Visionär und Geschäftsmann - Bill Gates wird 50
28. Oktober 2005An Bill Gates scheiden sich die Geister. Die einen bewundern ihn als großen Visionär, dessen Computerprogramme aus den kryptischen Rechenmonstern von einst Geräte gemacht haben, die heute wie selbstverständlich benutzt werden, für elektronische Briefe, Musik, Bilder, Videos und vieles mehr. Für die anderen ist er dagegen ein rotes Tuch, um nicht zu sagen: Ein Hassobjekt. Er habe nie eigene Ideen gehabt, sagen sie. Nur die Ideen anderer imitiert und besser vermarktet - zur Not auch mit seiner schieren Marktmacht und seinen Rechtsanwälten.
"Wunder des Mikroprozessors"
Was sagt Bill Gates selbst dazu? Früher waren Computer Maschinen, die Millionen von Dollars kosteten, und die nur für große Unternehmen konstruiert wurden, erinnerte er sich 1999 in einer Rede vor den Schülern einer Gesamtschule in Bonn: "Sie wurden gebaut, um Rechnungen auszudrucken und riesige Datenbanken anzulegen. Sie hatten nichts mit dem Individuum zu tun, mit persönlichen Bedürfnissen der Menschen. Was die Sache dann wirklich verändert hat, war das Wunder des Mikroprozessors, die riesigen Möglichkeiten und Kapazitäten auf einem einzigen Chip. Mein Freund Paul Allan und ich sahen diesen Chip und wir sagten uns, das ist etwas, was den Computer zu einem persönlichen Instrument für jedermann machen könnte."
So kann man auch an seiner persönlichen Legende stricken. Tatsache ist: Keine revolutionäre Idee stammt von Gates selbst. Nichts hat seine 1975 gegründete Firma Microsoft als erstes gemacht. Gates hat nur die Fehler der Pioniere vermieden und aus guten Ideen anderer als erster Kapital geschlagen - in dieser Disziplin aber hat er sich allerdings sehr wohl als wahres Genie erwiesen. Mit seinen Windows-Betriebssystemen, die einem Computer erst das Laufen beibringen, hat er eine weltweite Monopolstellung erreicht.
Aufsichtsratschef Gates
Konkurrenten drückt Gates erbarmungslos aus dem Markt, selbst die amerikanische Regierung beißt sich an seinem Monopol mit juristischen Mitteln die Zähne aus. "Wir hatten das Privileg, mit einer Reihe von Freunden eine Firma im Weltmaßstab aufzubauen, und wir hatten das Privileg, ein Teil von etwas ganz Faszinierendem zu sein. Dabei stehen wir erst am Anfang der digitalen Revolution", sagte Gates zu seiner Firmengeschichte. Heute ist er noch Aufsichtsratsvorsitzender seines Konzerns, Vorstandschef ist Steve Ballmer.
Einen Revolutionär freilich stellt man sich gemeinhin anders vor. Bill Gates wirkt auch heute noch, mit 50 Jahren, wie der Junge von nebenan, der nervös an seiner Brille nestelt. Die freie Rede ist auch nicht sein Ding. Aber das hat er auch im Grunde nicht mehr nötig - er lebt mit seiner Frau Melinda in einem - natürlich voll digitalisierten und automatisierten - Haus am Lake Washington in der Nähe von Seattle und betätigt sich als "Big Spender", als großzügiger Gönner, der verschiedene Stiftungen gegründet hat und Milliarden verteilt - unter anderem für Impfprogramme in Entwicklungsländern.