Vom Putschisten zum Präsidenten?
27. März 2014"Ich habe keine Ambitionen auf die Präsidentschaft", betonte Abdel Fatah al-Sisi, als er im Juli 2013 Ägyptens demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi stürzte. So richtig abgenommen haben ihm das viele Beobachter schon damals nicht. Am Mittwoch (26.03.2014) kam nun auch offiziell die Wende. "In aller Bescheidenheit bewebe ich mich um die Präsidentschaft in Ägypten", sagte al-Sisi in einer im ägyptischen Fernsehen übertragenen Ansprache. Um wie von der Verfassung vorgegeben als Zivilist zu kandidieren, legte er seinen Posten als Armeechef nieder und trat als Verteidigungsminister und Vize-Ministerpräsident zurück.
Al-Sisi ist seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi der starke Mann Ägyptens. Sein Bild ist allgegenwärtig auf den Straßen, in den Geschäften und in den Medien des Landes. Viele Ägypter erhoffen sich von Al-Sisi eine Rückkehr zu Sicherheit und Stabilität.
Kandidat mit Favoritenstatus
"Es ist ziemlich sicher, dass Al-Sisi die Präsidentschaftswahl gewinnen wird", sagt Maha Azzam, Ägyptenexpertin des britischen Forschungsinstituts Chatham House. Richtig demokratische Wahlen aber erwartet Azzam nicht. "Es gibt keine wirkliche Opposition. Die Anführer der Muslimbruderschaft sind im Gefängnis. Die Medien sind gleichgeschaltet, sowohl die staatlichen als auch die privaten unterstützen Al-Sisi."
Bisher gibt es nur einen Gegenkandidaten: Hamdin Sabbahi. Der linksgerichtete Politiker hat den Sturz Mursis und das harte Vorgehen gegen die Muslimbrüder unterstützt. Ein "symbolischer" Gegenkandidat ohne wirkliche Chancen, meint Azzam.
Wie es um die ägyptische Demokratie stehe, habe auch das Verfassungsreferendum vor einigen Monaten gezeigt. Damals stimmten laut offiziellem Endergebnis 98 Prozent der Wähler zu. "Das sind typische Ergebnisse aus Diktaturen", sagt Azzam.
Dabei gebe es durchaus nicht nur Anhänger Al-Sisis in der Bevölkerung, sagt Andrew Hammond, Nahost-Experte des European Council on Foreign Relations. "Al-Sisi hat nicht diese große Popularität, wie es immer dargestellt wird, das ist eine Manipulation der ägyptischen Medien." In wirklich freien Wahlen wäre ein Sieg Al-Sisis keineswegs sicher, sagt Hammond.
Ablehnung von der Muslimbruderschaft
Ägyptens Islamisten haben scharfe Kritik an der Kandidatur Al-Sisis geäußert: "Al-Sisi wird Ägypten keine Stabilität bringen", sagte Magdy Karkar, Mitglied der Muslimbruderschaft. Al-Sisi habe zwar viele Anhänger, die ihn verehrten. "Doch es gibt auch viele, die ihn hassen und ihn für das vergossene Blut verantwortlich machen."
Seit der Machtübernahme geht die vom Militär eingesetzte Übergangsregierung mit aller Härte gegen die Muslimbrüder vor. Mehr als 1000 Anhänger der Muslimbruderschaft wurden getötet, Tausende weitere inhaftiert, die Bewegung als Terrororganisation eingestuft und verboten.
Vorwärts in die Vergangenheit?
Angesichts der verhärteten Fronten ist auch die Ägyptenexpertin Maha Azzam skeptisch: "Es gibt keine Garantie, dass das Militär für Stabilität in Ägypten sorgen kann. In den vergangenen neun Monaten haben wir eher einen Mangel an Stabilität gesehen." Die Übergangsregierung habe nicht bewiesen, dass ein starker Mann die Situation im Land kontrollieren kann. Die Sicherheitslage sei kritisch, die wirtschaftliche Situation schlecht, die Inflation sehr hoch. Gleichzeitig wachse der Unmut über die Menschenrechtsverletzungen von Militär und Polizei.
Al-Sisi habe keine Vision, sagt Nahost-Experte Andrew Hammond: "Er hat niemals wirklich gesagt, wofür er steht, außer für Ordnung und ein hartes Vorgehen gegen die Muslimbrüder. Ich denke, es läuft auf eine Rückkehr zur Politik des 2011 gestürzten Diktators Husni Mubarak hinaus. Das bedeutet eine neoliberale Vision für Ägypten, gekoppelt mit einer faschistoiden Vorgehensweise in der Sicherheitspolitik." Letztlich sei Al-Sisi ein Wiedergänger Mubaraks. Maha Azzam von Chatham House geht angesichts von Tausenden Toten und politischen Gefangenen sogar noch weiter: "Was wir bisher von Al-Sisi gesehen haben, ist schlimmer als alles, was wir unter dem Mubarak-Regime erlebt haben."