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150 Jahre Bayer

Klaus Ulrich1. August 2013

Das Schmerzmittel Aspirin ist das bekannteste Produkt von Bayer. Der Chemie- und Pharmariese feiert 150-jähriges Bestehen. Wie entwickelte sich eine kleine Farbenfabrik zum Weltkonzern?

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Eine Aspirin-Tablette des Bayer-Konzerns löst sich in einem Wasserglas auf (Foto: dpa)
Aspirin Tablette Kopfschmerzen BayerBild: picture alliance/dpa

Wenn die Bayer AG zum 150-jährigen Jubiläum einlädt, stehen auch die ganz großen Namen auf der Gästeliste. So auch die Bundeskanzlerin. Beim offiziellen Festakt lobte Angela Merkel den internationalen Konzern vor kurzem in höchsten Tönen. Bayer sei "ein Aushängeschild und Symbol des Innovations- und Hightech-Standortes Deutschland", so Angela Merkel.

Konzernchef Marjin Dekkers blickte in seiner Jubiläums-Rede nach vorne. Die Bekämpfung von Hunger, Krankheiten stünden bei Bayer ganz im Vordergrund. "Das treibt unsere mehr als 110.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeden Tag aufs Neue an."

Anfänge in Barmen

Am 1. August 1863 gründen der Kaufmann Friedrich Bayer und der Färber Johann Weskott in Barmen (heute Ortsteil von Wuppertal) eine kleine Farbenfabrik. Die Geschäfte laufen gut. Zu den wichtigsten Kunden gehört die Armee, die mit Bayer-Produkten ihre Uniformen färbt.

Um frisches Kapital zu sammeln, wird die Firma 1883 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Im harten Konkurrenzkampf um neue Farbstoffe setzt das Unternehmen schon bald auf Universitäts-Absolventen, die den damals noch recht jungen Studiengang der Chemie absolviert haben.

Phenacetin-Betrieb Elberfeld im Jahr 1888. Phenacetin ist eines der ersten synthetischen Fiebersenker und das erste Pharmaprodukt der "Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co
Herstellung des Fiebersenkers Phenacetin im Jahr 1888Bild: Foto: Bayer AG/dpa

Chemiker und Patente

"Das Patentrecht, das etwas später in Deutschland eingeführt wurde, hat die Stellung der Chemiker dann noch gestärkt", sagt der Wirtschaftshistoriker und Bayer-Experte Werner Plumpe von der Universität Frankfurt am Main im Gespräch mit der DW. Denn in Deutschland wurde bereits damals ein Patent nur dann vergeben, wenn man exakt belegen konnte, dass das zu schützende Verfahren, auch wirklich neu war. "Dazu brauchte man versierte Chemiker, die über das entsprechende Know-how verfügten und im Zweifelsfall auch der Konkurrenz Patente streitig machen konnten", so Plumpe.

Die Produktpalette des Unternehmens entwickelt sich. Neben synthetischen Farben werden schon bald auch Arzneimittel hergestellt. Dabei kommt der Zufall zu Hilfe: Bei der Produktion von Farben entstehen Abfälle, mit denen man zunächst nichts anfangen kann. Die Chemiker beginnen, mit diesen Substanzen zu experimentieren. Schließlich stellt sich heraus, dass mit einigen Nebenprodukten der Farbenherstellung Krankheiten bekämpft oder zumindest deren Symptome gelindert werden können.

Aspirin und Leverkusen

Auch das berühmte Schmerzmittel Aspirin, das am 6. März 1899 in die Warenzeichenrolle des Kaiserlichen Patentamtes eingetragen wird, entsteht auf diese Weise. "Das Aspirin etwa ist die klassische Verarbeitung eines Zwischenproduktes der Salicylsäure aus der Farbenherstellung", sagt der Wirtschaftshistoriker Werner Plumpe.

