Übergriffe auf Flüchtlingsheime verdoppelt
29. September 2015Bei den registrierten Übergriffen handele es sich überwiegend um Sachbeschädigungen, Propagandadelikte und Fälle von Volksverhetzung, erklärte das Bundeskriminalamt in Wiesbaden auf Anfrage. Seit einigen Monaten erreichten die Taten aber eine neue Quantität und Qualität. 59 Fälle im laufenden Jahr waren demnach Gewalttaten, davon 26 Brandstiftungen. Die bisherige Höchstmarke von 28 Gewalttaten gegen Flüchtlingsheime im vergangenen Jahr hat sich damit ebenfalls bereits verdoppelt.
Die Zahlen der Übergriffe auf Asylunterkünfte sind in den vergangenen Monaten insgesamt sprunghaft gestiegen. Im ersten Halbjahr hatte die Polizei etwa 200 solche Straftaten gezählt. Ende August waren es bereits mehr als 330 und drei Wochen später dann schon mehr als 430.
Der Bund rechnet in diesem Jahr mit 800.000 Asylanträgen in Deutschland. Das sind mehr als doppelt so viele wie 2014. Auch die Einreise von einer Million Flüchtlingen schließen Regierungsmitglieder inzwischen nicht mehr aus. Viele Kommunen melden, dass sie bei der Unterbringung der Menschen an ihre Grenzen stoßen. Nach Angaben der Bundespolizei wurden am Sonntag 4160 illegale Einreisen registriert, am Samstag 3604.
Schäuble legt Nachtragshaushalt vor
Zur Finanzierung der Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für 2015 einen Nachtragshaushalt aufgestellt, der dafür mehr als sechs Milliarden Euro vorsieht. Eine Milliarde Euro sollen Länder und Kommunen im laufenden Jahr zusätzlich vom Bund erhalten. Das teilte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums in Berlin mit. Weitere fünf Milliarden Euro werden als Rücklage eingestellt, sie sollen im kommenden Jahr zur Verfügung stehen. Damit werden die Beschlüsse des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern aus der vergangenen Woche umgesetzt.
Das Bundeskabinett will den Nachtragsetat und ein Gesetzesbündel zur Bewältigung des Flüchtlingsansturms an diesem Dienstag verabschieden. Das Gesetzespaket zielt darauf ab, Asylverfahren zu beschleunigen, die Einrichtung neuer Flüchtlingsunterkünfte zu vereinfachen und abgelehnte Antragsteller schneller in die Heimat zurückschicken zu können. Vorgesehen ist unter anderem, drei weitere Balkan-Länder - Albanien, das Kosovo und Montenegro - als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Die Bundesregierung hält Asylbewerber von dort nicht für politisch verfolgt und will sie künftig in kürzerer Zeit wieder aus dem Land schicken.
Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen sollen künftig "so weit wie möglich" Sachleistungen bekommen. Für bestimmte Flüchtlingsgruppen sind auch deutliche Leistungskürzungen vorgesehen. Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive sollen Zugang zu Integrationskursen erhalten. Die Einrichtung neuer Flüchtlingsunterkünfte soll durch den Abbau bürokratischer Hürden erleichtert werden. Das Gesetzespaket soll im Schnellverfahren in den kommenden Wochen von Bundestag und Bundesrat gebilligt und dann bereits zum 1. November in Kraft treten.
kle/qu (rtr, dpa, afp, epd, kna)