Alles auf Anfang in Tunesien
21. Januar 2020Tunesiens neuer Präsident Kais Saied hat den früheren Tourismus- und Finanzminister Elyes Fakhfakh zum designierten Ministerpräsidenten ernannt. Der gelernte Ingenieur muss nun innerhalb eines Monats eine mehrheitsfähige Koalition bilden - keine leichte Aufgabe angesichts des zutiefst gespaltenen Parlaments in Tunis. Scheitert Fakhfakh mit der Regierungsbildung, wird das Parlament aufgelöst.
Vor rund zehn Tagen war bereits eine Kabinettsbildung in Tunis am Widerstand der Abgeordneten gescheitert. Der zunächst zum designierten Regierungschef bestimmte Habib Jemli von der gemäßigt islamistischen Ennahda-Partei hatte zwei Monate lang mit Parteien, Gewerkschaften und Persönlichkeiten verhandelt, aber nicht genügend Unterstützung von den im Parlament vertretenen Parteien für eine Koalitionsbildung bekommen.
Als Präsidentschaftskandidat ohne Fortune
Fakhfakh begann seine politische Karriere nach dem Arabischen Frühling 2011 als Tourismusminister. Von Dezember 2012 bis Januar 2014 leitete er das Finanzministerium. Er hatte in Frankreich studiert und jahrelang im Ausland gearbeitet, bevor er 2006 nach Tunesien zurückkehrte. 2019 bewarb sich Fakhfakh als Präsidentschaftskandidat, erhielt im ersten Wahlgang jedoch nur 0,34 Prozent der Stimmen.
Tunesien wird derzeit noch von der scheidenden Regierung von Ministerpräsident Youssed Chahed geschäftsführend regiert. Mehrere Ministerposten sind wegen der Regierungskrise allerdings vakant. Viele Tunesier sind unzufrieden mit der politischen Klasse. Kurz nach der Parlamentswahl Anfang Oktober wurde auch das Staatsoberhaupt neu bestimmt. Mit dem früheren Juraprofessor Saied setzte sich ein Politikneuling gegen die Kandidaten der etablierten Parteien durch.
Tunesien war der Geburtsort des Arabischen Frühlings 2011. Trotz der seither eingeleiteten demokratischen Reformen kämpft das nordafrikanische Land mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und sozialen Unruhen. Die Arbeitslosenquote liegt bei über 15 Prozent, Inflation und Verschuldung sind hoch, die Landeswährung schwach. Deshalb steht das Land unter dem Druck internationaler Kreditgeber, drastische Maßnahmen zur Wiederbelebung seiner Wirtschaft zu ergreifen. Deutschland zählt zu einem der wichtigsten Geberländer für die junge tunesische Demokratie.
rb/nob (afp, dpa, rtr)