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G20-Gipfel in St. Peteresburg

Henrik Böhme3. September 2013

Überschattet vom Syrien-Konflikt und dem angespannten Verhältnis zwischen den USA und Russland findet in St. Petersburg der G20-Gipfel statt. Im Mittelpunkt sollten eigentlich Wirtschaftsthemen stehen.

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St. Petersburg ist bereit für den Gipfel (Photo ITAR-TASS
Bild: picture-alliance/dpa

Es ist angerichtet. Russlands Präsident Wladimir Putin hat weder Kosten noch Mühen gescheut, um ab Donnerstag (05.09.2013) ein perfekter Gastgeber für den Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer zu sein. Der Konstantinpalast am Ufer des Finnischen Meerbusens lässt sich vor Demonstranten perfekt abschirmen. Die vielen hundert Journalisten werden mit Booten von St. Petersburg aus übers Meer zum Tagungsort gebracht. Berichten sollen sie über einen harmonischen Gipfel, der der Welt zu mehr Jobs und Wohlstand verhelfen soll.

Der Konstantin-Palast am Rande von St. Petersburg Quelle: Russian Presidency of the G20
Tagungsort: Der Konstantin-Palast am Rande von St. PetersburgBild: Russian Presidency of the G20

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Soweit Putins Wunsch. Die aktuelle Weltlage gibt Grund zur Annahme, dass der mittlerweile achte Gipfel der G20 alles andere als harmonisch werden wird. Da ist der Syrien-Konflikt, der zwar nicht auf der offiziellen Tagesordnung steht, sicher aber das beherrschende Thema sein wird. Zwar hat die EU, so hieß es am vergangenen Freitag in Brüssel, nicht die Absicht, die Syrienkrise in St. Petersburg auf die Tagesordnung zu setzen. Allerdings sprach sich auch Gastgeber Wladimir Putin mittlerweile dafür aus, über Syrien zu diskutieren. Ob es aber ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Putin und US-Präsident Barack Obama geben wird, ist offen. Die Beziehung zwischen beiden ist nach der Affäre um den Whistleblower Edward Snowden deutlich abgekühlt.

Wirtschaftsfragen im Mittelpunkt

Trotz allem werden sich die G20 - die nach ihrem Selbstverständnis kein Forum für Außenpolitik sind - wirtschaftlichen Fragen zuwenden. Zum einen gilt es, eine Zwischenbilanz der Finanzmarkt-Reform zu ziehen. Denn die Weltwirtschaftskrise infolge der Pleite der US-Bank Lehman Brothers vor ziemlich genau fünf Jahren hat die Gruppe schließlich zusammen gebracht. In ihrer Video-Botschaft sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende, dass es in St. Petersburg in erster Linie um Wirtschaft und Finanzen gehen werde. Aber genauso gehe es auch um die Entwicklungsagenda. Gerade das G20-Treffen in Südkorea vor drei Jahren habe dafür gesorgt, "dass wir nicht außer Acht lassen, dass es ärmere Länder gibt, die vielleicht nicht permanent im G20-Prozess vertreten sind, aber dass die Weltwirtschaft nur gut funktionieren kann, wenn die Entwicklung der ärmsten Länder auch vorangebracht wird". Am Rande würden aber auch außenpolitische Themen diskutiert. "In diesem Jahr mit Sicherheit auch gerade das Thema Syrien", so die Kanzlerin.

Der Konferenzraum im Konstantinpalast in Strelna bei St. Petersburg Foto: dpa
An diesem Tisch werden die Staats- und Regierungschefs über die Probleme der Welt sprechenBild: picture-alliance/dpa

Stabilere Finanzmärkte

Einigermaßen zufrieden können die Staats- und Regierungschefs auf die Reform der Finanzmärkte blicken, die beim Gipfel von London 2009 eingeleitet wurde. Hier sei einiges erreicht, sagt Martin Faust von der Frankfurt School of Finance and Management. "Man hat sicherlich einiges getan. Die Banken sind heute solider mit Eigenkapital ausgestattet", so Faust im Gespräch mit der DW. Allerdings habe man immer noch das Problem, dass einige Banken zu groß seien. Käme eine solche Bank in Schwierigkeiten, müssten die Staaten und somit der Steuerzahler weiterhin unterstützen. "Hier war man nicht konsequent genug. Es gibt ja diesen Begriff 'too big to fail'. Hier hätte man eigentlich die international tätigen großen Banken entsprechend verkleinern müssen."

Krisengefahr bleibt

Auch Sven Giegold, Globalisierungskritiker und Europa-Abgeordneter der Grünen, sieht die Regulierung der Finanzbranche auf dem richtigen Weg. Gebannt sei die Gefahr aber keineswegs. Zwar verfügten die Banken mittlerweile über mehr Eigenkapital und das Schattenreich der Derivate werde langsam transparent und Hedgefonds würden zumindest beaufsichtigt. "Aber die Krisengefahren sind nicht gebannt, weil das Übermaß an Verschuldung weiter gleich hoch ist", so Giegold zur DW. "Wir sitzen also auf der gleichen Schuldenblase, und die kann immer wieder an verschiedenen Stellen zu großen Fehlentwicklungen führen."

Staatsschulden kein Thema mehr

Den Abbau der Verschuldung hatten sich die G20 schon beim Treffen 2010 in Toronto vorgenommen. Geworden ist daraus nicht viel, außer in Deutschland, das sich für seine exzessive Sparpolitik allerdings ständig rechtfertigen muss.

In St. Petersburg wird das Thema kaum noch eine Rolle spielen. Eher werden die derzeitigen wirtschaftlichen Turbulenzen in den Schwellenländern wie Indien und Brasilien zur Sprache kommen. Außerdem soll eine Initiative der G20 gegen die Steuerflucht multinationaler Konzerne verabschiedet werden. Auch den billionenschweren Sektor der sogenannten Schattenbanken will man in den kommenden Jahren an die Leine legen.

Handlungsfelder für die G20 gibt es also genug. Störungsfrei arbeiten werden sie können, dafür hat Wladimir Putin gesorgt. Das Demonstrationsrecht ist sowieso schon drastisch verschärft, die Sicherheitsmaßnahmen extrem. Sogar der internationale Flughafen von St. Petersburg ist dicht: Von Mittwoch bis Freitag ist der reguläre Flugbetrieb eingestellt.