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Politik

Verschleierungsverbote in Europa

Marco Müller
1. August 2019

Nach jahrelangem, erbittertem Streit ist in den Niederlanden ein eingeschränktes Verhüllungsverbot in Kraft getreten. Andere europäische Länder haben ähnliche Vorschriften bereits seit vielen Jahren. Eine Übersicht.

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London Protest vor französischer Botschaft Frau mit Niqab
Bild: Reuters/S. Wermuth

Die sogenannten Verhüllungsverbote beziehen sich meist generell auf Kleidungsstücke, die das Gesicht stark verdecken, also auch auf Masken oder bestimmte Helme. Vornehmlich richten sie sich aber gegen das Tragen religiöser verhüllender Kleidungen wie Nikab oder Burka. Darum wird ein Verhüllungsverbot häufig auch als Burka-Verbot bezeichnet. 

Die Burka ist ein Ganzkörper-Schleier, bei dem die Augen meist hinter einer Art Gitter verborgen sind. Der Nikab ist ein Gesichtsschleier, bei dem die Augen nicht bedeckt sind.

Nachfolgend eine Aufstellung europäischer Länder mit Verhüllungsverboten:

Niederlande mit eingeschränktem Verbot

Wer in den Niederlanden in Ämtern, Krankenhäusern und im Nahverkehr "gesichtsbedeckende Kleidung" trägt, muss seit dem 1. August 2019 mit einer Geldstrafe von mindestens 150 Euro rechnen. Das Verbot gilt nicht nur für Burkas und Schleier, sondern auch etwa für Integralhelme oder Sturmhauben. Ob es durchgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt - mehrere Städte kündigten an, sie würden sich nicht daran halten.

Der Regelung ging eine 14-jährige Debatte voraus. 2005 stimmte das Parlament überraschend einem Antrag für ein totales Burkaverbot des Rechtspopulisten Geert Wilders zu. Ein Gesetzentwurf für ein eingeschränktes Verbot wurde erst 2016 verabschiedet. Viele Niederländer sehen den Vorstoß als reine Symbolpolitik: Wie die Tageszeitung "De Volksgrant" meldet, tragen in dem Land mit gut 17 Millionen Einwohnern geschätzt zwischen 200 und 400 Frauen regelmäßig eine Burka oder einen Nikab.

Deutschland: im Verkehr verboten

In Deutschland wird seit langem über ein Verschleierungsverbot diskutiert. Zuletzt hat dies die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) immer wieder gefordert. Dies trifft jedoch auf verfassungsrechtliche Bedenken, da das Grundgesetz hohe Hürden für eine Einschränkug der Religionsfreiheit vorsieht. Seit 2017 ist es zumindest beim Fahren eines Fahrzeugs im Straßenverkehr verboten, das Gesicht zu verhüllen oder zu verdecken. Seitdem ist es auch Soldatinnen und Richterinnen im Dienst nicht gestattet, ihr Gesicht zu verhüllen. Ganz neu ist eine Gesetzesinitiative aus dem Justizministerium: sie sieht vor, dass künftig alle an einer Gerichtsverhandlung beteiligten Personen unverschleiert sein müssen.

Dänemark: hohe Geldstrafen für Wiederholungstäter

Seit dem 1. August 2018 ist die Vollverschleierung in Dänemark verboten. Ende Mai 2018 hatte das dänische Parlament mit 75 Ja-Stimmen zu 30 Gegenstimmen das Gesetz auf den Weg gebracht. Wer sich nicht daran hält, muss mit Geldstrafen von bis zu umgerechnet 135 Euro rechnen, im Wiederholungsfall kann sich die Geldstrafe verzehnfachen.

AGesVG in Österreich

Österreich verbietet die Gesichtsverhüllung seit Oktober 2017 mit dem AGesVG, so die etwas kastige Abkürzung für "Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz". Laut Gesetz müssen die Gesichtszüge vom Kinn bis zum Haaransatz in der Öffentlichkeit erkennbar sein. Sind sie es nicht, droht eine Geldstrafe von bis zu 150 Euro.

Bulgarien mit Ausnahmen

Wie die Niederlande hat auch Bulgarien das Verhüllungsverbot 2016 eingeführt. Auch hier gibt es bei Nichtbeachtung Geldstrafen, die allerdings mit bis zu 750 Euro höher ausfallen können. Und auch hier gilt es nicht überall. So gibt es Ausnahmen für Sport, Beruf und Gebetshäuser.

Belgien

Seit Juli 2011 gilt auch in Belgien das Verbot, sein Gesicht in der Öffentlichkeit zu verhüllen. Wer sich nicht daran hält, muss mit Geldstrafen oder Haftstrafen von bis zu sieben Tagen rechnen. Ähnlich wie in anderen Ländern betrifft das Verbot eine recht geringe Zahl von Menschen. Nach Schätzungen gibt es in Belgien rund 300 Burka- oder Nikab-Trägerinnen - bei einer Million Muslime im Land.

Vorreiter Frankreich

Frankreich hat als erstes europäisches Land das öffentliche Tragen von Burka und Nikab verboten. Das Verbot gilt seit April 2011. Um keine Vorwürfe von Diskriminierung aufkommen zu lassen, bezieht sich der Gesetzestext bewusst nicht explizit auf religiöse Schleier und wurde daher offener formuliert: "Niemand darf im öffentlichen Raum ein Kleidungsstück tragen, das dazu dienst, das Gesicht zu verhüllen."

An Schulen ist zudem bereits seit 2004 das Tragen jeglicher religiöser Kleidung verboten - also auch das Tragen eines Kopftuchs. Übrigens ist auch in Frankreich die Zahl der vom Nikab- oder Burka-Verbot betroffenen Personen übersichtlich, da es unter den fünf Millionen Muslimen im Land schätzungsweise nur etwa 2000 Vollverschleierte gibt.

Diskussionen in anderen Ländern

Vier verschleierte Frauen sitzen auf einem Mäuerchen (Foto: picture alliance/dpa/U. Deck)
Vollverschleierte Personen in Pforzheim (2014)Bild: picture alliance/dpa/U. Deck

In vielen europäischen Ländern gab oder gibt es Diskussionen um ein Verhüllungsverbot, darunter Schweiz, Estland, Lettland, Litauen und Norwegen. In Spanien gab es lokale Verschleierungsverbote in Teilen Kataloniens, die Gerichte wieder aufgehoben haben. In Italien gibt es keine Diskussion um ein Verbot der Vollverschleierung, da es dort bereits seit den 1970er Jahren ein generelles Verbot gibt, Kleidung zu tragen, die die Identifizierung erschwert.