1895 erwirbt Bayer mit der Übernahme des kleinen Farbenherstellers "Carl Leverkus und Söhne" eine neue Produktionsstätte bei Wiesdorf am rechten Rheinufer nördlich von Köln. 1912 wird Leverkusen dann offizieller Firmensitz.

Bereits vor dem ersten Weltkrieg ist die Bayer AG ein echter Global Player mit Produktionsstätten und Tochterunternehmen in vielen europäischen Ländern, aber auch in Brasilien, Argentinien, China, Japan und in den USA. Insgesamt zählt die Belegschaft mehr als 10.000 Mitarbeiter.

Medikamenten-Entwicklung - Ein Milliardenprojekt mit vielen Risiken

IG Farben

Wenige Jahre nach dem ersten Weltkrieg, der herbe Einschnitte bringt, verliert Bayer seine Selbstständigkeit. 1925 schließen sich die Leverkusener mit anderen großen deutschen Chemieunternehmen zusammen zu einer "Interessengemeinschaft" - der IG Farben.

Das dunkelste Kapitel der Firmengeschichte beginnt: Als die Nationalsozialisten 1933 in Deutschland an die Macht kommen, begibt sich die gesamte Chemiebranche durch Profitgier in eine fatale Abhängigkeit von der Politik der braunen Machthaber. Chemische Produkte wie synthetisches Benzin oder Kautschuk spielen eine wichtige Rolle für Hitlers Aufrüstungspläne. Die IG Farben ist beteiligt an der Herstellung des Giftgases Zyklon B, mit dem die Nazis Millionen Menschen ermorden. Alleine im Leverkusener Werk sind Ende 1944 mehr als 4000 Zwangsarbeiter beschäftigt.

"Der dramatischste Fall ist sicher das IG Farben Werk in Auschwitz, das auf Druck der Nationalsozialisten entsteht", sagt Pumpe. Das Management habe kein Problem damit Zwangsarbeiter einzusetzen, die aus den Lagern kamen. "Hier können Sie sehen, dass keine moralischen Barrieren mehr existierten", glaubt der Wirtschaftshistoriker. Keiner der Verantwortlichen habe gesagt: "Hier hören wir auf, das machen wir nicht mit."

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die IG Farben zerschlagen, die Vorstände bei den Nürnberger Prozessen angeklagt.

Das beleuchtete Werk der Bayer AG im Chemiepark in Leverkusen bei Dunkelheit (Foto: dpa)
Das Werk der Bayer AG im Chemiepark LeverkusenBild: picture-alliance/dpa

Weltkonzern mit drei Säulen

1951 wird Bayer neu gegründet, die Erfolgsgeschichte fortgesetzt. 1994 gelingt sogar der Rückkauf des Firmennamens in den USA, der dort bereits nach dem Ersten Weltkrieg verloren worden war. Jetzt darf der Konzern wieder unter seinem berühmten Markenzeichen, dem Bayer-Kreuz, in den Vereinigten Staaten auftreten.

Vor allem dort sterben nach der Einnahme des Blutfettsenkers Lipobay von Bayer zahlreiche Patienten - der Skandal erschüttert den Konzern so sehr, dass 2001 sogar ein Ausstieg aus der Pharmasparte erwogen wird.

Doch es kommt ganz anders. Die Gesundheitssparte ist heute die tragende Säule des Geschäfts. Fast 50 Prozent des Umsatzes entfallen auf diesen Bereich. Die Leverkusener sind auch aktiv im Pflanzenschutz mit der Herstellung von Saatgut und Herbiziden. Dritte Säule des Geschäfts ist die Sparte "hochwertige Kunststoffe" für Abnehmer wie die Auto-, Elektronik- und Bauindustrie. Mit weltweit rund 110.000 Mitarbeitern und fast 40 Milliarden Euro Umsatz gehört die Bayer AG zu den führenden deutschen Pharma- und Chemieherstellern. Neben ThyssenKrupp, Siemens, Daimler und BASF zählt der Konzern hierzulande zu den traditionsreichsten Unternehmen.