Bierhoff räumt Fehler in Erdogan-Affäre ein
6. Juli 2018Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff hat Fehler im Umgang mit Mesut Özil eingestanden. In einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" sprach der 50-Jährige erstmals öffentlich darüber, ob eine Nichtnominierung des Mittelfeldspielers für die Fußball-WM in Russland nach der Erdogan-Affäre gerechtfertigt gewesen wäre. "Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalmannschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen", sagte Bierhoff. "Und insofern hätte man überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet."
Scharfe Kritik an Özil in sozialen Netzwerken
Im Vorfeld der WM hatten Özil und Teamkollege Ilkay Gündogan durch gemeinsame Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für einen Eklat gesorgt. Gündogan hatte später betont, er und Özil hätten mit den Bildern kein politisches Statement setzen wollen.
Trotz des Vorfalls waren beide Spieler für die Endrunde nominiert worden, Özil hatte im Trainingslager dem obligatorischen Medientag fernbleiben dürfen und hat sich bis heute nicht zur Kritik an seinem Treffen mit Erdogan geäußert. In den sozialen Netzwerken war er zu einem der Sündenböcke für das WM-Scheitern gemacht worden.
"Nachhaltige Debatte"
Teammanager Bierhoff räumte ein, dass die Affäre die Mannschaft durch das WM-Turnier begleitet habe: "Ich glaube, die Tatsache, dass Mesut und Ilkay die Fotos gemacht haben, hat die Mannschaft nicht so sehr beschäftigt. Aber die Debatte war nachhaltig."
Bierhoff schränkte allerdings ein, dass "Mesut das, was von ihm erwartet wurde, aus bestimmten und offensichtlichen Gründen so hätte nicht sagen können. Ilkay Gündogan hat gesprochen und hat sich auch sehr geöffnet. Trotzdem ist er ebenso und weiterhin hart kritisiert worden."
Alles auf den Prüfstand
Bierhoff kündigte nach dem peinlichen WM-K.o. "tiefgreifende Veränderungen" an: "Was zu einer 14 Jahre währenden Erfolgsgeschichte beigetragen hat, darf nicht einfach ignoriert werden. Klar ist aber, dass wir alles auf den Prüfstand stellen müssen, personell und strukturell." Dazu, so Bierhoff, gehörten die Zusammenstellung des Kaders genauso wie die internen Abläufe. "Wir haben uns in Russland nicht als Mannschaft präsentiert. Das ist etwas, was mir besonders wehtut."
sn/ck (dpa, sid)