"Afrika braucht seine Jugend"
12. Juni 2017Alassane Ouattara hatte die Lacher auf seiner Seite. Scherzhaft schlug der ivorische Präsident vor, die Pläne der Bundesregierung für eine neue Partnerschaft mit Afrika doch gleich "Merkelplan" zu nennen. Denn Bundeskanzlerin Merkel macht sich bereits seit Beginn der deutschen G20-Präsidentschaft für den Kontinent stark.
Das wiederholte die Bundeskanzlerin auch in ihrer Eröffnungsrede zum G20-Afrikagipfel. "Die gute Entwicklung der Welt wird nicht funktionieren, wenn nicht alle Kontinente an einer solchen Entwicklung teilhaben", sagte Merkel. "Das bedeutet natürlich vor allem auch, dass der afrikanische Kontinent seinen Entwicklungspfad in den nächsten Jahren fortsetzen und dynamischer werden muss."
Mit ihrem Afrika-Engagement verbindet die Bundesregierung handfeste Ziele. Das stellte die Bundeskanzlerin zu Beginn des Afrika-Gipfels klar. "Wenn es auf dem Kontinent zu viel Hoffnungslosigkeit gibt, dann sagen junge Menschen auch: Wir müssen uns woanders auf der Welt ein neues Leben suchen", so Merkel. "Indem wir mit ihnen gemeinsam für ihre Länder arbeiten, schaffen wir auch mehr Sicherheit für uns", sagte sie in Richtung der afrikanischen Staatschefs.
Zahlreiche Länder wiesen beeindruckende Wachstumsraten auf, so Merkel. In vielen Ländern bliebe die wirtschaftliche Entwicklung aber hinter dem Niveau zurück, das angesichts des Bevölkerungswachstums notwendig wäre. Für die jungen Afrikaner, die auf den Arbeitsmarkt drängen, sei dies ein großes Problem.
Mehr als nur wirtschaftliche Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit dürfe sich aber nicht allein auf die Wirtschaft beschränken, so Merkel. "Es geht in der Partnerschaft mit Afrika auf der einen Seite um wirtschaftliche Entwicklung, auf der anderen Seite auch darum, Frieden, Stabilität und Sicherheit zu fördern – also darum, zunächst die grundlegenden Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wirtschaftliche Aktivitäten überhaupt erst erfolgen können."
Beim zweitägigen Treffen in Berlin stehen die wirtschafltichen Beziehungen im Mittelpunkt. Kern des deutschen G20-Engagements sind sogenannte "Compacts with Africa". Fünf afrikanische Staaten - die Elfenbeinküste, Marokko, Ruanda, Senegal und Tunesien - wollen diese Partnerschaften eingehen. Dabei verpflichten sich die afrikanischen Staaten zu Reformen, um für Privatinvestoren attraktiver zu werden. Verschiedene G20-Länder und internationale Organisationen unterstützen sie dabei. Mit der Elfenbeinküste, Tunesien und Ghana hat die Bundesregierung zudem noch sogenannte "Reformpartnerschaften" geschlossen. Im Rahmen der Initiative bekommen sie 300 Millionen Euro zusätzlich.
"Wir brauchen eine starke Beteiligung der Privatwirtschaft", sagte auch der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Alpha Condé. Afrika müsse sich dringend industrialisieren. Der Kontinent habe ausländischen Investoren einiges zu bieten. "Unsere mangelnde Infrastruktur ist ein Problem, aber auch eine Chance für Investoren", sagte Condé . Nach Schätzungen sind allein im Bereich der Infrastruktur pro Jahr rund 130 Milliarden US-Dollar nötig.
Mehr Engagement aus Afrika
Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo rief die Regierungen des Kontinents zu mehr eigenem Engagement auf. "Wenn wir unsere stagnierende Wirtschaft reformieren wollen, die noch immer auf dem Export von Rohstoffen beruht, damit Arbeitsplätze geschaffen und starke Mittelschichten entstehen, dann müssen wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen", so Akufo-Addo. Zu viele junge Afrikaner nähmen schreckliche Risiken auf sich, um in Europa ein besseres Leben zu führen. Dabei brauche Afrika seine Jugend dringend: "Wenn wir ihnen das richtige Umfeld bieten können, in dem sie ihre Kompetenzen weiterentwickeln, gute Berufsbildung erhalten und Zugang zu digitalen Technologien bekommen können, dann werden sie unseren Kontinent großartig machen."
Doch der Fokus auf Privatinvestitionen für Afrika gefällt nicht jedem. Der linke Entwicklungspolitiker Niema Movassat nannte die zweitägige Konferenz "brandgefährlich" für die Zukunft des Kontinents. "Sie dient lediglich dazu, die Wirtschaftsinteressen reicher Staaten und ihrer Konzerne auf den afrikanischen Märkten abzusichern", so Movassat. Auch die Grünen fordern in einem Positionspapier verbindliche Sozial- und Menschenrechtsstandards für Projekte im Rahmen des Compacts. "Für den Abschluss der Partnerschaften werden keine Sozial- und Umweltkriterien und auch keine Bindung an menschenrechtliche Sorgfaltspflichten genannt", sagte die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.