Ärger in Marseille über neue Corona-Regeln
24. September 2020Hintergrund der Kritik: Nach dem Willen der Zentralregierung in Paris müssen Restaurants und Bars in der südfranzösischen Hafenmetropole ab Samstag komplett schließen. Dem wollen sich die Verantwortlichen in Marseille aber nicht einfach beugen. Das Rathaus forderte ein zehntägiges Moratorium. Es solle erst abgewartet werden, wie sich die Corona-Lage in der Stadt entwickele.
"Zeigen mit dem Finger auf uns"
Der stellvertretende Bürgermeister Benoît Payan sagte: "Trotz aller Bemühungen wird unsere Region wieder einmal bestraft, mit dem Finger auf uns gezeigt." Hotelbesitzer und Gastronomen kündigten an, sie würden am Freitagvormittag auf die Straße gehen, um gegen die neuen Corona-Maßnahmen zu protestieren.
Der Präsident der Region Provence-Alpes-Côte-d'Azur (PACA), Renaud Muselier, erklärte, er werde per Einspruch rechtlich gegen die Schließung der Lokale vorgehen. Er hatte die Maßnahmen zuvor als "kollektive Bestrafung" scharf kritisiert. Sie seien ungerecht und unangemessen. Marseille liegt in der Region PACA.
Die Pariser Regierung hatte Marseille zuletzt aufgefordert, strengere Maßnahmen im Kampf gegen Corona einzuführen. Dem ist die Stadt auch nachgekommen - sie hat etwa Einschränkungen beim Alkoholverkauf und bei Treffen und Veranstaltungen in der Öffentlichkeit verhängt.
16.000 Fällle binnen eines Tages
In Frankreich wurde mit 16.096 neuen Fällen innerhalb eines Tages zuletzt ein neuer Höchstwert erreicht. "Das Aufkommen von COVID-19 im gesamten Land ist beunruhigend", warnte Regierungschef Jean Castex. Marseille und sein Umland sind am stärksten von der zweiten Welle der Corona-Infektionen in Frankreich betroffen.
Bislang hat es in Frankreich keine größeren Proteste gegen Corona-Maßnahmen gegeben. Gesundheitsminister Olivier Véran hatte mehrfach zum Ausdruck gebracht, die gewählten Vertreter in den Regionen wüssten am besten, was im Kampf gegen die Pandemie zu tun sei.
haz/mak (dpa, afp)