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Arme Menschen sterben früher

30. März 2016

Das Einkommen bestimmt die Lebenserwartung in Deutschland: Besserverdiener leben im Schnitt deutlich länger als Arme. Je strukturstärker oder -schwächer die Region ist, desto klarer ist der Trend.

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Ein Bettler in einer Fußgängerzone in Leipzig (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Wie lange man lebt, hängt auch vom Wohnort ab. Statistisch gesehen bleiben den Menschen in Pirmasens am Ende rund sieben Jahre weniger als in Starnberg. Das zeigen regionale Daten, die die Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) ermittelt hat.

Schlusslicht Pirmasens

Die ehemalige Schuhmachermetropole Pirmasens am Pfälzer Wald ist eine Stadt mit Strukturproblemen und hoher Verschuldung - hier leben also statistisch gesehen viele Menschen mit wenig Geld. Weiter zeigt die Datenauswertung: Eine eher geringe Lebenserwartung gibt es auch in weiteren strukturschwachen Regionen mit Problemen, so in weiten Teilen Ostdeutschlands, im Ruhrgebiet und in Teilen des Saarlands oder Frankens.

Straße in Pirmasens bei Regen (Foto: dpa)
Straße in Pirmasens: Strukturprobleme, niedriges Einkommensniveau und frühe SterblichkeitBild: picture-alliance/dpa/R. Wittek

Besonders bei Männern sind die Unterschiede deutlich. Schlusslicht ist bei ihnen das rheinland-pfälzische Pirmasens mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 73,0 Jahren. Der höchsten Lebenserwartung erfreuen sich die Männer im bayerischen Starnberg mit 81,3 Jahren. Es folgen der teure Hochtaunuskreis bei Frankfurt, München (jeweils 80,9), Böblingen in Baden-Württemberg (80,8), der Bodenseekreis und der Landkreis Ebersberg bei München (80,7 Jahre).

Bei den Frauen ist die Lebenserwartung generell höher als bei Männern. Doch auch hier gibt dieselben regionalen Unterschiede: So werden Frauen in Pirmasens in Durchschnitt nur 77,1 Jahre alt. Am ältesten werden Frauen statistisch im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald mit 85,0 Jahren.

Reich lebt es sich besser und länger

Dass die Lebenserwartung in einer Beziehung zum Einkommen steht, zeigen auch Daten des Robert Koch-Instituts (RKI). Unterteilt man das Einkommen in seiner Spannbreite in fünf Gruppen von arm bis reich, dann liegt der Unterschied zwischen der niedrigsten und der höchsten Einkommensgruppe bei Männern bei 10,8 Jahren. Bei Frauen unterscheidet sich die Lebenserwartung immerhin noch um 8,4 Jahre.

Das RKI hält auch einen Zusammenhang von Krankheit und sozialem Status für erwiesen: Bei schweren Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes oder chronischen Lungenerkrankung sind Geringverdiener und Arme deutlich häufiger betroffen. Es sind also nicht die Wetterverhältnisse in einer Region, es sind nicht die Sonnentage.

Gesundheitsministerium setzt auf Vorsorge

In einer Antwort auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten betont das Bundesgesundheitsministerium: "Zahlreiche Maßnahmen der Bundesregierung zielen auf eine Verbesserung der gesundheitlichen Chancengleichheit." Mit dem 2015 in Kraft getretenen Präventionsgesetz würden die Krankenkassen verpflichtet, gezielt Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention zu erbringen.

Menschen schauen auf Enten am Starnberger See (Foto: DW)
Auf der Sonnenseite: Im bayrischen Starnberg haben Männer statistisch gesehen die höchste LebenserwartungBild: DW/B. Woolsey

Allerdings räumt man auch ein, dass "günstigere sozioökonomische Bedingungen in der Wohnregion mit einer höheren Lebenserwartung einhergehen". Ursache seien Unterschiede bei Bildung, aber auch beim Rauchen, der Ernährung und der Bewegung - sowie bei den Arbeits- und weiteren Lebensbedingungen.

"Armut wird weitergegeben"

Nach Ansicht von Linkspolitikerin Zimmermann werden Armut und damit schlechte Gesundheit von Generation zu Generation weitergegeben. Arme litten häufiger an chronischen, aber auch an psychischen Krankheiten wie Depressionen. "Um das zu ändern, braucht es mehr als Programme zur Gesundheitsprävention", sagte die Abgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. Nötig sei eine umfassende Bekämpfung von Armut und gesundheitsschädlichen Lebensverhältnissen - etwa durch höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen gerade für Geringverdiener. Denn sonst gelte weiterhin auch in Deutschland: "Wer wenig verdient, muss häufiger schwere und gesundheitlich belastende Arbeit leisten, muss unter Lärm und Luftverschmutzung leiden, kann sich nicht so gut ernähren und stirbt früher als Besserverdiener."

cw/rb (dpa)