Machterhalt
25. Januar 2010Nach einem 0:1 gegen die "Black Stars" aus Ghana war der Traum vorbei: Die Fußballnationalmannschaft Angolas verpasste den erstmaligen Einzug ins Halbfinale des Kontinental-Turniers. Immerhin kamen die Angolaner bis zum Viertelfinale - begeistert verfolgte die Bevölkerung den Weg dorthin. Die Stimmung wusste Präsident José Eduardo dos Santos gekonnt zu nutzen. Denn während sich sein Land im Freudentaumel befand, ließ er vom Parlament letzten Donnerstag (21.01.2010) eine neue Verfassung verabschieden. Sie wird das politische System des Landes grundlegend verändern, und das ohne vorherige öffentliche Diskussion.
Keine öffentliche Diskussion
Die Opposition ist empört: "Die Verfassung ist ein Grundgesetz, das von allen breit diskutiert werden muss. Das kann man nicht im Schnelldurchgang erledigen", sagt der unabhängige Bürgerrechtler Raul Danda, der über die Liste der größten Oppositionspartei UNITA ins Parlament gewählt wurde. "Die Diskussion müsste eigentlich bis April oder Mai dauern, sie ist aber jetzt schon beendet worden." So sei die Verfassung nicht mehr in der Öffentlichkeit diskutiert worden, wie es ursprünglich vorgesehen war und wie es die Zivilgesellschaft erwartet habe. Am Donnerstag wurde direkt im Parlament abgestimmt. Für die Änderung.
Die Abstimmung galt schon vorher als Formsache, auch wenn die drei Oppositionsparteien UNITA, FNLA und PRS geschlossen protestierten. Die UNITA sprach von einer "Farce". Gegen die Übermacht der Präsidentenpartei MPLA, hat die Opposition keine Chance: Der MPLA stellt 191 der 220 Parlamentsabgeordneten. 186 der Abgeordneten stimmten für die Verfassungsänderung.
Präsident ohne Legitimation
Die Opposition kritisiert vor allem, dass die Direktwahl des Präsidenten abgeschafft wird. In Zukunft soll es nur noch Parlamentswahlen geben. Präsident wird dann derjenige, der auf dem ersten Listenplatz der Partei steht, die am meisten Stimmen bekommt. Das soll ab den nächsten Parlamentswahlen im Jahr 2012 gelten. Bis dahin bleibt Eduardo dos Santos weiter im Amt. Ohne Wahlen und damit ohne demokratische Legitimation, kritisiert Emanuel Lopes, Wissenschaftler am Afrika-Zentrum des Forschungs-Instituts ISCTE in Lissabon: "Es gibt eine gültige Verfassung, die 1992 verabschiedet worden ist, die vorsieht, dass der Präsident in direkten, geheimen und allgemeinen Wahlen gewählt wird. Das was jetzt passiert, ist illegal, das ist ein Bruch der derzeit gültigen Verfassung. Hier handelt es sich meiner Ansicht nach um einen Staatsstreich."
Die Opposition möchte gegen die neue Verfassung klagen, doch damit dürfte sie kaum Erfolg haben. Denn bereits jetzt hat der Präsidenten sein Land so gut im Griff, dass die Gewaltenteilung so gut wie aufgehoben ist. "Der Präsident übt seine Macht diktatorisch aus", sagt Emanuel Lopes. Die nationale Wahlkommission hat elf Mitglieder, acht davon wurden vom Präsidenten ernannt. Das Verfassungsgericht besteht aus sieben Richtern, sechs davon hat der Präsidenten ernannt. Das zeige, wie die Macht in Angola ausgeübt wird, sagt Lopes. "Diese neue Verfassung wird die ganze Macht von José Eduardo dos Santos formalisieren. Das ist eine maßgeschneiderte Verfassung für José Eduardo dos Santos. Er selbst hat diese Verfassung für sich gemacht, das war nicht einmal seine eigene Partei."
Emanuel Lopes rechnet damit, dass sich Eduardo dos Santos mit der Verfassungsänderung mindestens bis zum Jahr 2022 an der Macht halten kann.
Verhaftungen von Oppositionellen
Und während das Team Angolas sich auf das Viertelfinale vorbereitete, ging die Regierung gegen die Autonomiebewegung in Cabinda vor. Als Vorwand dient der Anschlag am 8. Januar auf die Mannschaft Togos durch die FLEC-PM, eine der zahlreichen militärischen Gruppen, die für die Unabhängigkeit der ölreichen Enklave im Norden des Landes kämpfen.
Die angolanische Polizei hat in den vergangenen Tagen zahlreiche prominente Vertreter des friedlichen Widerstandes verhaftet, darunter den katholischen Priester Raul Tati, den Rechtsanwalt Francisco Luemba und den Universitätsprofessor Belchior Lanso. "Diese drei Männer waren alle Mitglieder der Organisation Mpalabanda, die von der Regierung aufgelöst wurde. Das sind Menschenrechtsaktivisten. Amnesty International ist beunruhigt, dass der Angriff auf die Fußballer als Vorwand dient, um Menschenrechtsaktivisten zu verhaften", sagt die Angola-Expertin von Amnesty International, Muluka-Anne Miti. Was genau den Verhafteten vorgeworfen wird, ist unklar. Sie sollen "Verbrechen gegen die Staatssicherheit" begangen haben.
Angolas Präsident dagegen lässt sich mit riesigen Plakaten am Stadion des 11. November in Luanda feiern. Er hat den Afrika-Cup als erstes Großereignis nach Angola geholt und dafür gesorgt, dass diese Meisterschaft in die Geschichte eingehen wird.
Autor: Johannes Beck
Redaktion: Christine Harjes