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Ägyptisches Parlament ringt um Verfassunggebende Versammlung

3. März 2012

Zwischenstation im Reformprozess: Das Parlament in Kairo debattiert über die Zusammensetzung der Verfassunggebenden Versammlung. Der Knackpunkt: Werden die Islamisten auch dieses wichtige Gremium dominieren?

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Vor einer wichtigen Weichenstellung: das Parlament in Kairo (Foto: Reuters)
Vor einer wichtigen Weichenstellung: das Parlament in KairoBild: Reuters

In der ägyptischen Hauptstadt Kairo sind beide Kammern des neu gewählten Parlaments zusammengekommen, um eine Verfassungskommission zu wählen. Das Gremium soll eine neue Verfassung ausarbeiten, nachdem jene aus der Zeit des gestürzten Machthabers Husni Mubarak außer Kraft gesetzt wurde. Weil sowohl im Oberhaus als auch im Unterhaus die Islamisten stärkste Kraft sind, erwarten Beobachter, dass sie auch die Kommission dominieren wollen.

Die Debatte der Abgeordneten konzentrierte sich am Samstag denn auch zunächst auf die Rolle der Islamisten bei der Ausarbeitung der neuen Verfassung. Die Muslimbruderschaft und die ultrakonservativen Salafisten, die bei der ersten Parlamentswahl nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak am besten abschnitten, fordern, dass 40 bis 60 Prozent der 100 Mitglieder der Versammlung dem Parlament angehören sollen. Damit würde das Gremium in der Tat von Islamisten dominiert.

Was wollen die Muslimbrüder?

Parlamentspräsident Saad el Katatni, der der Muslimbruderschaft nahesteht, versicherte, andere politische Kräfte würden nicht vom Entscheidungsprozess ausgeschlossen. Die Verfassung solle nicht von der Mehrheit verfasst werden, sondern durch Konsens und Partnerschaft zustande kommen, "um Harmonie und Stabilität zu schaffen".

Der Vertreter der salafistischen Nur-Partei, Mustafa Chalifa, warnte, die Parlamentsmehrheit dürfe sich der Minderheit nicht beugen. Er forderte, nur 40 Mitglieder der Versammlung sollten nicht Mitglieder des Parlaments sein. Liberale und säkulare Aktivisten, die entscheidend zum Sturz von Mubarak beitrugen, bei der Wahl aber schlecht abschnitten, fordern eine größere Teilhabe an dem Gremium.

Militärs beanspruchen Sonderrolle

Abu El Ess al Hariri von der Sozialistischen Volksallianz kritisierte den Reformprozess und erklärte, die Verfassung hätte vor den ersten Wahlen neu geschrieben werden müssen. "Die Verfassung hätte der erste Schritt zur Demokratie sein müssen", sagte er.

Eine Vorherrschaft der Islamisten in dem Gremium dürfte auch auf Widerstand seitens der Armee stoßen. Der herrschende Militärrat hat zugesagt, seine Macht nach der für Mai oder Juni geplanten Präsidentenwahl an einen zivilen Staatschef abzugeben. Die Armee verlangt aber, in der neuen Verfassung eine Sonderstellung zu bekommen.

Der Sprecher des Parlaments, Saad Al-Katatny von den Muslimbrüdern (Foto: dpa)
Der Sprecher des Parlaments, Saad Al-Katatny von den MuslimbrüdernBild: picture-alliance/dpa

Frauen unterrepräsentiert

Derweil wies die Internationale Parlamentarische Union (IPU) darauf hin, dass die Zahl weiblicher Abgeordneter bei der kürzlich abgehaltenen Parlamentswahl in Ägypten von 12,7 Prozent auf zwei Prozent gefallen sei. In der neuen Volksvertretung sind nur noch zehn Frauen vertreten, unter Mubarak waren es 64 der 508 Abgeordneten. Verantwortlich machen die Autoren einer IPU-Studie Änderungen im Wahlrecht. Anstatt Frauen in Ägypten wie zuvor 64 Sitze zu garantieren, habe das reformierte Wahlrecht nur von allen Parteien verlangt, Frauen mindestens einen Listenplatz zuzugestehen.

In den arabischen Ländern beträgt der Frauenanteil in den Parlamenten im Schnitt nur 10,7 Prozent. "Der Arabische Frühling muss sich für Frauen erst noch auszahlen", sagte der Präsident der Interparlamentarischen Union, Abdelwahad Radi. "Frauen standen bei den Aufständen im Mittleren Osten in der ersten Reihe, in der parlamentarischen Demokratie steht ihnen dieser Platz ebenfalls zu."

kle/pg (dapd, afp, epd)