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Zlotowski: Kein Staatsstreich in Polen

Bernd Riegert13. Januar 2016

Die EU-Kommission habe keinen Grund, an der Rechtsstaatlichkeit in Polen zu zweifeln, meint der Europaabgeordnete Kosma Zlotowski von der regierenden PiS-Partei im DW-Interview.

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EU Polen Kosma Zlotowski Europaabgeordneter aus Polen Foto: Bernd Riegert
Bild: DW/B. Riegert

Nach ihrem Wahlsieg hat die neue Regierung in Polen im Eilverfahren die Arbeitweise des Verfassungsgerichts verändert und die öffentlich-rechtlichen Sender unter ihre direkte Kontrolle gestellt. Die EU-Kommission hat Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit dieser Schritte und am Mittwoch ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet.

Deutsche Welle: Herr Zlotowski, die Europäische Kommission stößt ein Verfahren an, um die Rechtsstaatlichkeit in Polen zu überprüfen. Was halten Sie davon? Ist das übertrieben?

Kosma Zlotowski: Das ist übertrieben. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür. So, wie ich das verstanden habe, haben die Kommissare eine erste Orientierungsdebatte geführt. Die Kommissare wollen wissen, was in Polen wirklich los ist. Denn das, was die Zeitungen schreiben, stimmt überhaupt nicht mit dem überein, was in Polen wirklich passiert.

Was passiert denn in Polen aus Ihrer Sicht. Es gibt ja starke Kritik an den neuen Verfahren für das Verfassungsgericht und am neuen Mediengesetz für die öffentlichen Medien. Ist die Kritik unbegründet?

Meiner Meinung nach ist das überhaupt unbegründet, denn alles, was geschieht, geschieht mit der demokratischen Mehrheit. Also, die heutige polnische Regierung hat das stärkste demokratische Mandat der letzten 25 Jahre. Es gibt keine Koalition. Unsere Partei hat die absolute Mehrheit. Das ist das erste und das zweite ist das Verfahren im Verfassungsgericht: Wir haben im Juni die Bürgerplattform (die damalige Regierungspartei) gewarnt, dass sie ihr Verfahren nicht anfangen soll. Sie hat aber damals ein Gesetz beschlossen, das die Wahl der Richter geändert hat. Sie haben fünf neue Richter gewählt, die alle eng mit der Bürgerplattform befreundet waren. Damit gab es in dem Gericht nur noch einen Richter, der nicht mit der Bürgerplattform verbunden war. Nur einer! Die 14 anderen waren von der Bürgerplattform. Wir haben damals gewarnt: Tut das nicht! Sie haben es getan, also machen wir jetzt etwas dagegen.

Also vollzieht Ihre Partei jetzt mit anderen Vorzeichen das, was die anderen auch gemacht haben?

Nein, das ist nicht so, dass wir das machen, was die anderen auch gemacht haben. Wir machen es besser, einfach besser.

Was glauben Sie, was ist der Grund dafür, dass die EU-Kommission sich Sorgen macht, wenn sie sich die Entwicklung in Polen anschaut. Wenn alles so wunderbar ist, wie Sie sagen, warum gibt es dann überhaupt Streit?

Das kommt daher, dass die neue Opposition, also die frühere Regierung, die Kommission alarmiert. Sie schlägt Alarm und die deutschen Korrespondenten in Polen lesen nur eine Zeitung. Das ist die "Gazeta Wyborcza". Die sieht die Situation in Polen sehr tragisch. Aber tragisch ist es eigentlich überhaupt nicht.

Warum reagieren polnische Politiker so empfindlich, wenn die Kritik ausgerechnet von deutschen Politikern kommt. Zum Beispiel hat der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, zufällig ein Deutscher, sehr harte Kritik geäußert. Warum ist das für Polen besonders schlimm?

Das ist skandalös, was er gesagt hat! Er hat gesagt, in Polen gebe es einen Staatsstreich. Staatsstreich bedeutet, dass der, der keine Macht hat, sich die Macht mit Gewalt nimmt. So ist es aber nicht. Wir haben demokratische Wahlen gewonnen. Und wir haben das Recht dazu, einfach zu regieren.

Gehört dazu auch, die Spitzen des staatlichen polnischen Fernsehens und Radios abzulösen auf diese Art und Weise?

Ja, denn es war so, dass alle Medien, öffentlich und privat, nur einen Standpunkt hatten und das war aus unserer Sicht ein Oppositions-Standpunkt. Die Regierung will, dass öffentlich auch über die Regierung gut informiert wird und nicht nur attackiert wird.

Was sind denn die nächsten Schritte aus Ihrer Sicht? Es gab Gerüchte, dass die Eigentumsverhältnisse bei den privaten Medien reformiert werden sollen. Es gibt ja viele ausländische Firmen, die private Medien in Polen betreiben.

Ja, die Eigentumsverhältnisse sollten unserer Meinung nach auch reformiert werden. Denn alle polnischen Lokalzeitungen werden zum Beispiel von deutschem Kapital beherrscht.

Wie soll das geschehen? Soll man die enteignen oder die Anteile zurückkaufen?

Na, zurückkaufen natürlich.

Kosma Zlotowski (52) ist seit 2014 Europaabgeordneter. Er gehört der Partei "Recht und Gerechtigkeit" an, die im Europaparlament zur nationalkonservativen Fraktion gehört. Zlotowski war Abgeordneter im polnischen Parlament und hat den 1990er Jahren als Fernsehjournalist gearbeitet.

Das Interview führte Bernd Riegert.