon jetzt wird das in der Nacht erzielte Abkommen als historisch bezeichnet. Zum ersten Mal haben sich alle 159 Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) auf konkrete Regeln zur auf Vereinfachung der Zollrichtlinien und den Abbau von Agrarsubventionen verständigt.

WTO-Chef Roberto Azevêdo hatte Tränen in den Augen, als er dieses Verhandlungsergebnis verkündete. Zweifel an der Echtheit seiner Rührung kommen nicht auf: Seit Jahren setzt sich der Brasilianer für multilateralen Freihandel ein. Dass diese Einigung maßgeblich das Verdienst von Azevêdo ist, wird kaum jemand bestreiten.

Langer Kampf für Freihandel

Als der Brasilianer im September 2013 den Franzosen Pascal Lamy auf dem Chefposten beerbte, galt die gesamte WTO als klinisch tot. Denn schon, als die damals 142 Mitgliedstaaten 2001 auf der Welthandelskonferenz in Doha beginnen wollten, gemeinsame Regeln für einen einfacheren und gerechteren Welthandel zu erarbeiten, gerieten die Verhandlungen ins Stocken. Hauptstreitpunkt waren schon damals die Agrarsubventionen der Industriestaaten.

Nach langjährigem Stillstand trat Azevêdo dieses Jahr als neuer Hoffnungträger an. Der Brasilianer kennt die WTO und ihre Eigenheiten wie kaum jemand sonst. Seine Karriere als Handelsdiplomat begann er 1995, in demselben Jahr also, in dem auch die Handelsorganisation ihre Arbeit aufnahm. Seither hat Azevêdo wichtige Missionen für das brasilianische Außenministerium gemeistert - unter anderem arbeitete er etliche Jahre bei der UNO in Genf und direkt in der WTO.

Container im Hamburger Hafen-- (c) dpa - Bildfunk
Die erzielten Handelserleichterungen sollen die Exportwirtschaft ankurbelnBild: picture-alliance/dpa

Hoffnungsträger der Entwicklungsländer

In Diplomatenkreisen gilt der Brasilianer als geschickter und empathischer Verhandlungspartner. Dieses Geschick ließ sich auch auf Bali beobachten, als er den wütenden indischen Handelsminister Anand Sharma einfing und auch dem störrischen kubanischen Unterhändler seine Unterschrift abrang.

Und selbst aus der langen Zeit des Stillstands der WTO hat Azevêdo diplomatische Erfolge vorzuweisen. So war er maßgeblich daran beteiligt, dass die Organisation zwei ihrer mächtigsten Mitglieder Maßnahmen auferlegte: 2005 musste die EU ihre Zuckersubentionen senken, 2008 mussten die USA ihre Baumwollhilfen zurückfahren. Solche indirekten Zölle sind es nämlich, die es Produzenten aus Brasilien und anderen Ländern erschweren, ihre Erzeugnisse auf den wichtigen Märkten der Industrieländer abzusetzen. Keine Wunder also, dass es vor allem die Entwicklungsländer waren, die Azevêdo an die Spitze der WTO wählten, zumal er sich schon bei seiner Bewerbung die Wiederbelebung der Doha-Runde als wichtigstes Ziel auf die Fahnen geschrieben hatte.

"Azevêdo-Effekt"

Dass dies kein leeres Versprechen war, hat Azevêdo nun auf Bali bewiesen: Drei Monate nach seinem Amtsantritt haben die WTO-Mitglieder die seit zehn Jahren brachliegende Debatte nicht nur aufgenommen, sondern sogar eine Einigung in wichtigen Punkten erzielt. Der Handelsminister des Gastgeberlandes Indonesien, Gita Wirjawan, scherzte, er hätte diesen Erfolg gerne der inspirierenden Atmosphäre auf der Urlaubsinsel Bali zugeschrieben: "Doch dann haben wir erkannt, es ist der Azevêdo-Effekt."

WTO Konferenz auf Bali 2013 - Foto: REUTERS/Edgar Su
WTO-Chef Azevedo hat die Bali-Konferenz entscheidend mitgeprägtBild: Reuters

Allerdings - und das betonte Azevêdo selbst zum Abschluss der Konferenz: Es liegt noch viel Arbeit vor ihm, bis von einem umfassenden Abbau von Handelsbarrieren die Rede sein kann. Erst ein Teil der in Doha beschlossenen Entwicklungsagenda ist abgearbeitet, weitere Verhandlungsrunden werden folgen.