Wie Microsoft Google angreifen will
5. Mai 2006"Das sind sicher noch frühe Tage in dieser Internet-Welt. Ich glaube, dass nur zwei oder drei Unternehmen wirklich die Infrastruktur anbieten können, die benötigt wird, um mit den Anforderungen von Nutzern und Anzeigenkunden Schritt zu halten", sagte Microsoft-Chef Steve Ballmer am Donnerstag (5.5.2006)
Um mit "den Anforderungen Schritt halten zu können", plant der weltgrößte Softwarekonzern, die Investitionen für Forschung und Entwicklung in der Internet Sparte MSN zu verdoppeln. Microsoft kündigte an, im Fiskaljahr 2007 rund eine Milliarde Dollar in die Forschung bei MSN zu investieren Im Fiskaljahr 2005 waren es noch 500 Millionen Dollar. Die Investitionen seien ein Beleg für das Bestreben des Unternehmens, im Internet die Nummer eins zu sein, sagte Ballmer. Microsoft Aktionäre hatten zuletzt eine unklare Strategie des Unternehmens im Wettbewerb mit den Internet-Rivalen Google und Yahoo bemängelt.
Google legt weiterhin zu
Nach Angaben der Marktforschung Nielsen NetRatings erfolgen 49 Prozent aller Suchanfragen in den USA über Google, gefolgt von Yahoo mit 22,5 Prozent. Bei der Nutzung von Internetsuchmaschinen ist Microsoft im vergangen Monat von 14 auf 11 Prozent gesunken und rangiert somit an dritter Stelle. Der Softwarekonzern müsse einen Weg finden, um den Verkehr auf seinen Suchseiten zu erhöhen, schätzt auch Matt Rosoff, Analyst der Marktforschung "Directions on Microsoft" in Kirkland.
Auch beim Marktanteil hat Google kräftig zugelegt und seine Position als populärstes Werbemedium im Internet ausgebaut. Google erzielt derzeit noch rund 97 Prozent seiner Erlöse mit Werbeeinnahmen mittels "Pay-per-Click" auf seinen Internetseiten. Dabei profitiert das Unternehmen von der hohen Popularität der Suchmaschine, deren Name mittlerweile sogar in den Sprachgebrauch eingegangen ist: Wer etwas im Internet sucht, versucht es zu "googlen".
Mit einer neuen Anzeigen-Software will Microsoft im boomenden Markt der Online-Werbung nun auch Google überholen. Mit "AdCenter" können Werbetreibende ähnlich wie bei Google ihre Anzeigen neben den Suchergebnissen platzieren. "Das künftige Wachstum von AdCenter ist der Schlüssel, um Google einzuholen", zitiert das Branchenmagazin "c'net" Ballmer.
Insgesamt sollen rund 6,2 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung von Microsoft investiert werden. Den Forschern und Entwicklern sei gesagt worden, "Software als Dienstleistung" habe oberste Priorität. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte Ballmer später in einem Interview, die höheren Ausgaben für Forschung und Entwicklung seien fortlaufende Aufwendungen, während das Geschäft mit Software-Dienstleistungen ausgebaut werde. Dieses Geschäft werde für Microsoft langfristig eine wichtige Rolle spielen. "Wenn Sie ein erfolgreiches Produkt haben, werden Sie weiter darin investieren. Die Leute sollten diese Dinge nicht als einmalige Ereignisse betrachten."
Investitionen in Milliardenhöhe
Das "Wall Street Journal" hatte am Mittwoch unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen berichtet, Microsoft erwäge im Wettstreit mit Google eine Beteiligung an Yahoo. Microsoft und Yahoo diskutierten schon seit etlichen Monaten verschiedene Optionen. Eine Möglichkeit sei, dass Microsoft MSN an Yahoo verkaufe und sich dafür am Internetkonzern beteilige.
Im Konkurrenzkampf um die Führung hat der weltgrößte Softwarekonzern über den führenden Suchmaschinen-Anbieter einen Sieg errungen und ihn beim Online-Kaufhaus Amazon ausgebootet. Seit wenigen Tagen greift Amazon auf seinen amerikanischen Seiten statt auf Google, auf die Microsoft-Suchmaschine zurück. Die Vereinbarung sei Teil eines allgemeineren Plans, die Windows-Live-Suche mehr Verbrauchern anzubieten, sagte Microsoft- Manager Justin Osmer der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Dagegen hat sich Google einem Bericht der "San Jose Mercury News" zufolge bereits bei den Wettbewerbshütern in Europa und den USA beschwert.
Der Explorer soll MSN retten
Außerdem soll Microsofts neuer Browser Internet Explorer 7 eine Suchbox enthalten, bei der zum Teil Microsofts eigene Suchmaschine MSN Search vorinstalliert ist. Wer mit Google direkt über die Explorer-Funktionen suchen wolle, müsse eine Liste von zwei Dutzend Angeboten durchgehen, hieß es. Google sieht das dem Bericht zufolge als eine erhebliche Behinderung im Wettbewerb an. "Unsere stärksten Befürchtungen betreffen den Nutzer", zitiert die Zeitung Google- Managerin Marissa Mayer. "Unternehmen sollten zum Vorteil der Nutzer mit der Qualität ihrer Suchservices in Wettbewerb treten."
Nach Einschätzung von Experten könnte es aber selbst mit einer überlegenen Software für den weltgrößten Softwarehersteller schwierig werden, zum Suchmaschinen-Marktführer aufzuschließen. "Das Problem ist der geringe Verkehr auf MSN Search" sagte Mike Gullaksen, Manager bei der US-Anzeigenagentur Icrossing. Aber Microsoft wäre nicht Microsoft, wenn sie aufgeben würden. Darum auch die Devise: Anstelle von Einsparungen - Erhöhung der Investitionen. (gol)