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Musik

Zwischen "Mondschein" und Kulturpolitik

30. September 2019

Viele künstlerische Höhepunkte und ein Abschlusskonzert, das live nach Russland übertragen wurde - eine erfolgreiche Saison für das Beethovenfest Bonn. Trotzdem ist in den kommenden Jahren eine Neuausrichtung geplant.

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Deutschland Abschlusskonzert Beethovenfest 2019 | Wladimir Fedossejew und Nikita Boriso-Glebsky
Gefeiert in Bonn: der legendäre Dirigent Wladimir Fedossejew und der Solist Nikita Boriso-GlebskyBild: DW/B.Frohmann

Standing Ovations und drei Zugaben – am 29. September ging das Beethovenfest 2019 glanzvoll zu Ende: Es spielte das Moskauer Tschaikowsky-Symphonieorchester unter der Leitung von Wladimir Fedossejew, der mit 87 Jahren als letzter der legendären Chefdirigenten seiner Generation am Pult steht.

Deutschland Abschlusskonzert Beethovenfest 2019 | Tschajkowski-Orchester Moskau
Tschajkowsky-Symphonieorchester unter der Leitung von Wladimir Fedossejew beim Konzert in BonnBild: DW/B.Frohmann

Das rein russische Programm machte dem Festspielmotto "Mondschein" alle Ehre: ob mit Modest Mussorgskys stürmischer "Nacht auf dem kahlen Berge", einem düsteren Karneval der Gestalten der Finsternis, oder Tschaikowskys "Manfred", einer zutiefst persönlichen, musikalischen Beichte einer leidenden Seele. Der junge russische Violinist Nikita Boriso-Glebsky, der bereits 2008 in Bonn als Künstler des Campus-Projektes der DW und des Beethovenfestes debütierte, brillierte diesmal mit Prokofjews temperamentvollem Zweiten Violinkonzert. "Wer meinte, nächtliche Thematik und 'Mondschein' seien zu ruhig für ein Festival, wurde heute eines Besseren belehrt", freute sich Festspielleiterin Nike Wagner.

Live-Übertragung nach Russland

Das Abschlusskonzert hatte auch eine kulturpolitische Dimension: Das Konzert wurde in Zusammenarbeit mit dem russischen staatlichen Sender "Radio Kultura" live nach Moskau übertragen. Die Organisation des Konzertes ist den "Russischen Saisons" zu verdanken - einem groß angelegten Projekt, mit dem sich die russische Kultur dem europäischen und im Jahre 2019 eben dem deutschen Publikum präsentiert. "Dieses Konzert ist eine Reminiszenz an die große russische Musiktradition und zugleich die respektvolle Begegnung zweier vielfältig verbundener Kulturnationen. Eine Begegnung, die einmal mehr verdeutlicht, dass Musik als universelle Sprache gerade in schwierigen Momenten Missklang und Dissens überwinden kann", so DW-Intendant Peter Limbourg in einem Grußwort an das Radiopublikum in Russland.

A. Boutsko im Gespräch mit Nike Wagner
Nike Wagner im Gespräch mit Reporterin Anastassia Boutsko während der Live-Übertragung nach RusslandBild: DW/B.Frohmann

Ein Bayreuth für Beethoven?

Nach dem Festival ist vor dem Festival: Das gilt diesmal in besonderem Maße für das Beethovenfest - 2020 steht eine groß angelegte Jubiläumssaison bevor, aber auch die Neuausrichtung danach hat man schon im Visier. Mit ihren anspruchsvollen Programmen hat Festspielleiterin Nike Wagner das Beethovenfest seit 2014 zu einem intellektuellen Gesamtkunstwerk entwickelt. Jetzt stellt sich die Frage, wie es musikalisch zugänglicher für jedermann werden könnte. Müsste vielleicht Beethovens Werk obligater Mittelpunkt jedes Konzerts werden?

Beethovenfest Bonn | Fazıl Say und die Camerata Salzburg
Im Beethovenrausch: Fazil Say mit Camerata Salzburg in BonnBild: Beethovenfest Bonn/M. Böschemeyer

Und auch die Frage, ob Bonn sich gar als eine Art "Bayreuth für Beethoven" positionieren könnte, steht bei einer Neuausrichtung des Festivals im Raum. Hier Meinungen von drei Künstlern unterschiedlicher Generationen: "Wir zelebrieren Beethoven das ganze Jahr und überall, wo wir ihn spielen. Der Geist Beethovens schließt es aus, 'gefangen' und auf ein Ort reduziert zu werden", so der türkische Pianist Fazil Say, der in Begleitung der Camerata Salzburg das 3. Klavierkonzert von Beethoven in Bonn spielte. "Beethoven ist im Fleisch und Blut eines jeden Musikers", so der russische Altmeister Waldimir Fedossejew. "Er ist als eine Art Gottheit, als übergeordnete Figur, immer da, in jedem Klang. Wenn wir Mussorgsky, Tschaikowsky oder etwa Mahler spielen, spielen wir auch Beethoven." Und der Violinist Nikita Boriso-Glebsky meint: "Für mich ist Beethoven ein Symbol für ständige Selbsterneuerung. Heute dem Geiste Beethovens treu zu sein, bedeutet Neues zu schaffen."