Bombenterror in der syrischen Feuerpause
27. Februar 2016Bei einem Angriff der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) auf kurdischen Einheiten im Norden Syriens sind mehr als 60 Menschen ums Leben gekommen. Die Extremisten hätten eine Offensive auf die Stadt Tel Abjad an der Grenze zur Türkei begonnen, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Dabei seien mindestens 45 IS-Anhänger sowie 20 Kämpfer der Kurdenmiliz YPG und ihrer Verbündeten getötet worden.
Die heftigen Gefechte gingen weiter. Zehn Luftangriffe der US-geführten internationalen Koalition hätten die Kurden unterstützt, erklärten die Menschenrechtsbeobachter. Bei der YPG handelt es sich um den bewaffneten syrischen Ableger der verbotenen türkischen Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Sie beherrscht in Nordsyrien große Gebiete. Die YPG ist ein wichtiger Verbündeter des Westens im Kampf gegen den IS.
Die zwischen von den USA und Russland ausgehandelte Feuerpause, der Syriens Machthaber Baschar al-Assad und die Kurden zugestimmt hatten, scheint bislang weitgehend zu halten. In großen Teilen des Landes blieb es ruhig. Allerdings schlugen nach Berichten der syrischen Nachrichtenagentur Sana in der Hauptstadt Damaskus Granaten ein. Das Militär machte "Terroristen" hierfür verantwortlich. Auch aus der Provinz Hama werden neue Attacken von Dschihadisten gemeldet. Bei zwei Selbstmordanschlägen seien mehrere Menschen getötet worden, hieß es.
Die Waffenruhe war um Mitternacht in Kraft getreten. Sie gilt jedoch nicht für den IS und die Al-Nusra-Front, den syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. In den von ihnen beherrschten Gebieten gingen die Kämpfe daher weiter. Russland wollte an diesem Samstag nach eigener Aussage jedoch keine Luftangriffe fliegen, auch nicht gegen Terroristen des "Islamischen Staates".
Die Außenminister Russlands und der USA, Sergej Lawrow und John Kerry, zeigten sich in einem Telefonat erfreut über das Inkrafttreten einer Waffenruhe. Nach Angaben aus Moskau erörterten sie auch "die Perspektiven für die Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses für Frieden".
"Atempause" für Dialog und humanitäre Hilfe
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier rief nach dem Beginn der Waffenruhe zu einem politischen Dialog auf. "Nicht überall wurde die vereinbarte Waffenruhe sofort und hundertprozentig eingehalten. Doch erstmals gibt es eine Chance auf eine wirkliche Atempause", sagte Steinmeier der Zeitung "Welt am Sonntag" weiter. Mit jeder Stunde, die die Waffenruhe halte, "steigt für Millionen Syrer nicht nur im Land selbst, sondern auch für jene, die weltweit vor Krieg und Terror geflohen sind, die Hoffnung auf Frieden".
Steinmeier forderte das Assad-Regime auf, mehr Möglichkeiten für humanitäre Hilfe zu schaffen. "Wir müssen die Chance der Waffenruhe nutzen, um auch die humanitären Zugänge weiter zu verbessern", so der SPD-Politiker. Hier liege die Verantwortung "primär bei der syrischen Regierung".
jj/SC (dpa, afp, rtr)