1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wird das Coronavirus auch über Kot übertragen?

5. Februar 2020

Mediziner befürchten, dass es neben einer Tröpfchen-Infektion einen zusätzlichen Übertragungsweg über den Verdauungstrakt gibt. Auch bei der SARS-Epidemie war das so.

https://p.dw.com/p/3XEZF
Klobürste
Bild: Colourbox

Bislang wurde angenommen, dass das neuartige Coronavirus 2019-nCoV hauptsächlich durch eine Tröpfchen-Infektion von Mensch zu Mensch übertragen wird. Forscher des Shi Zhengli-Labors am Wuhan-Institut für Virologie haben jetzt allerdings genetische Spuren des Coronavirus in Stuhlproben von infizierten Patienten gefunden, was möglicherweise auf einen zusätzlichen Übertragungsweg hinweist.

Bestätigt wurden die Erkenntnisse der chinesischen Forscher auch von US-Kollegen: Genetische Spuren des neuen Coronavirus wurden auch im Stuhl eines 35-jährigen Mannes aus den USA gefunden, der kürzlich von einer Reise nach Wuhan zurückgekehrt war.

Das Vorhandensein der Ribonukleinsäure des neuartigen Coronavirus deutet darauf hin, dass die Krankheit im Stuhl weiter existieren kann, sagte die Gesundheitskommission von Shenzhen am Samstag in einer Erklärung.

Ribonukleinsäure (RNA) ist ein Biomolekül, das bei bestimmten Virentypen die Erbinformation trägt, also die materielle Basis der Gene. 

Schild einer Herren- und Damentoilette
Alle Toiletten, die Infizierte oder möglicherweise Infizierte benutzt haben, müssen sorgfältig desinfiziert und gelüftet werdenBild: imago/eyevisto

Bei bestimmten Viren-Erkrankungen (Nota- bzw. Noroviren) werden die Erreger in kleinsten Spuren von Stuhlresten oder Erbrochenem von Erkrankten an den Händen weitergetragen. Von der Hand gelangen die Viren leicht in den Mund. 

Möglich ist auch in seltenen Fällen eine Ansteckung über verunreinigtes Wasser oder Lebensmittel, auf denen Erreger haften. Im eingetrockneten Stuhl bleiben solche Viren über mehrere Tage ansteckend. Im Wasser überleben sie sogar mehrere Wochen. 

Auch bei SARS gab es Übertragungen durch menschliche Ausscheidungen

Aufhorchen ließ auch die Information der staatliche Nachrichtenagentur Xinhua, dass einige Patienten neben den üblichen Symptomen auch Durchfall bekommen haben.

Die chinesischen Forscher sind auch deshalb alarmiert, weil es eine ähnliche Beobachtung 2003 beim schweren akuten Atemwegssyndrom (SARS) gab, einem verwandten Typ des Coronavirus.

Hongkong Tram Straßenbahn
Binnen weniger Tage breitete sich SARS 2003 von Hongkong zur Pandemie aus. Bild: Getty Images/AFP/P. Parks

Übertragen wurde das SARS-CoV durch das Einatmen von infektiösen Tröpfchen (Husten, Niesen), durch den Kontakt mit Blut oder Ausscheidungen von infizierten Personen (Stuhl, Urin, Erbrochenes, Schweiss, etc.) sowie durch die Einnahme von Wasser oder Nahrungsmitteln, die mit Kot oder Sekreten verunreinigt waren.

Die Weltgesundheitsorganisation stellte damals fest, dass das Virus im Kot infizierter Menschen mit Durchfall bis zu vier Tage lang stabil blieb. Dies trug dazu bei, dass eine beträchtliche Viruslast in ein marodes Abwassersystem geleitet wurde, was maßgeblich zur Verbreitung der Krankheit beitrug. 

Desinfizieren und lüften!

Zhang Qiwei, Professor an der School of Public Health der Southern Medical University in Guangzhou, warnte zudem davor, dass sich das Virus durch die Toilettenspülung in kleinsten Luftpartikeln (Aerosolen) verbreiten könnte.

Um eine fäkal-orale Übertragung auszuschließen, müssten alle Toiletten, die ein Infizierter oder ein möglicherweise Infizierter benutzt hat, sorgfältig desinfiziert und gelüftet werden, sagte Zhang den Beijing News. Krankenhauspersonal und Betroffene müssten sich sorgfältig schützen, hieß es in der South China Morning Post, der führenden Zeitung aus Hongkong. Die jüngsten Meldungen unterstrichen einmal mehr die Notwenigkeit, die Hände regelmäßig und mit Seife zu reinigen.

China: Angst vor weiteren Fällen des Coronavirus
Nicht nur medizinisches Personal sollte die verschärften Hygieneregeln beachtenBild: Imago/W. Quanchao

Weitere Untersuchungen sollen nun klären, ob das Virus tatsächlich im Verdauungstrakt existieren und auch durch den Kot übertragen werden kann. 

"Wir brauchen weitere epidemiologische Untersuchungen, um zu bestätigen, dass das Virus durch den Kot übertragen wird oder durch die Bildung von Aerosolen durch virushaltige Tröpfchen erneut übertragen wird", sagte Feng Luzhao, ein Forscher des Chinesischen Zentrums für Krankheitskontrolle und -prävention auf der täglichen Pressekonferenz der Nationalen Gesundheitskommission. 

 

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund