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Wohlstand durch Freihandel?

Manuela Kasper-Claridge (z. Zt. München)15. Mai 2014

Beim Munich Economic Summit wird der Wert des freien Handels für die Weltwirtschaft diskutiert. Rund 200 Experten sind aus 20 Ländern angereist, um das Erbe des Bali-Abkommens kritisch zu hinterfragen.

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Eingang zum Munich Economic Summit 2014. Foto: Presse IfO
Bild: Presse IfO

Der Welthandel ist heute so günstig wie selten zuvor: Ein Schiffscontainer gefüllt mit 1800 Laptops, der über den Atlantik geschickt wird, kostet rund 2500 US-Dollar - nur 1,40 US-Dollar Frachtkosten pro Laptop. Und das ist nur eines von mehreren Beispielen, die Hans-Werner Sinn, Chef des Ifo-Institut, in München zitiert.

Teilnehmer aus 20 Ländern sind auf Einladung des Ifo-Instituts und der BMW-Stiftung zum Munich Economic Summit gekommen, um bis Freitagabend (16.05.2014) über den freien Welthandel zu diskutieren. Freier Welthandel und Wohlstand sind eng miteinander verknüpft, so der Tenor.

Karl-Ernst Brauner, WTO. Foto: Presse Ifo
Verteidigt das Bali-Abkommen: Karl-Ernst Brauner, WTOBild: Presse IfO

Sinn verweist auf eine Studie, wonach das Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland um 50 Prozent geringer wäre, wenn es keinen Zugang zu internationalen Märkten gäbe.

"Das Erstaunliche ist doch, dass ein Land, das so sehr vom Welthandel profitiert wie Deutschland, so viele Kritiker des freien Welthandels hat", so der Ifo-Chef. Der Anteil der 28 Länder der Europäischen Union an der Weltbevölkerung beträgt nur 7,2 Prozent, ihr Exportanteil aber liegt bei 17,2 Prozent. Das wird aber nicht so bleiben, wenn sich die Europäer eher abschotten als öffnen. Darin sich die Diskutanten auf dem Podium in München einig.

Konferenzraum des Munich Economic Summit 2014. Foto: Presse IfO
200 Experten aus 20 Ländern treffen sich in MünchenBild: Presse IfO

Bali - ein Flop?

"Eine Liberalisierung des Welthandels ist dringend nötig", betont Nakgyoon Choi, Experte für Wirtschaftspolitik aus Südkorea. Er kommt aus einem Land, das wie Deutschland stark vom Export abhängig ist.

Doch wie erfolgreich und sinnvoll sind Handelsabkommen in der Realität? Für Diskussionsstoff sorgt der Ökonom Paul Donovan von UBS Investment in London. Er kritisiert das vielfach als "historisch" bezeichnete Abkommen, das im Dezember des vergangenen Jahres auf Bali geschlossen wurde.

Nakgyoon Choi aus Südkorea Foto: Presse Ifo
"Nötige Liberalisierung": Nakgyoon Choi aus SüdkoreaBild: Presse IfO

Darin geht es um Erleichterungen im globalen Handel und um Subventionsanbau bei Agrarprodukten. Indien hatte sich lange geweigert, der Forderung nach einer Befristung der Agrarsubventionen im eigenen Land nachzukommen. Am Ende wurde ein Kompromiss geschlossen, wonach unter bestimmten Bedingungen Agrarhilfen weiter möglich sind.

"Bali ist doch von den Finanzmärkten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen worden. Bali ist die Vereinbarung, die 'nicht passiert' ist", sagt Donovan provozierend.

Da regt sich Widerstand, und die Emotionen kochen hoch. "Die Vereinbarungen in Bali waren sogar ein wichtiges Diskussionsthema im indischen Wahlkampf", betont Karl-Ernst Brauner, der stellvertretende Generalsekretär der Welthandelsorgansation (WTO), der bereits qua Funktion als Advokat für einen liberalisierten Welthandel eintritt.

Konferenzraum des Munich Economic Summit 2014. Foto: Presse IfO
Unter einer Kristallkuppel wird der Beitrag des Welthandels zum Wohlstand diskutiertBild: Presse IfO

Wachsender Wohlstand?

Die Experten in München werden bis Freitag intensiv diskutieren. Freier Handel gleich wachsender Wohlstand, dieser Formel will nicht jeder folgen. Spätestens seit der Finanzkrise wurde vielen klar, welchen Schaden fehlende Regeln anrichten können. Besonders jene Wirtschaftsexperten, die aus den Schwellen- und Entwicklungsländern nach München angereist sind, sehen die Dominanz der Amerikaner und Europäer in den Verhandlungen kritisch.

Ein Chinese bringt es auf den Punkt: "Es gibt ein großes Ungleichgewicht im internationalen Handel", sagt William Zhang von der China Elderly Foundation, einem großen Pensionsfund. "Seien wir doch ehrlich: Industrieländer wollen Mechanismen, die sie schützen und ihren Status verbessern. Entwicklungsländer aber wollen ihren zerbrechlichen internen Markt bewahren."

Das müsse allerdings nicht das Ende der Geschichte sein, betont Zhang mit einem Lächeln. Am Ende würden doch alle vom liberalisierten Welthandel profitieren. Allerdings sei der erzielte Wohlstand leider sehr ungleich verteilt.