Beethoven-Jubiläum geht in die Verlängerung
19. Mai 2020Mit einem Feuerwerk aus Veranstaltungen von hochkarätig besetzten Symphonie-Konzerten bis zu Hausmusik, Tanz und Performance sollte Beethovens 250. Geburtstag in seiner Heimatstadt Bonn und im ganzen Land gefeiert werden. Es ist anders gekommen. Die meisten der insgesamt rund 300 Projekte des Jubiläumsjahres sind Opfer der Virus-Pandemie geworden -darunter spektakuläre Ereignisse wie das für den 15. Mai geplante Simultan-Konzert des Beethoven Orchesters Bonn mit den Wiener Symphonikern, eine symbolische Brücke zwischen beiden Beethoven-Städten, oder das Beethovenfest, das im März und im September 2020 ein besonders reiches Jubiläumsprogramm präsentieren wollte. Die einmalige biografische Beethoven-Ausstellung in der Bonner Bundeskunst- und Ausstellungshalle musste vorzeitig schließen, und auch der "Beethoven-Frachter", zu Ehren des Komponisten in einer musikalischen Mission von Bonn nach Wien unterwegs, konnte nicht ablegen.
Geld vom Bund fürs Jubiläum
Nun aber gibt es Hoffnung für die Macher und das Publikum: Um möglichst viele Projekte zu retten, wird das Festjahr zeitlich gestreckt. Der Aufsichtsrat der Beethoven Jubiläums GmbH (BTHVN 2020) hat beschlossen, dass die fürs Jubiläumsjahr vorgesehenen Mittel in das Jahr 2021 übertragen werden können. "Das Beethovenjahr wird dadurch um 250 Tage bis Mitte September 2021 verlängert", sagte Günter Winands, Vorsitzender des Kontrollgremiums der Beethoven Jubiläums GmbH und Amtschef bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Es gebe die Hoffnung, dass schon im Herbst 2020 einige Beethoven-Veranstaltungen durchgeführt werden könnten, abhängig von der Pandemie-Situation. Der Bund beteiligt sich mit 27 Millionen an dem Jubiläumsprogramm.
"Die Pandemie trifft den Kulturbereich insgesamt. Aber von den geplanten über 300 Projekten des Beethoven-Jubiläums wollen wir möglichst viel realisieren, deshalb werden die Planungen inhaltlich angepasst oder zeitlich nach hinten verschoben", unterstreicht Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses und Künstlerischer Geschäftsführer der BTHVN2020 Beethoven Jubiläums GmbH, im DW-Gespräch. "Da der Geburtstag auf den 17. Dezember 2020 fällt, verlängern wir Förder- und Feier- Zeitraum bis in den Spätsommer 2021 hinein."
Planungen auf Hochtouren
Nun laufen die Planungen bei allen Machern auf Hochtouren: Wo ist eine Verschiebung möglich, was kann in abgewandelter oder digitaler Form durchgeführt werden, und wo besteht keine Möglichkeit, ein Projekt zu retten? "Unsere März-Saison wurde sehr kurzfristig gestrichen, unsere Herbstsaison erst kürzlich um ein Jahr verschoben. Dementsprechend befinden wir uns jetzt in einem Wirbel von Daten und Terminen, Zeiten und Zahlen. Dieselben Künstler und Ensembles des Jahrgangs 2020 müssen auch 2021 verfügbar sein, die passenden Spielstätten nicht minder", sagt die Beethovenfest-Intendantin Nike Wagner im DW-Interview.
"Es gibt die große Chance, dass ganz viel in das nächste Jahr gerettet werden kann", meint Johannes Plate von der Bonner Jubiläums Beethoven GmbH. Es ginge sowohl um Konzerte und Ausstellungen als auch um avantgardistische Musikprojekte und Kompositionsaufträge. Auch auf neue Formate wird gesetzt: "Der Druck zur Innovation, insbesondere zur digitalen Strategie, ist bei allen Beteiligten sehr hoch", meint Boecker. So plane etwa das Junge Theater nun ein auf Beethoven bezogenes Stück in ein online verfolgbares Gaming-Format umzuwandeln.
Beethoven - gegen alle Widerstände
Einige Veranstaltungen können sogar, je nach der individuellen Situation der Künstler und der Spielstätten-Auslastung, ins Jahr 2022 oder später verschoben werden – dann finden diese allerdings nicht als Festjahr-Veranstaltungen statt, sondern sind Teil des regulären Beethovenfestes. Ab 2022 zeichnet der neue Festspielleiter Steven Walter für das Programm verantwortlich; der junge Musikmanager übernimmt die Intendanz von Nike Wagner.
"Ich denke, dass das Beethoven Thema gestärkt aus der Isolation hervorgeht. Die Lust auf Beethoven ist ja nicht verloren gegangen. Im Gegenteil! In den Balkonkonzerten und digitalen Angeboten spielte Beethoven zuletzt eine große Rolle", meint Malte Boecker. Beethoven stehe ja überhaupt symbolisch für einen Künstler, der sich und seine Musik gegen jeden Widerstand behauptet - und das sei gerade in der schwierigen Corona-Zeit besonders wichtig. Denn Beethoven sei, so Boecker, "Lebenszuversicht pur. Ich habe eine Playlist mit lauter Werken erstellt, die einen durch die Corona-Krise tragen können. Neue Kraft fühlend mit Beethoven sozusagen."
Wenn der Kampf gegen das Virus es ermöglichen sollte, wird der zweite Anlauf auf das Beethovenjahr Ende 2020 stattfinden: Am 17. Dezember 2020 werden Daniel Barenboim und sein West-Eastern Divan Orchester in Bonn zu einem Konzert erwartet. Damit wandelt sich die als Abschluss-Höhepunkt geplante Veranstaltung womöglich zum symbolischen Auftakt der Festjahr-Verlängerung.