5G wird kein Booster für Smartphone-Bauer
9. Februar 2022Dieses Geschäftsmodell war über viele Jahre hinweg ein zuverlässiger Geldbringer: Wer ein Handy oder Smartphone besaß, wollte in der Regel möglichst schnell wieder ein neues haben. Ein Gerät mit schnellerem Prozessor, längerer Akkulaufzeit, besserer Kamera und mehr Zusatzfunktionen, besonders für das störungsfreie Surfen im Internet.
Dass das nicht ewig so weitergehen würde, ließ sich spätestens erahnen, als nicht mehr das Telefon im Mittelpunkt des Interesse lag, sondern eher die Qualität der eingebauten Kamera. Doch zuletzt nährte ein anderes Feature die Hoffnung auf eine ungebrochene Nachfrage: Der neue Mobilfunkstandard 5G.
Doch der schnellere Standard lässt viele Smartphone-Nutzer offenbar kalt. Das jedenfalls legt eine Studie nahe, die der Kreditversicherer Euler Hermes und sein Mutterkonzern, der Versicherer Allianz vorgelegt haben. Die Studienautoren rechnen vor, dass in den kommenden Jahren das Geschäft mit den Smartphones um rund 134 Milliarden US-Dollar schrumpfen wird.
Plötzlich wird Nachhaltigkeit wichtiger
Gefährdet seien weniger die Schwergewichte der Branche: Apple, Samsung und Xiaomials vor allem die kleineren Anbieter.
"Verbraucher sind in den letzten Jahren nachhaltiger geworden und halten inzwischen wesentlich länger an ihren Smartphones fest", kommentiert Milo Bogaerts, Deutschlandchef der Allianz-Tochter Euler Hermes, die Zahlen. "Europäer tauschen ihre Geräte aktuell durchschnittlich nach rund 40 Monaten - das ist etwa ein Viertel länger als noch 2016."
In den USA tauschten Verbraucher ihre Smartphones zwar aktuell schon nach rund 24 Monaten - aber auch dort habe sich die Nutzungsdauer der Geräte seit 2016 um 30 Prozent verlängert.
Laut Euler Hermes-Branchenanalyst Aurélien Duthoi könne man diesen Trend in die Zukunft fortschreiben: "Die Austauschzyklen werden sich auch in den kommenden Jahren verlängern. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Industrie." In Zahlen würde das bedeuten: "Bis 2025 sind dadurch weltweit kumulierte Umsätze von insgesamt 134 Milliarden US-Dollar in Gefahr."
Warnzeichen aus Fernost
China dient dabei als warnendes Beispiel. Das kommunistisch regierte Riesenland in Asien, in dem 70 Prozent aller auf der Welt verkauften 5G-tauglichen Smartphones in Gebrauch sind, ist schon seit Jahren der Trendsetter im Bereich der digitalen Wirtschaft und hat den USA dabei längst den Rang abgelaufen. Dort, so die Euler Hermes-Studie, haben bereits 30 Prozent der Smartphone-Nutzer ein 5G-fähiges Modell.
Doch die übrigen 70 Prozent scheinen es nicht eilig zu haben, zu dieser Trendsetter-Gruppe zu stoßen. Das ist besonders deshalb erwähnenswert, weil in China wie in wohl keinem anderen Land der Welt, das Smartphone zu so vielen Dingen benutzt wird: Mit ihm werden Rechnungen bezahlt, es wird darüber mit Behörden kommuniziert und es scheint zur Teilnahme am sozialen Leben inzwischen beinahe unverzichtbar.
Obwohl drei von vier Smartphones, die 2021 in China verkauft wurden, 5G-tauglich waren, zeichnet sich im Export ein düsterer Trend ab. Der Verkauf von Smartphones aus China auf internationalen Märkten liegt noch immer unter dem Vor-Corona-Niveau: Um elf Prozent hinter den Zahlen von 2019 und um sogar 30 Prozent verglichen mit den Zahlen von 2016.
Warten auf die "Killer-Funktion"
Die Studie zeigt deutlich: 5G wird der Branche nicht jenen Umsatzantrieb verschaffen, den sie sich erhofft hatte. Der relativ neue und außerhalb Chinas noch wenig verbreitete Mobilfunkstandard ist nach Einschätzung von Analyst Duthoit zumindest vorerst kein "Booster für neue Rekordjagden in der Smartphone-Industrie".
"Bisher fehlt die absolute "Killer-Funktion» bei den 5G-Geräten", so Euler Hermes und die Allianz. "Das könnte die mangelnde Begeisterung der Verbraucher für 5G-Geräte erklären, zusammen mit der manchmal enttäuschenden mobilen Datengeschwindigkeit im Vergleich zu den theoretischen Kapazitäten." Das bedeute aber auch: "Wer diese Killer-Funktion als erstes auf den Markt bringt, katapultiert sich mit einem Schlag ganz nach vorne."