Regierungsbildung in Tunesien gescheitert
11. Januar 2020Die langwierige und schwierige Regierungsbildung in Tunesien ist vorerst gescheitert. Das Parlament in Tunis lehnte die ausgewählten Minister des designierten Ministerpräsidenten Habib Jemli ab. Nur 72 Abgeordnete der islamisch-konservativen Ennahda-Partei, die 52 Mandate inne hat, und verbündeter Parteien gaben dem Kabinett ihre Zustimmung. 134 Parlamentarier lehnten die Regierungsmannschaft mit der Begründung ab, sie hätten kein Vertrauen in das Team, drei enthielten sich.
Damit ist ein Ende des seit Monaten anhaltenden politischen Machtvakuums nicht in Sicht. Präsident Kais Saied hat nun zehn Tage Zeit, um jemand anderen zu beauftragen, eine Koalition zu schmieden. Sollte dies dann nicht innerhalb eines Monats gelingen, stehen Neuwahlen an.
Der frühere Staatssekretär Jemli von der Ennahda-Partei war Mitte November von Saied mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Die konservative Ennahda hatte bei der Wahl Anfang Oktober trotz massiver Verluste die meisten Stimmen erhalten und nominierte Jemli als Kandidaten für das Amt des Regierungschefs.
Ungeachtet der seit 2011 eingeleiteten demokratischen Reformen kämpft Tunesien mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und sozialen Unruhen. Viele Tunesier sind unzufrieden mit der politischen Klasse. Die Arbeitslosenquote liegt bei mehr als 15 Prozent. Das nordafrikanische Land steht unter dem Druck internationaler Kreditgeber, Maßnahmen zur Wiederbelebung seiner Wirtschaft zu ergreifen. Deutschland zählt zu den wichtigsten Geberländern der jungen tunesischen Demokratie.
se/lh (rtr, ap)