Die Geschäftsführerin
8. Februar 2018Kanzlerinnendämmerung? Angela Merkel, zurzeit nur geschäftsführend im Amt, verliert an Rückhalt. Das zeigen die neuesten Umfragewerte für die deutsche Bundeskanzlerin und ihre Partei. Seit der Bundestagswahl im September hat die Zufriedenheit mit Merkels politischer Arbeit kontinuierlich abgenommen. Heute fänden es nur noch 51 Prozent der Deutschen gut, wenn sie noch einmal als Kanzlerkandidatin antreten würde. 46 Prozent halten eine erneute Kanzlerschaft Merkels für weniger gut oder sogar schlecht.
Die wohl letzte Amtszeit
Die Parteichefin und derzeit geschäftsführende Bundeskanzlerin weiß, dass ihre vierte Kanzlerschaft wohl die letzte sein wird. Lange hatte sie schon vor der Bundestagswahl gebraucht, um sich überhaupt das vierte Mal zu einer Kandidatur durchzuringen. Und nicht nur die Opposition dringt auf Erneuerung. Manche in der Union setzen darauf, dass Merkel geht - besser früher als später; auch wenn die Kritiker das nur hinter vorgehaltener Hand sagen.
Vor allem der rechte Flügel ihrer Partei kann ihr nicht verzeihen, dass Merkel die einst konservative CDU weit in eine liberal-sozialdemokratische Richtung gerückt hat. Es grummelt schon lange bei den Konservativen, doch nur wenige sprechen ihren Unmut offen aus; denken an ein Ende der Ära Merkel. Zum Beispiel der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther kürzlich: "Bei der Regierungsbildung müssen auch Gesichter eine Rolle spielen, die für die Zeit nach Angela Merkel eine Perspektive haben."
Seit Angela Merkel als Kanzlerin im Herbst 2015 die deutschen Grenzen für Flüchtlinge geöffnet hat, sind Gesellschaft und Unionsparteien gespalten. Während gerade grüne Wähler die Kanzlerin für ihre Entscheidung lobten, gab es viel Kritik aus den eigenen Reihen. Auch im Wahlkampf spielte das Thema eine große Rolle.
Anfang des Niedergangs schon vor der Wahl
Der Niedergang hatte also längst vor der Wahl begonnen. Das Leitmotiv von Merkels Wahlkampf 2017 war: "Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben." Und so wurde es auch plakatiert. Die Quittung für diesen farblosen Ansatz war am 24. September ein für die Unionsparteien katastrophales Ergebnis bei der Bundestagswahl. Zusammen kamen CDU und ihre bayerische Schwesterpartei CSU auf nur 33 Prozent der Wählerstimmen. Schlechter hatte die Union davor nur 1949 abgeschnitten.
Die Bundeskanzlerin wollte dennoch keine eigenen Fehler erkennen und versuchte dann zunächst, eine Jamaika-Koalition zu schmieden, also ein Regierungsbündnis aus CDU/CSU, Grünen und FDP. Merkel stand hinter dem Projekt; wollte Jamaika, was ihr die potenziellen Partner von der FDP aber nicht richtig glauben wollten. Nach wochenlangem Verhandeln ließen Christian Lindners Liberale die Sondierungsgespräche platzen. Das war dann auch eine Niederlage für Merkel. Die CDU-Chefin hatte es nicht geschafft, dem Projekt eine Idee zu geben, einen Slogan, einen Zusammenhalt.
Noch fehlt der Slogan auch für den aktuellen, zweiten Anlauf für eine Regierungsbildung unter der Ägide von Merkel: einer erneuten großen Koalition mit den Sozialdemokraten. Misslingt die Operation "GroKo3", dann könnte sie die längste Zeit Kanzlerin gewesen sein. In seltener Eindeutigkeit hat sich Merkel nach der Wahl ausdrücklich gegen eine Minderheitsregierung ausgesprochen, weil dieses Modell immer neu zu beschaffender Mehrheiten untauglich für Deutschland sei. Ein Ansatz aus Bequemlichkeit, so die Opposition. Und dass Merkel bei Neuwahlen noch einmal als Kanzlerkandidatin antreten würde, ist noch nicht ausgemacht.
Kanzlerinnendämmerung? Merkel ist zäh und eine Taktikerin der Macht, die nicht gerne zuspitzt, aber weiß, wie sie sich retten kann. Und man kann die neuesten Umfragen für die geschäftsführende Kanzlerin auch so lesen: Fast 90 Prozent der Unions-Wähler immerhin wollen, dass Merkel - sollte es Neuwahlen geben - noch einmal antritt.