Wirbelsturm "Harvey" wird wohl noch teurer
4. September 2017Der Sturm "Harvey" hat nach einer Schätzung von Greg Abbott damit einen Schaden angerichtet, der deutlich höher liegt als die Kosten, die der Sturm "Katrina" 2005 in New Orleans und dem Südosten der USA verursachte. Dort entstand damals ein Schaden von mehr als 120 Milliarden Dollar. Auch die Zerstörungen des Wirbelsturm "Sandy" in New York seien 2012 geringer gewesen, sagt der texanische Gouverneur dem Fernsehsender Fox News.
Bereits am Freitag hatte das Weiße Haus beim Kongress in zwei Stufen erste Hilfsgelder in Höhe von rund 14,5 Milliarden Dollar (12,2 Milliarden Euro) beantragt. Ein Großteil davon soll in den ausgeschöpften Topf der Behörde für Katastrophenmanagement (Fema) fließen. Die Summen gelten jedoch nur als eine Art Anzahlung: Nach Schätzungen könnten die Hilfen, die aus Washington benötigt werden, die 100-Milliarden-Dollar-Marke überschreiten. Allerdings könnte sich die Freigabe der ersten Tranche verzögern, wenn es nicht gelinge, die Schuldenobergrenze anzuheben, sagte Finanzminister Steve Mnuchin. Diese Grenze wird im laufenden Monat erreicht. Trump hatte die Region am Samstag besucht und Hilfen angekündigt.
185.000 Häuser beschädigt
Der stärkste Wirbelsturm in Texas seit 50 Jahren hatte die Öl-Metropole Houston verwüstet. Mindestens 47 Menschen kamen ums Leben. Mehr als eine Million Menschen waren vor "Harvey" in Sicherheit gebracht worden, Zehntausende Bürger sind wegen der enormen Schäden an ihren Häusern obdachlos. Der Sender ABC zitierte die texanische Behörde für Katastrophenmanagement mit der Schätzung, dass insgesamt mindestens 185.000 Häuser ganz oder teilweise beschädigt worden seien.
Zeitweise standen nach Angaben der Behörden 70 Prozent der Region um Houston 45 Zentimeter oder mehr unter Wasser. Die Wassermassen haben die Trinkwasserversorgung in vielen Gebieten zum Erliegen gebracht. Die Furcht vor Krankheiten ist groß. Ein Viertel der Raffinerie-Kapazitäten der USA wurden geschlossen. Am Wochenende begann das große Aufräumen. Erste Raffinerien nahmen den Betrieb wieder auf. In vielen Regionen dürfte es aber noch lange dauern, bis die Wassermassen abgeflossen sind.
Für Sonntag hatten Trump und Abbott zu einem nationalen Tag des Gebetes für die Flutopfer aufgerufen. Der Präsident selber nahm in Washington an einem Gottesdienst teil. In einer Vorabendmesse wenige 100 Meter von der größten Notunterkunft in Houston entfernt wies Pater Paul Felix in seiner Predigt darauf hin, dass die Katastrophe die Menschen zusammengebracht habe. Bei allem Schmerz sei es ermutigend gewesen, "das Ausmaß der Güte und Selbstlosigkeit" zu sehen, das sich vor dem Hintergrund der Tragödie entfaltet habe. Felix betete zugleich, "dass Gott uns und unsere Häuser" von weiteren Zerstörungen während der Hurrikan-Saison verschonen möge. Diese Saison dauert im Atlantik noch bis Ende November. Im August und September ist üblicherweise der Höhepunkt.
Arkema will Chemikalien abfackeln
Unterdessen teilte das Unternehmen Arkema mit, es wolle in seiner überschwemmten Chemiefabrik in Texas die restlichen gefährlichen Chemikalien gezielt abbrennen. Ohne eine Verbrennung der Produkte könne nicht sichergestellt werden, dass "die Gefahr komplett beseitigt" sei. Die Chemikalien würden sich zersetzen, seien aber weiter entflammbar. Daher sei in Zusammenarbeit mit den Behörden beschlossen worden, die Chemikalien gezielt in Brand zu setzen. Für die Anwohner bestehe keine zusätzliche Gefahr.
In der Fabrik in Crosby nordöstlich von Houston war es am Donnerstag zu Explosionen gekommen, weil wegen der Überschwemmungen durch den Sturm "Harvey" das Kühlsystem ausgefallen war. In der Fabrik lagert organisches Peroxid, das unter anderem für die Herstellung von Plastik gebraucht wird und extrem leicht entflammbar ist. Nach Angaben von Arkema kann der Rauch Augen-, Haut- und Atemwegsreizungen verursachen.
Insgesamt befanden sich neun Container mit rund 225 Tonnen organischen Peroxids auf dem Gelände der Fabrik des französischen Konzerns Arkema, von denen zwei bereits brannten. Hunderte Anwohner im Umkreis von 2,4 Kilometern mussten das Gebiet verlassen.
Nächster Sturm im Anmarsch?
Während sich die Wassermassen in den meisten Teilen von Ost-Texas nach und nach zurückziehen, hat sich im Atlantik ein neuer starker Wirbelsturm zusammengebraut. Vorläufig ist jedoch völlig unklar, ob "Irma" eine Gefahr für das US-Festland darstellen wird. Am Sonntag war der Hurrikan, dessen Stärke in die drittstärkste von fünf Kategorien eingeordnet wird, noch 1600 Kilometer von den Kleinen Antillen entfernt. Das Hurrikan-Zentrum in Miami erwartete, dass der Sturm bei seinem weiteren Zug über das Wasser weiter an Stärke zulegt. Ob er die Region am Golf von Mexiko oder die US-Küste ansteuern wird, dürfte erst gegen Ende der Woche klarer sein.
kle/ml (rtr, dpa)