Löw - vom Rücktritt beflügelt
25. März 2021So viel Aufregung vor einem WM-Qualifikationsspiel hat wohl auch Joachim Löw in seiner Karriere nur selten erlebt: Ein positiver Covid-19-Test bei Jonas Hofmann hatte am Vormittag für einige Unruhe bei den Verantwortlichen gesorgt. Wenige Stunden später gab das Gesundheitsamt der Stadt Duisburg dann aber grünes Licht. Löws Auftakt zur Abschiedstournee durfte also planmäßig über die Bühne gehen.
Und wie sich das für einen ordentlichen (Abschieds-)Tourneestart gehört, gaben die Akteure auf dem Platz und auf der Trainerbank ihr Bestes. "Es war ein dynamischer, schwungvoller Auftakt von unserer Mannschaft", sagte Löw, der vor einigen Tage seinen Rücktritt nach der EM im Sommer bekanntgegeben hatte. "Wir wollten von Anfang an ein Zeichen setzen und zeigen, dass wir einen guten Auftakt haben wollten. Das hat die Mannschaft vor allem in der Anfangsphase sehr gut gemacht. Insgesamt kann man zufrieden sein", lobte der Bundestrainer.
Qualität im Mittelfeld begeistert
Löw, der vor der Partie bereits angekündigt hatte das "Maximum" aus seiner Elf herausholen zu wollen, ließ seinen Worten Taten folgen: Mit Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Ilkay Gündogan sowie Leroy Sané und Serge Gnabry auf den Flügeln schickte der Bundestrainer das wohl derzeit beste Mittelfeld der Welt auf den Platz.
Schnell, direkt, kompromisslos vor dem Tor - ganz so dürfte sich der 61-Jährige das vorgestellt haben. Seine Mannschaft zeigte nach langer Zeit mal wieder eine starke Leistung und dominierte das Duell gegen Island fast nach Belieben. "Das Mittelfeld war sehr, sehr gut unterwegs. Extrem ballsicher, extrem häufig anspielbar, sie haben alle Angriffe inszeniert", stellte Löw seinen Akteuren ein gutes Zeugnis aus. "Es war wahnsinnig wichtig, dort solche Spieler zu haben. Das war ein Pfund für uns, was sich positiv auf das ganze Spiel ausgewirkt hat. Ilkay, Joshua und Leon haben das klasse gemacht."
Auch die in der Vergangenheit oft kritisierte Defensive agierte sicher und ließ sich durch die wenigen Vorstöße der Gäste nicht aus der Ruhe bringen. Besonders auffällig: Die Spieler kommunizierten lautstark miteinander. Ganz so wie der Bundestrainer es tags zuvor angekündigt hatte. "Wir werden eine andere Kommunikation auf dem Platz haben. Jeder in den verschiedenen Mannschaftsteilen braucht klare Anweisungen und eine klare Kommunikation", hatte Löw gesagt. Seine Botschaft schien im Team angekommen zu sein.
Löw: "Voller Fokus auf die EM"
Löw selbst war vor der Partie gegen Island ungewohnt energisch vorangegangen und hatte die Marschrichtung für seine letzten Spiele als Trainer vorgegeben. "Ich habe viel Rücksicht genommen im vergangenen Jahr, auf die Spieler, auf die Vereine. Wir können keine Rücksicht mehr nehmen", sagte Löw und ergänzte: "Für mich gilt: volle Konzentration, voller Fokus auf die EM."
Seit seiner Rücktrittsankündigung wirkt Löw deutlich motivierter und engagierter als bei den vergangenen Länderspielen. Zum Abschluss seiner Trainerkarriere beim DFB will der Weltmeister-Coach von 2014 noch einmal zeigen, was er kann. Der 3:0-Sieg gegen Island war der 121. Erfolg der DFB-Elf unter Chef-Trainer Löw. Insgesamt stand der 61-Jährige zum 190. Mal an der Seitenlinie - die Statistik spricht für sich. Und Löw würde seine Bilanz auf den letzten Metern gerne noch etwas aufhübschen - am liebsten natürlich mit einem weiteren Titel.