Ausbildungsgarantie für Jugendliche?
27. Juni 2013Fast sechs Millionen Jugendliche in der Europäischen Union sind arbeitslos, eine Folge jahrelanger Krise, Rezession und Sparpolitik. Die Staats- und Regierungschefs sehen darin nicht nur eine große persönliche Not, sondern auch soziale Sprengkraft. Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker sagte bei seiner Ankunft in Brüssel: "Wir können es uns nicht erlauben, dass wir blinden Auges zusehen, wie eine ganze Generation in ihren Startblöcken steckenbleibt." In keinem Land ist das Problem so schlimm wie in Griechenland. Regierungschef Antonis Samaras fordert "drastische Maßnahmen sofort".
Eine Ausbildungsgarantie für alle Jugendliche
Hilfe ist zwar auf dem Weg, aber weder sofort noch so umfangreich, wie sich Samaras und andere das vorstellen. Die Regierungschefs wollen sechs Milliarden Euro für die Jahre 2014 und 2015 dafür bereitstellen. Möglich ist diese Hilfe auch nur, weil sich die EU-Institutionen nur Stunden vor Gipfelbeginn auf den mehrjährigen EU-Haushalt geeinigt haben. Denn daher kommt das Geld.
Damit soll jedem Jugendlichen spätestens vier Monate nach Ende der Schulzeit ein Arbeits-, Ausbildungs- oder zumindest Praktikumsplatz angeboten werden. Ausbildungsgarantie nennt die EU das. Dass sechs Milliarden nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind, geben einige der Regierungschefs sofort zu. Der Finne Jyrki Katainen ist aber der Meinung, dass "die Hauptverantwortung bei den nationalen Regierungen liegt".
Merkels Mantra heißt Wettbewerbsfähigkeit
Das hören die Südländer mit ihrer hohen Arbeitslosigkeit weniger gern. Sie machen oft eine als einseitig empfundene Sparpolitik für ihre Probleme verantwortlich und erhoffen sich mehr finanzielle Solidarität vom stabilen Norden. Doch davon lässt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht beeindrucken. Sie will an die Ursachen der Wachstumsschwäche ran: "Es geht vor allen Dingen darum, dass wir unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern, und es geht nicht vorrangig darum, immer wieder neue Töpfe zu schaffen."
Ganz ähnlich drückt sich der Regierungschef aus, der in der EU immer ganz am Rande steht, nämlich der Brite David Cameron: "Die Ausgaben unter Kontrolle bringen, nicht über unsere Verhältnisse leben, dafür sorgen, dass wir wettbewerbsfähiger werden - das machen wir in Großbritannien, das sollten wir auch in Brüssel tun."
Stolzes Frankreich
Diese inhaltliche Übereinstimmung zwischen Merkel und dem Euroskeptiker Cameron steht im auffälligen Gegensatz zu den wachsenden Spannungen mit dem französischen Staatspräsidenten Francois Hollande. Hollande hat jetzt das Kunststück fertiggebracht, nicht nur die Nordländer zu verprellen, sondern sich auch mit der Kommission anzulegen. Deren Rat, Frankreich solle zum Beispiel sein großzügiges Rentensystem reformieren, hat Hollande als "Diktat" zurückgewiesen.
Dabei ist es inzwischen die Aufgabe der Kommission, jedem Mitgliedsland wirtschaftspolitische Empfehlungen zu geben. Der französische Industrieminister Arnaud Montebourg machte jüngst sogar Kommissionspräsident José Manuel Barroso für den Aufstieg der rechtsextremen Nationalen Front in Frankreich verantwortlich, ohne von seinem Chef gebremst zu werden. Hollande gibt sich jetzt in Brüssel sachlich: "Persönliche Fragen sind hier zweitrangig." Viele Kameraaugen werden während des Gipfels festzuhalten versuchen, wie Hollande und Barroso miteinander umgehen.