5 Fragen vor den Olympischen Spielen
5. Juli 2016Werden die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro ein buntes Sportfest? Oder überschatten die wirtschaftlichen Probleme, die Proteste der Olympiagegner und die Umweltverschmutzung die sportlichen Höhepunkte? Wen muss man in Rio besonders beachten? Und was darf man von der deutschen Mannschaft erwarten? Wir beantworten die wichtigsten Fragen:
Wer sind die internationalen Stars?
Top-Sprinter Usain Bolt will wie schon 2008 und 2012 über 100, 200 und 4 x 100 Meter Gold gewinnen und erneut das Triple perfekt machen. US-Schwimmer Michael Phelps, schon jetzt mit 18 Goldmedaillen erfolgreichster Sportler bei Sommerspielen, möchte seine Rekordbilanz zum Abschluss der Karriere weiter ausbauen. Nach dem zwischenzeitlichen Ende seiner Sportlaufbahn, anschließenden Alkoholproblemen und einer Entziehungskur, ist der 31-Jährige wieder da. Für Fußballstar Neymar ist Gold in seinem Heimatland Brasilien das erklärte Ziel. Bei der WM vor zwei Jahren fiel er verletzt aus, ohne ihn ging die Selecao im Halbfinale mit 1:7 unter - Olympia-Gold soll nun Wiedergutmachung sein. Nach den Absagen von NBA-Champion LeBron James und Stephen Curry wird Kevin Durant die Blicke der Basketball-Fans auf sich ziehen. Außerdem könnte US-Schwimmstar Katie Ledecky den Spielen ihren Stempel aufdrücken. Die 19-Jährige ist heiße Anwärterin auf vier bis fünf Goldmedaillen.
Wie viele Medaillen holt das deutsche Team?
82, 65, 56, 49, 41, 44 - das sind die nackten Zahlen der vergangenen 24 Jahre. Holten die deutschen Athleten 1992 in Barcelona noch 82 Medaillen, davon gar 33 goldene, ging es anschließend stetig bergab. Das Erbe des auf Medaillen getrimmten DDR-Sportsystems war schnell aufgebraucht. Über Atlanta 1996 (65), Sydney 2000 (56) und Athen 2004 (49) folgte schließlich in Peking 2008 mit 41 Mal Edelmetall der Tiefpunkt. In London gab es vor vier Jahren dann zwar wieder 44 Mal Edelmetall, allerdings mit elf Goldmedaillen insgesamt fünf Olympiasiege weniger als 2008 in China. Für Innenminister Thomas de Maiziere muss der anhaltende Abwärtstrend des deutschen Sports bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro nun endlich ein Ende haben. Nicht weniger als ein Drittel mehr Medaillen hat der für den Sport zuständige Bundesinnenminister gefordert. 2012 hatten die deutschen Sportler in London Platz sechs im Medaillenspiegel belegt. Die Verantwortlichen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) äußern ihre Erwartungshaltung verhaltener als der Minister: Sie haben einen Zielkorridor von 38 bis 68 Medaillen festgelegt. Bei insgesamt 306 Medaillenentscheidungen in 28 Sportarten durchaus kein unrealistisches Ziel.
Wer sind die größten deutschen Olympiahoffnungen?
Kanus, Rennräder und Pferde - hier scheinen die Kernkompetenzen der deutschen Olympiastarter zu liegen. So sollen die deutschen Kanuten wie schon in der Vergangenheit für zahlreiche Podestplätze sorgen. Sechs Medaillen werden bei ihnen avisiert. Daneben veranschlagen die Verantwortlichen sechs- bis neunmal Edelmetall im Radsport, was nach dem starken Abschneiden bei der Bahnrad-WM durchaus realistisch ist. Außerdem sollen die Schwimmer und Wasserspringer (3-7), die Leichtathleten (4-6) und die Reiter (3-5) zu einer guten Bilanz beitragen. Positiv ist auch, dass die Krise in den Mannschaftssportarten überwunden ist: Die Fußballer sind zum ersten Mal überhaupt mit zwei Teams vertreten, auch die deutschen Handballer gehören als Europameister zu den Favoriten. Dagegen ist von der einstigen deutschen Domäne Fechten nicht mehr viel übrig geblieben. Nur mit einer Handvoll Einzelstarter reist der Deutsche Fechter-Bund nach Rio, in den Mannschaftsentscheidungen wird kein DFeB-Team vertreten sein.
Ist Rio bereit?
Die Sportstätten sind so weit alle fertig, allerdings werden Transportprobleme erwartet. Doch die Stadt ist für ihre Improvisationskunst bekannt.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will nach den für den Gigantismus kritisierten Spielen von Sotschi zeigen, dass Olympia auch mit etwas weniger Komfort und ohne dutzende neue Stadien funktioniert, die hinterher niemand mehr braucht. So ist vieles in Rio de Janeiro temporär, zum Beispiel die Arena für Beachvolleyball. Ein anderes Stadion wird nach Olympia zur Schule umgebaut. Allerdings ist weiterhin unsicher, ob bis zum Start am 5. August die neue Metrolinie in den Stadtteil Barra tatsächlich fertig wird, wo sich die meisten Wettkampfstätten befinden. Noch fehlt fast ein Kilometer Strecke. Die Metro ist mit über 2,5 Milliarden Euro das größte Projekt der Spiele. Ohne sie drohen chaotische Anreisen mit Bussen.
Was macht im Vorfeld der Spiele noch Sorgen?
Die wirtschaftliche Situation im Land ist weiterhin prekär, es gibt große Bedenken, was die Sicherheit angeht. Brasilien droht aus den Top Ten der führenden Wirtschaftsnationen herauszufallen, gebeutelt von einer der tiefsten Rezessionen seiner Geschichte. Als man den Olympia-Zuschlag bekam, galt Brasilien noch als das Boomland der Zukunft. Doch mittlerweile ist Präsidentin Dilma Rousseff suspendiert worden, die Nachfolgeregierung von Interimspräsident Michel Temer hat unter anderem wegen Korruptionsvorwürfen bereits drei ihrer Minister verloren. In der Olympiastadt gibt es an Universitäten und Krankenhäusern wegen fehlender Gelder Streiks, der Bundesstaat Rio de Janeiro leidet stark unter gesunkenen Einnahmen aus dem Erdölgeschäft. Eine Finanzspritze der Regierung von über 750 Millionen Euro soll die Lage entschärfen - die Polizei drohte, ohne neue Finanzhilfen nicht für die Sicherheit garantieren zu können. Es werden Proteste gegen das Spektakel befürchtet, das immerhin rund zehn Milliarden Euro kosten wird, wobei aber über die Hälfte privat finanziert wird.
Zudem verschreckt das Zika-Virus viele Olympia-Touristen und einige Sportler. So sagten mehrere Top-Golfer ihre Olympiateilnahme mit Verweis auf den Krankheitserreger ab.
Auch die Wasserqualität in der Guanabara-Bucht, wo die Segel-Wettbewerbe stattfinden, ist nach wie vor bedenklich. Die Organisatoren sehen von einer vollständigen Säuberung der riesigen Bucht ab, und betonen, es werde kein Gesundheitsrisiko für die Segler geben. Die Bucht ist die Einfahrtstraße der Containerschiffe in den Hafen, von überall her werden Abwässer eingeleitet. Kein Bewohner Rios würde hier freiwillig schwimmen gehen. Im Wasser treiben Unmengen an Müll im Wasser - auch Tierkadaver, Fäkalien und Ölfilme sind immer wieder zu sichten. Kürzlich wurden zudem gegen Antibiotika resistente Superkeime im Wasser festgestellt.