Extremwetter trifft vor allem Entwicklungsländer
2. Dezember 2014Mit Böen von bis zu 350 Stundenkilometer fegte Taifun Haiyan am 8. November 2013 über die Philippinen. Es war der stärkste Taifun, denen die Menschen auf dem Inselstaat jemals ausgesetzt waren. Mehr als 6000 von ihnen kamen bei der Katastrophe ums Leben. Viele der Bewohner haben bis heute kein dauerhaftes Dach über dem Kopf - sind mit dem Wiederaufbau beschäftigt.
Der Sturm hat Verzweiflung und Trauer über das Land gebracht. Und er hat dazu geführt, dass der Inselstaat einen freudlosen ersten Platz errungen hat: als das Land, dass 2013 weltweit am stärksten von Wetterextremen getroffen wurde. Platz zwei und drei im neu veröffentlichten "Klima-Risiko-Index 2015" belegen Kambodscha und Indien. Weiter folgen Mexiko, St. Vincent und die Grenadinen, Pakistan, die Demokratische Volksrepublik Laos, Vietnam, Argentinien und Mosambik.
Verwundbarkeit der Staaten
Bereits seit neun Jahren veröffentlicht die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch ihr Ranking. Als Untersuchungsgrundlage für den Index dienen die Anzahl der Menschen, die bei Extremwetterereignissen ums Leben kamen und die direkten ökonomischen Verluste innerhalb eines Landes.
Sönke Kreft gehört zu den Autoren der Studie. Er ist Teamleiter bei Germanwatch im Bereich Internationale Klimapolitik: "Der Klima-Risiko-Index unterstreicht, wie wichtig es ist, die Erwärmung unter zwei Grad zu halten, um noch weit größere Katastrophen zu vermeiden", sagt er und spielt damit auf das sogenannte "Zwei-Grad-Ziel" an - das politische Ziel, die globale Erderwärmung auf weniger als zwei Grad gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen.
Und so ist es natürlich kein Zufall, dass Germanwatch die Studie ausgerechnet am zweiten Tag des Weltklimagipfels in Lima (2.12.2014) der Öffentlichkeit präsentiert. "Es gilt den Klimawandel so zu begrenzen, dass nicht ständig neue Rekordkatastrophen zu erwarten sind", appelliert Sönke Kreft. Die Studie selbst ist allerdings deutlich vorsichtiger dabei, einen direkten Zusammenhang zwischen Extremwetterereignissen und den Folgen des Klimawandels zu ziehen. Schließlich erlaube die Auswertung der Daten keine Aussagen darüber, welchen Einfluss der Klimawandel an den Extremwetterereignissen habe, heißt es dort. Ziel der Publikation sei es vielmehr "ein Bild der Verwundbarkeit der Staaten" zu zeichnen.
Arme Staaten am meisten gefährdet
Und so sind es ausgerechnet die ärmsten Staaten unserer Erde, die auch in diesem Punkt besonders verwundbar erscheinen: Neun der zehn Länder, die von Naturkatastrophen besonders heimgesucht werden, sind nach dem sogenannten Langfristindex (1994-2013) Entwicklungsländer - und zwar solche mit niedrigem oder niedrig-mittleren Pro-Kopf-Einkommen.
Konkret wurden Honduras, Myanmar und Haiti als die meistbetroffenen Länder des langfristigen Klima-Risiko-Index ermittelt. Ihnen folgen Nicaragua, die Philippinen, Bangladesch, Vietnam, die Dominikanische Republik, Guatemala und Pakistan. "Der Index zeigt, dass Lateinamerika und die Karibik - also die Gastgeberregion der aktuellen Weltklimakonferenz - besonders von heftigen Wetterereignissen betroffen sind", kommentiert Werner Kreft seine Studie. Und wohl in Richtung Politik fügt er hinzu: "Wir erhoffen uns, dass die Ergebnisse des Index das Problembewusstsein für Klimaschutz und -anpassung in Lateinamerika weiter steigern."
Jahrhundertflut lässt Deutschland im Ranking steigen
Zwischen 1994 und 2013 starben weltweit mehr als 530.000 Menschen bei Extremwetterereignissen. Und es ist nicht so, als gehe die Industriestaaten das alles nichts an: Auch Hunderttausende Menschen in Deutschland haben bei der "Jahrhundertflut" 2013 erlebt, was es heißt, einer Naturgewalt ausgesetzt zu sein - auch wenn sich das Leid der Menschen entlang der Elbe kaum mit den Tausenden von Toten auf den Philippinen messen lässt. Die materiellen Schäden in Deutschland beliefen sich jedoch auf mehr als zehn Milliarden Euro. Und so nimmt Deutschland für das Jahr 2013 im Klima-Risiko-Index den 32. Platz ein.