Asylrecht in der EU: Die wichtigsten Fakten
14. Juni 2018Die Asylpolitik ist aktuell eines der großen Streitthemen bei den Parteien der Bundesregierung. Wie viele Flüchtlinge wann ins Land dürfen und wie dann mit ihnen umgegangen werden soll, dazu haben CDU, CSU und SPD sehr unterschiedliche Vorstellungen.
Aber was sind eigentlich die Regeln, an die sich alle zu halten haben - und zwar nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten Europäischen Union? EU-Richtlinien, die zur Asylpolitik, aber auch zu anderen Themen beschlossen wurden, gelten ganz klar für alle Mitgliedsstaaten. Wie die einzelnen Länder diese Richtlinien jedoch interpretieren und in nationales Recht umwandeln, liegt bei ihnen. Deswegen gibt es in einigen Punkten weiterhin große Unterschiede zwischen den Staaten der EU.
Die Dublin-Verordnung
Flüchtlinge, die in Europa Asyl beantragen wollen, können dies nicht in einem beliebigen Land tun. Seit 2003 müssen sie sich an die Dublin-Verordnung halten. Die besagt, dass ein Flüchtling in dem Land Asyl beantragen muss, wo er zuerst EU-Boden betreten hat.
Mitgliedsstaaten halten sich jedoch nicht immer streng an diese Regelung. Mit einem sogenannten "Selbsteintritt" können sie entscheiden, das Asylverfahren eines Flüchtlings zu übernehmen, auch wenn der zuerst in einem anderen EU-Land angekommen war. Deutschland hat beispielsweise schon wiederholt die Überstellung von Flüchtlingen in andere Länder ausgesetzt. Zuletzt wurden im Sommer 2017 keine Flüchtlinge nach Ungarn zurückgeschickt. Der Grund: rechtliche Sicherheitsbedenken. Die EU-Kommission warf Ungarn vor, Flüchtlingen würde in dem Land der Zugang zu einem Asylverfahren, das dem EU-Recht entspricht, erschwert.
Weitere Gründe für ein Aussetzen der Dublin-Verordnung können Zweifel an den Sozialstandards in anderen EU-Ländern sein. So schickte Deutschland beispielsweise eine Zeit lang Flüchtlinge nicht nach Italien zurück, weil sie dort nicht angemessen untergebracht worden wären.
Verteilung von Flüchtlingen
Trotz der Ausnahmen führt die Dublin-Verordnung dazu, dass die Mitgliedsstaaten, die an den Außengrenzen der EU liegen, mit besonders hohen Flüchtlingszahlen zu kämpfen haben. Seit längerem wird deshalb versucht, eine EU-weite Quotenregelung für die Umverteilung von Flüchtlingen auf die Beine zu stellen, um Staaten wie Italien und Griechenland zu entlasten. Je nach der Einwohnerzahl müssten Mitgliedsstaaten in einem Krisenfall eine bestimmte Anzahl Flüchtlinge bei sich aufnehmen.
Eine solche Regelung scheitert aber bisher am Widerstand einiger Länder. Polen, Ungarn, die Slowakei und Tschechien weigern sich, zwangsweise Flüchtlinge aufzunehmen, die ihnen "zugeteilt" werden würden. 2017 versuchte sich die EU zwar an einem "Relocation Program", bei dem 160.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien in andere EU-Staaten gebracht werden sollten. Aber nur knapp 26.000 von ihnen wurden tatsächlich von anderen Ländern übernommen.
Grenzkontrollen im Schengen-Raum
Der Schengen-Raum deckt sich nicht genau mit der EU. Nicht alle EU-Mitglieder sind auch im Schengen-Raum (zum Beispiel Bulgarien und Rumänien), dafür sind einige Nicht-EU-Staaten (zum Beispiel Island und Norwegen) assoziierte Mitglieder des Schengen-Raums. Innerhalb dieses Bereichs können sich Menschen generell frei bewegen; es finden keine Grenzkontrollen statt. Diese Regelung gilt jedoch nicht immer.
Im Rahmen der Flüchtlingskrise führte Deutschland 2015 Grenzkontrollen im Schengen-Raum ein, um zu verhindern, dass eine große Zahl von Flüchtlingen ohne jegliche Durchsicht ihrer Papiere nach Deutschland einreisen konnte. Die Kontrollen sollen eigentlich nur kurzzeitig in Notfallsituationen erlaubt sein, aber Deutschland verlängerte sie immer wieder, zuletzt im November 2017. Inzwischen begründet die Bundesregierung die Kontrollen auch mit Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit und Terrorgefahr.
Unterbringung der Flüchtlinge
Bei der Frage nach der Behandlung von Flüchtlingen, die auf die Bearbeitung ihres Asylantrags warten, ist die unterschiedliche Auslegung von EU-Recht durch die Mitgliedsstaaten entscheidend. Einige Aspekte sind strengstens vorgeschrieben, so muss den Asylbewerbern der Zugang zum Arbeitsmarkt spätestens neun Monate nach Antragstellung gewährt werden.
Andere Regeln sind aber weniger eindeutig formuliert. Nach internationalem Flüchtlingsrecht müssen menschenrechtskonforme Aufnahmebedingungen gegeben sein. Wie diese genau aussehen, bleibt dabei jedem Land selbst überlassen. Gerade bei der Unterbringung von Asylsuchenden gehen die Standards zwischen einigen EU-Mitgliedsstaaten stark auseinander.
So sind beispielsweise völlig überfüllte Flüchtlingsheime, Gebäude ohne genügend Sanitäranlagen oder sogar Zeltlager für Flüchtlinge in einigen Ländern keine Seltenheit. Solche Zustände hat Deutschland bereits zum Anlass genommen, die Dublin-Verordnung auszusetzen und Flüchtlinge nicht in diese Länder zurückzuschicken.