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Überfischung: Gelingt der WTO ein Durchbruch?

15. Juli 2021

Obwohl die Meere überfischt sind, subventionieren viele Länder ihre Fischereiflotten. Kann sich die Weltgemeinschaft nach 20 Jahren erfolgloser Verhandlungen heute darauf einigen, daran etwas zu ändern?

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Symbolbild Fischfang Fischkutter Schiff
Bild: Fotolia/Thomas Leiss

Mit einer Marathonsitzung versucht die Welthandelsorganisation (WTO) heute in Genf, doch noch ein internationales Abkommen zu erreichen, um schädliche Fischereisubventionen zu stoppen.

Seit 20 Jahren haben die inzwischen 164 Mitgliedsländer der WTO erfolglos darüber verhandelt. Die seit März amtierende WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala hat das Projekt zur Priorität erklärt und eigentlich schon für Juli eine Einigung in Aussicht gestellt. Jetzt hofft sie, dass heute ein Durchbruch gelingt für ein Abkommen, das dann im Dezember unterzeichnet werden könnte.

Voraussetzung dafür sei allerdings ein Umdenken aller Beteiligten, sagte Okonja-Iweala in ihrer Eröffnungsansprache vor der online stattfindenden Verhandlungsrunde. "Ich glaube, wir sind alle sehr engagiert, aber es ist eine Änderung der Geisteshaltung vonnöten, um die Kluft zwischen den unterschiedlichen Positionen zu überbrücken."

Die liegen derzeit noch weit auseinander. Hintergrund der Verhandlungen über den Subventionsabbau ist die Frage, ob in Zukunft überhaupt noch genügend Fisch auf die Teller kommt. Für drei Milliarden Menschen ist Fisch die wichtigste Proteinquelle, so die Umweltstiftung WWF.

Tausende Kilometer vor der Küste

Gut ein Drittel der Fischbestände sind nach Angaben der UN-Ernährungsorganisation FAO schon überfischt. 60 Millionen Menschen arbeiten in der Fischerei. Die Gesamtmenge der Fischfänge weltweit ist nach FAO-Angaben bei rund 85 Millionen Tonnen im Jahr seit den 1990er Jahren stabil.

Geändert hat sich die Art, wie gefischt wird. Der Großteil der Fische wird heute von großen kommerziellen Flotten gefangen, die oft tausende Kilometer von der heimischen Küste unterwegs sind. Auf der Strecke bleiben kleine Fischer, gerade in Entwicklungsländern, die in Küstennähe weniger Fisch finden und keine Möglichkeit haben, weiter hinaus zu fahren. Zusätzlich verschärft wird das Problem, weil zu viele Jungtiere gefangen werden und sich die Bestände nicht erholen können. Außerdem werden Schleppnetze eingesetzt, in denen sich auch geschützte Tierarten verfangen.

Staaten subventionieren ihre Fangflotten unter anderem durch vergünstigten Treibstoff, ohne den die langen Expeditionen in ferne Meere oft unrentabel würden.

China - Fischerboote
China hat die größte Fischereiflotte der WeltBild: picture alliance/dpa

Milliarden für Subventionen

Die Flotte der Fernfischerboote der EU besteht aus rund 250 Schiffen, die der USA aus rund 300. Die mit Abstand größte Fernfischerflotte der Welt hat China. Offiziell gab es 2019 rund 2700 registrierte Schiffe, die auch weit entfernt von der Küste fischen können. Nach Analysen der Londoner Denkfabrik Overseas Development Institute waren im Jahr 2020 dagegen 17.000 chinesische Fernfischerboote im Einsatz.

Auch bei den Subventionen ist China die Nummer Eins. Von den umgerechnet rund 35 Milliarden US-Dollar, die laut einer kanadischen Studie im Jahr 2018 weltweit für Fischereisubventionen ausgegeben wurden, kamen 5,9 Milliarden aus China, 2,1 Milliarden aus Japan und 2,0 Milliarden aus der EU.

Fast zwei Drittel der Gelder sind laut der Studie schädliche Subventionen, vor allem für Treibstoff.

Ziel der WTO-Verhandlungen ist es, solche Subventionen zu verbieten - für Fernfischflotten, aber auch für Boote, die nach überfischten Arten fischen oder beim illegalen Fang erwischt wurden.

Umstritten ist die Frage, welche Ausnahmen es geben wird und für wen sie gelten. Viele Entwicklungsländer möchten ihre Fischer durch subventionierten Treibstoff in die Lage versetzen, nicht nur in der fischarmen Küstennähe zu fischen.

Doch auch China gilt in der WTO als Entwicklungsland. Sämtliche Ausnahmen für ärmere Länder würden daher auch für das Land mit der größten Fischfangflotte gelten.

Was darf China, was die EU?

Während es bei der Weltbank Kriterien für Entwicklungs- und Industrieländer gibt, kann in der WTO jedes Land selbst deklarieren, was es ist. Die Europäische Union (EU) verlangt, dass China auf jegliche Vorzugsbehandlung verzichtet.

Umgekehrt will aber auch die EU für sich Ausnahmen in Anspruch nehmen. So will sie Fischern Subventionen zahlen, wenn die etwas unternehmen, um Fischstände zu stabilisieren - ähnlich wie sie auch Ackerbauern Subventionen zahlt, damit sie sich um Agrarflächen kümmern.

Der Knackpunkt sei, dass dies unabhängig davon gelten soll, ob die Maßnahmen Wirkung zeigen, sagt die Fischereiexpertin der Umweltstiftung WWF, Anna Holl: "Dann dürfte die EU weiterhin schädliche Subventionen gewähren. Es hilft nicht, wenn ein Block wie die EU, die sich Klima-, Umwelt- und Meeresschutz auf die Fahnen schreibt, solche Ausnahmen vorantreibt."

Außerdem will sich die EU die Möglichkeit erhalten, Fischer über Steuervergünstigungen zu subventionieren. Das Thema Steuern würde sie gerne aus dem Abkommen heraushalten.

Was taugt die WTO?

Nachdem seit 20 Jahren erfolglos über Fischereisubventionen verhandelt wird, wäre ein Durchbruch für die angeschlagene Handelsorganisation ein großer Erfolg. "Wir können ein starkes Signal senden - in die eine wie die andere Richtung - über die Glaubwürdigkeit der WTO als multilaterales Verhandlungsforum", sagte Okonjo-Iweala am Donnerstag zur Eröffnung des Treffens.

Auch von Seiten der EU kamen positive Signale. Valdis Dombrovskis, einer der Vizepräsident der EU-Kommission, lobte den zur Debatte stehenden Entwurf, weil er viele Ansatzpunkte für eine Einigung enthalte.

bea/hb (dpa, reuters, ap)