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Berlin: Dicke Luft wegen VW

Marcel Fürstenau, Berlin (mit dpa)23. September 2015

Die Bundesregierung bemüht sich um politische Schadensbegrenzung in der VW-Affäre. Das Krisenmanagement läuft auf Hochtouren. Von eigenen Versäumnissen ist keine Rede - noch nicht.

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Dunkle Wolken über dem Berliner Reichstagsgebäude (Foto: Kay Nietfeld/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Diesel-Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns wurde in den USA aufgedeckt. Dass der amerikanische Präsident Barack Obama und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag darüber gesprochen haben, ist eine naheliegende Vermutung. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz sagte auf entsprechende Nachfragen in der routinemäßigen Pressekonferenz am Mittwoch in Berlin, sie mache keine weiteren Angaben zum Inhalt des Telefonats.

Immerhin erfuhren die Journalisten, Merkel und Obama hätten sich über die Flüchtlingssituation unterhalten. Eine andere Frage im Zusammenhang mit der VW-Affäre beantwortete Wirtz: Ihr sei nicht bekannt, dass sich andere Staaten deswegen im Kanzleramt gemeldet hätten.

Wirtschaftsminister Gabriel zu Manipulation: "völlig inakzeptabel"

Auch aus den mit dem Thema befassten Fachministerien kamen eher spärliche Mitteilungen. Das Wirtschaftsressort teilte mit, was schon bekannt war: dass Minister Sigmar Gabriel die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main besuche. VW habe ja schonungslose Aufklärung versprochen. Daran habe man "keinerlei Zweifel". Und man sei sicher, "dass VW alle Schäden wiedergutmachen werde".

Bei seinem Besuch auf der IAA am Nachmittag nannte Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) die Abgas-Manipulationen "völlig inakzeptabel". "Der Schaden, den einige Leute für das Unternehmen und die Mitarbeiter verursacht haben, ist riesig", sagte er. Insgesamt werde bei Volkswagen mit großer Qualität und hoch innovativ gearbeitet. "Die Mitarbeiter bei VW dürfen nicht unter dem Fehler leiden, den andere gemacht haben", betonte Gabriel. Der Minister forderte eine schnelle vollständige Aufklärung und Konsequenzen. Aber man dürfe nicht das Unternehmen insgesamt oder gar die deutsche Autoindustrie schlecht reden.

Aktivisten der Deutschen Umwelthilfe protestieren anlässlich der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) mit einem Transparent gegen Luftverschmutzung (Maximilian Geiß/DUH)
Protest zum Auftakt der IAA am 17. September, als noch niemand etwas von der VW-Affäre ahnteBild: Maximilian Geiß / DUH

Dobrindts Untersuchungskommission bittet VW um Akten-Einsicht

Einen bleibenden Image-Schaden für den Standort Deutschland befürchtet im Regierungslager anscheinend niemand. Die Automobil-Industrie sei eine "hochinnovative, sehr erfolgreiche Industrie" mit "vielen Arbeitsplätzen". Man habe auch keinen Zweifel, dass sie wettbewerbsfähig bleiben werde.

Ein Sprecher von Verkehrsminister Alexander Dobrindt verwies auf die bereits am Dienstag eingerichtete Untersuchungskommission. Unabhängige Gutachter würden Nachforschungen beim Kraftfahrtbundesamt anstellen. Außerdem hätten sich Mitglieder dieser Kommission auf den Weg zur VW-Zentrale in Wolfsburg gemacht, um Gespräche zu führen und Einsicht in Unterlagen zu erbitten.

Verkekehrsminister Dobrindt (l.) und Wirtschaftsminister Gabriel im Gespräch
Verkekehrsminister Dobrindt (l.) und Wirtschaftsminister Gabriel haben eine Menge Er- und AufklärungsbedarfBild: picture-alliance/dpa/L. Schulze

Dass Minister Dobrindt seit langem bekannte Zweifel an Diesel-Abgaswerten ignoriert haben könnte, schließt die Regierung aus. "Von der Beeinflussung der Software für die Abschalteinrichtung hat die Bundesregierung keine Kenntnis gehabt", sagte Dobrindts Sprecher. Er fügte hinzu, es werde seit 2011 auf europäischer Ebene über Messungen von Abgas-Emissionen diskutiert. An dieser Diskussion beteilige sich die Bundesregierung mit mehreren Ressorts. "Da ist auch der Wille da, zu Lösungen und Ergebnissen zu kommen."

Bohrende Fragen im Parlament

Die politische Opposition zweifelt hingegen an der angeblich sauberen Weste der Regierung im Allgemeinen und des Verkehrsministers im Besonderen. Auf zahlreiche Nachfragen insbesondere von Grünen-Abgeordneten wiederholte Dobrindt am Nachmittag im Parlament das, was sein Sprecher fast zeitgleich in der Regierungs-PK zum Besten gab. Bereits am Vormittag hatte der Minister im Verkehrsausschuss Stellung bezogen.

Unzufrieden mit den Antworten waren die Abgeordneten schon zu diesem Zeitpunkt. Die von VW manipulierten Abgas-Werte für Diesel-Fahrzeuge sorgen für dicke Luft im Berliner Regierungsviertel. Im Moment gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich daran schnell etwas ändern wird.