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Europa und Afrika debattieren Freihandel

Sarah Steffen31. März 2014

Wenn sich die afrikanischen und europäischen Staatschefs zum EU-Afrika-Gipfel treffen, wird auch das sperrige Thema Wirtschaftspartnerschaften auf den Tisch kommen. Doch eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht.

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Nkosazana Dlamini-Zuma in Berlin
Bild: picture-alliance/dpa

Wer kommt, wer bleibt zu Hause? Vor allem die Frage, welche Staats- und Regierungschefs eingeladen wurden und welche kommen werden, dominiert bisher die Berichterstattung über den EU-Afrika-Gipfel in den kommenden Tagen (02./03.04.2014) in Brüssel. Eritrea etwa wurde wegen der gravierenden Menschenrechtsverletzungen im Land gar nicht erst eingeladen. Simbabwes umstrittener Staatschef Robert Mugabe durfte zwar, wollte aber nicht kommen, da seine Frau kein Visum für Belgien bekommen habe. Zuletzt verkündete Südafrikas Präsident Jacob Zuma laut Medien seines Landes, dass er aus Ärger über solche europäischen Einmischungen in die Zusammensetzung der afrikanischen Delegation das Treffen ebenfalls boykottieren werde.

Der Eindruck aber, beim vierten EU-Afrika-Gipfel gehe es vor allem um Formalitäten, täuscht. Das offizielle Motto "Investieren in Menschen, Wohlstand und in Frieden" lässt zwar Raum für allgemeine Reden und Diskussionen zu fast jedem Thema. Vor allem mit den umstrittenen Abkommen zu Wirtschaftspartnerschaften (EPA) zwischen der EU und vielen afrikanischen Staaten steht aber ein konkretes Thema an, um das sich die Gipfelteilnehmer kaum herumdrücken können. Solche Abkommen zur weitgehenden gegenseitigen Marktöffnung fordert die EU seit Jahren von den ärmsten Ländern der Welt im Gegenzug für europäische Zollerleichterungen.

Porträt von Südafrikas Präsident Jacob Zuma, Foto: REUTERS/Siphiwe Sibeko
Südafrikas Präsident Jacob Zuma hat die Einladung nach Brüssel ausgeschlagenBild: Reuters

Frist bis Oktober 2014

"Seit 2000, seit der berühmten Doha-Runde, gibt es das Angebot der Europäischen Union, das auch von der Welthandelsorganisation akzeptiert ist, an die 40 ärmsten Länder der Welt - darunter sind 33 afrikanische Länder - dass sie alles, was sie zu exportieren haben, zollfrei nach Europa importieren können", erklärt Francisco Mari, Referent für Agrarhandel und Fischerei des Evangelischen Entwicklungsdienstes Brot für die Welt. Das schließe alle Länder ein, die weniger als 500 US-Dollar Pro-Kopf-Jahreseinkommen haben.

Diese Länder sollen aber nun ebenfalls ihre Märkte für EU-Produkte öffnen. Im Oktober läuft die von der EU gesetzte Frist für die betroffenen Staaten aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik (AKP) ab. Bis dann müssen sie die von Europa vorgeschlagenen EPAs mit den darin enthaltenen Freihandelsklauseln abschließen. Andernfalls wird die EU anfangen, Zölle für Produkte aus diesen Ländern zu erheben.

Bislang haben nur vier afrikanische Länder die Abkommen ratifiziert. Regierungen scheuen die Konsequenzen einer weitgehenden Marktöffnung für EU-Produkte und haben eine Entscheidung solange wie möglich vor sich her geschoben. "Sie müssen die EPAs ins politische Zentrum rücken", sagt Jack Mangala, Professor der Politikwissenschaft und Afrika-Studien an der Grand Valley State University im US-Bundesstaat Michigan. "Die afrikanischen Staatschefs sollten sich wirklich die politischen Auswirkungen vor Augen führen, wenn sie es nicht schaffen, diese EPAs vor der Oktober-Frist abzuschließen", sagt Mangala. "Ich denke, beide Seiten haben ein Interesse daran, diese Abkommen abzuschließen."

North Mara Gold Mine in Tansania Foto: DW/Julia Hahn
Afrikas Rohstoffe wecken Begehrlichkeiten in EuropaBild: DW/J. Hahn

Wettbewerb der Industriestaaten um Afrika

Ziel der EU ist, nachdem sie ihren Markt bereits aus entwicklungspolitischen Gründen geöffnet hat, im Gegenzug auch eine Marktöffnung in den afrikanischen Ländern zu bekommen. Das böte europäischen Unternehmen Vorteile gegenüber Wettbewerbern aus anderen Kontinenten. "Die Europäer wollen natürlich ihre Maschinen, ihre Ersatzteile in Afrika verkaufen. Und dafür soll es keinen Zoll geben, damit sie besser dran sind als die Chinesen oder die Amerikaner, bei denen noch Zoll dazukommt", sagt Mari. Neben Investitions- und Absatzmöglichkeiten seien es vor allem Afrikas Rohstoffe, die Begehrlichkeiten wecken.

Nach den Vorstellungen der EU soll die gegenseitige Marktöffnung nicht nur für Waren, sondern auch für Dienstleistungen gelten, etwa für Banken, Versicherungen und Beratungsfirmen. Würde zum Beispiel der Bau eines Krankenhauses ausgeschrieben, müsste diese Ausschreibung dann auch EU-weit gelten, erklärt Mari. Die entsprechenden Branchen seien in Afrika nicht so weit wie in Europa entwickelt und daher nicht konkurrenzfähig.

Auch wenn die Zeit drängt - ein Durchbruch sei auf dem Brüsseler Gipfel noch nicht zu erwarten, sagt Alex Vines, Afrika-Direktor des britischen Thinktanks Chatham House. "Afrika ist in dieser Frage auch gespalten." Die Abkommen würden vermutlich im Schlussdokument genannt. Die wirklich harten Verhandlungen werden aber erst nach dem Gipfel folgen.

Slum Schule in Nairobi Kenia, Foto: DW/Andreas Stahl
Über Jugend und Bildung wollen die Staats- und Regierungschefs in Brüssel unter anderem redenBild: DW/A. Stahl

Noch nicht auf Augenhöhe

Laut Mari wird Afrika auf diesem Gipfel selbstbewusster auftreten, da Afrika nicht mehr ausschließlich auf die EU als Partner angewiesen sei. Inzwischen hätten sich China, Südkorea und die USA als Alternativen bewiesen, wenn es um wirtschaftliche Entwicklung geht.

"Wenn man sich die Kräfteverhältnisse zwischen Europa und Afrika anschaut, ist es klar, dass es keine Partnerschaft auf Augenhöhe ist und das auch noch lange nicht sein wird", sagte Mangala. "Aber das ist immerhin das Ziel: Das, was traditionell eine Beziehung zwischen einem Geber und einem Empfänger war, in eine gleichwertige Partnerschaft umzuwandeln. Aber noch sind wir nicht da."