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Außenminister fürchtet Chaos im Irak

Heiner Kiesel13. Juni 2014

Im Irak erkämpfen sich sunnitische Extremisten weitere Gebiete. Für die Außenpolitiker in Berlin zeichnet sich langsam ein Albtraum-Szenario ab.

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Irak Unruhen ISIS Kämpfer in Mosul (Foto: REUTERS/Stringer)
Bild: Reuters

Es erscheint vielen Politikern und Regierungsvertretern kaum fassbar, was gerade im Irak vor sich geht. Eine Gruppe von gefürchteten islamistischen Kämpfern hat in der Nacht zum Dienstag die zweitgrößte Stadt des Landes unter ihre Kontrolle gebracht und steht inzwischen 60 Kilometer vor der Hauptstadt Bagdad. Die zumeist mit dem Kürzel ISIS bezeichnete Gruppe trägt ihr Ziel im Namen: Islamischer Staat im Irak und der Levante. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeichnet nun ein düsteres Zukunftsbild für die Region. ISIS sei zu einem Machtfaktor über den Irak hinaus geworden. "Wir haben die Sorge, dass mit einer Fortentwicklung der Lage ein unregierbarer Raum zwischen Syrien und Bagdad entsteht." Steinmeier beobachtet, dass ISIS ein Potential erreicht habe, das weit über terroristische Anschläge und Attacken hinausgehe. "Das ist eher eine militärische Operation mit Flächenangriffen", stellte der deutsche Chefdiplomat nach einem Gespräch mit seinem marokkanischen Amtskollegen Salaheddine Mezouar in Berlin fest.

Steinmeier: ISIS-Vormarsch stoppen!

Steinmeier sieht keine schnellen Lösungen für den Konflikt. "Jeder, der darauf eine schnelle Antwort gibt, überfordert sich selbst", sagte er. Es sei dringlich, den Vormarsch der Extremisten zu stoppen und im Irak eine Regierung zu schaffen, die alle Bevölkerungsteile einbinde. Der SPD-Politiker wies eine Mitschuld der Bundesregierung an den Entwicklungen im Irak entschieden zurück. Der außenpolitische Sprecher der oppositionellen Linken im Bundestag, Jan van Aken, hatte der Bundesregierung und der Nato vorgeworfen, ein doppeltes Spiel zu betreiben. "Sie haben die Golfstaaten Katar und Saudi-Arabien, Länder, die islamistische Terroristen offensiv unterstützen, mit Waffen aus Deutschland beliefert." Steinmeier entgegnete darauf: "Sollen wir denn nicht mehr mit Katar sprechen und streiten, darüber, wer unterstützt werden soll oder nicht. Das ist doch keine Lösung!" Zuvor hatte sich schon Omid Nouripour kritisch über den Beitrag des Westens zum Erfolg des ISIS geäußert. Der Fachpolitiker der Grünen warf der EU vor, durch ihre Embargopolitik Gelder aus dem Ölgeschäft in die Kassen der Aufständischen umzuleiten.

Frank-Walter Steinmeier; (Foto: dpa)
Frank-Walter Steinmeier sieht ISIS als "Machtfaktor"Bild: picture-alliance/dpa

Außenexperte sieht Schuld bei Al Maliki

Auch wenn es keine schnellen Lösungen gibt: Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Annen, sieht dringenden Handlungsbedarf für die internationale Gemeinschaft. "Wir sind gefordert, denn wir können nicht zusehen, wie sich dort ein Al-Qaida-Staat bildet", sagte Annen der Deutschen Welle und nannte diese Vorstellung ein "Albtraumszenario". Die Hauptschuld an der kritischen Lage sieht der Außenexperte der Sozialdemokraten bei der derzeitigen Regierung des Schiiten Nuri Al Maliki in Bagdad, "die die sunnitische Minderheit in einer Weise marginalisiert hat, dass dieser Vormarsch überhaupt möglich geworden ist." Es gebe keine militärische Lösung dieses Konflikts. Nach Äußerungen aus politschen Kreisen in Berlin zeichnet sich ab, dass auch keine Lösung erwartet wird, die mit einer aktiven Rolle Al Malikis verbunden ist.

Nils Annen, (Foto: dpa)
SPD-Außenexperte Nils AnnenBild: picture-alliance/ dpa