"Deutsche Bank braucht nachhaltige Strategie"
9. April 2018Deutsche Welle: Herr Hartmann-Wendels, nach der Berufung von Christian Sewing zum neuen Chef - wie muss es weitergehen bei der Deutschen Bank?
Thomas Harmann-Wendels: Was die Deutsche Bank braucht, ist endlich mal eine Strategie, die auch nachhaltig wirkt, die auch langfristig verfolgt wird. Wir hatten in den letzten Jahren mehrere Strategiewechsel erlebt. Keine dieser Strategien hat wirklich gezündet. Man hat auch nie abgewartet, ob eine Strategie langfristig zu einem Erfolg führt. Hier braucht die Bank wirklich eine sichere und ruhige Führungshand.
Und wie könnte so eine Strategie Ihrer Meinung nach aussehen?
Für die Deutsche Bank ist es schwer, eine vernünftige Strategie zu finden. Im Moment haben wir die Situation, dass sie in keinem ihrer Geschäftsbereiche wirklich erfolgreich ist, weder im Investmentbanking noch im Privatkunden- oder Firmenkundengeschäft. Hier müsste sie einen eindeutigen Schwerpunkt setzen. Der Name Sewing spricht dafür, dass das Privatkundengeschäft gestärkt werden soll. Das wird angesichts der Konkurrenz von Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht einfach sein. Aber es ist vielleicht langfristig der erfolgreichere Weg.
Und das Investmentbanking wird die führende Rolle verlieren?
Wie wir heute sehen, hat das Investmentbanking zwar in der Vergangenheit erhebliche Erträge erwirtschaftet, aber auch erheblichen Folgelasten. Und ich glaube, die Deutsche Bank täte gut daran, das Investmentbanking zu reduzieren und sich mehr auf das Privat- und Firmenkundengeschäft zu konzentrieren.
Und welchen Stellenwert wird in Zukunft die Integration der Postbank in das Unternehmen haben?
Mit der Berufung von Herrn Sewing als bisherigem Privatkundenvorstand ist zu erwarten, dass die Postbank doch dazu genutzt wird, um größere Kundenkreise anzusprechen und das Privatkundengeschäft weiter auszubauen. Insofern wird die Postbank in der Zukunft sicherlich an Stellenwert gewinnen.
Braucht man die Deutsche Bank als Champion, als deutschen Champion?
Man braucht die Deutsche Bank nicht unbedingt als Champion. Es gibt andere Banken, die sicherlich große Unternehmen in Deutschland gut betreuen können. Die Deutsche Bank hat nicht mehr den entscheidenden Standortvorteil, den man früher mal hatte. Das Geschäft ist heute so global, dass es eigentlich keinen nationalen Champion benötigt.
2020 feiert die Deutsche Bank 150jähriges Jubiläum. Wie wird sie sich dann Ihrer Meinung nach präsentieren können?
Nun, ich hoffe, dass die Deutsche Bank jetzt gestärkt aus der Krise hervorgeht. Dass sie bis dahin dann wieder eine solide Ertragslage und auch eine solide Geschäftsstrategie entwickelt hat, die die Deutsche Bank langfristig wieder zu dem erfolgreichen Institut machen wird, was es früher einmal war.
Das Gespräch führte Klaus Ulrich.
Thomas Hartmann-Wendels ist Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Köln.