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Wie die Seidenstraße zu ihrem Namen kam

Marc von Lüpke-Schwarz1. August 2013

Was haben ein Gebirge in China, ein See in Afrika oder die Prärie Minnesotas gemeinsam? Überall dort findet sich ein Stück Deutschland. Zum Start unserer Serie erzählen wir die Geschichte Ferdinand von Richthofens.

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Die Grosse Mauer (Foto Lintao Zhang/Getty Images)
Die Grosse MauerBild: Getty Images

Die Amerikaner hatten es geschafft. 1854 schlossen sie einen Handelsvertrag mit dem Kaiserreich Japan, das sich bis dahin für Jahrhunderte von der Außenwelt abgeschlossen hatte. Als Reaktion darauf entsandte die preußische Regierung 1860 ebenfalls eine Expedition aus. Diese sollte Handelsverträge mit China, Japan und Thailand abschließen. Man befürchtete, ins Hintertreffen zu geraten. Unter den Expeditionsteilnehmern befand sich ein junger Geologe und Geograph namens Ferdinand von Richthofen, von dem die Welt noch hören sollte.

Auf ins ferne Asien

Richthofen wurde 1833 im oberschlesischen Carlruhe geboren. Seit jungen Jahren fasziniert von der Geologie, ließ er sich später an der Universität Berlin in diesem Fach ausbilden. Bald drängte es ihn dahin, wo seiner Meinung nach Entdeckungen zu machen waren - nach Ostasien. Die preußische Ostasienexpedition von 1860 kam genau zur rechten Zeit. Die langen Wochen auf See wurden unterbrochen von spannenden Aufenthalten auf Formosa, den Molukken und den Philippinen sowie Java. Ende 1861 schließlich machten sich die Mitglieder der preußischen Expedition von Bangkok aus auf den Heimweg - bis auf Ferdinand von Richthofen.

Er hatte andere Reisepläne: Er wollte über Sibirien zurück nach Preußen gelangen. Dieser wagemutige Plan gelang indessen nicht. Auf seiner Reiseroute waren Aufstände ausgebrochen, die ein Durchkommen unmöglich machten. Stattdessen ging Richthofen ganz woanders hin - nach Kalifornien. Von 1862-1868 hielt es ihn in der Neuen Welt, doch dann reizten ihn andere Reiseziele. Im Gespräch mit einem Kollegen fand Richthofen seine Mission: die Erforschung Chinas. Das Reich der Mitte war, so seine Meinung, das unter allen zivilisierten und allgemein bekannten Ländern das am wenigsten erforschte.

Ferdinand Freiherr von Richthofen (Foto: Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei)
Ferdinand von RichthofenBild: gemeinfrei

Von Kanton bis zur Mongolei

Elektrisiert brach Richthofen nun zu der Expedition auf, die ihn schließlich berühmt machen sollte. Zwischen 1868 und 1872 bereiste er in sieben Reisen 13 der 18 Provinzen des Riesenreichs. Ein abenteuerliches Vorhaben: China wurde zu dieser Zeit von Aufständen erschüttert, Ausländer galten bestenfalls als Exoten, wenn sie nicht gar angegriffen wurden. Richthofen sprach noch nicht einmal die Landessprache.

Was der Forscher in diesen Jahren leistete, revolutionierte das Wissen der Europäer über China. Fleißig zeichnete er alles auf, was ihm auf seinen Reisen auffiel. Von der tibetischen Hochebene im Westen bis zur Handelsmetropole Shanghai im Osten, von der Mongolei im Norden bis in den tiefen Süden studierte er das Land. Gebirgszüge und Ebenen werden von ihm geografisch erfasst und geologisch erforscht, ebenso die Auswirkungen von Wind und Wetter auf die Böden.

Kaum zu stoppen

Pflanzen und Tieren schenkte er wenig Beachtung, mehr lagen ihm die Menschen und ihre Kultur. "Stets einen guten langen Bleistift, an einer Schnur befestigt, um den Hals tragend", wie er in einem Leitfaden für Expeditionen ausführte, durchquerte er das Land. Selbst als seine Kulis vor Hitze umkippten, ließ er sich nicht stoppen. Richthofen war es übrigens auch, der dem uralten Handelsweg zwischen China und Europa endlich einen Namen gab: Seidenstraße. Der Geograph hatte jedoch noch einen weiteren Forschungsauftrag. Er sollte erkunden, welche Bodenschätze China beherbergt und wie sie sich ausbeuten lassen könnten.

Der Fluss Jangtse in der Wuxia-Schlucht, 2002 (Foto by Andrew Wong/Getty Images)
Der Fluss Jangtse in der Wuxia-SchluchtBild: Getty Images

Zwölf Jahre dauerte die lange Reise Richthofen. Erst 1872 kehrte er nach Preußen zurück. Kaum jemand, außer vielleicht der berühmte Forscher Alexander von Humboldt, hatte mehr weiße Flecken auf der Landkarte erforscht. Daheim erwarteten ihn daher Ruhm und Ehre. Im fernen China wurde sogar ein Gebirge, das heutige Qilian Shan, nach ihm benannt: das "Richthofen-Gebirge". Eifrig warb er nun für eine Ausweitung des deutschen Kolonialbesitzes in China. Für das alte China waren die Expeditionen Richthofens aber der Anfang vom Ende. Immer mehr wurde das Reich der Mitte zum Tummelplatz der Kolonialmächte, die das Land wirtschaftlich ausbeuteten.