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Westafrika als neues Piratenziel

19. November 2011

Wenn man von Piraterie in Afrika spricht, denken viele an das Horn von Afrika. Jetzt hat sich die westafrikanische Küste zum zweiten Piratenziel entwickelt. Die Seeräuber haben es dort auf Öl- und Chemietanker abgesehen.

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Tanker vor Westafrikanischer Küste. (AP Photo/George Osodi)
Tanker vor der westafrikanischen KüsteBild: AP

Noch 2010 wurden am Golf von Guinea und vor der Küste Benins kaum Angriffe registriert. Doch in diesem Jahr sind die Piratenüberfälle auf Chemie- und Öltanker an der westafrikanischen Küste deutlich angestiegen. Das Phänomen sorgt für Unruhe in den Ländern der Region, denn es hat negative Auswirkungen auf den internationalen Handel. Allein in der ersten Jahreshälfte sind mehr als zwanzig Fälle beim "International Maritim Bureau" (IMB) registriert worden, 15 davon vor der Küste Benins. Das IMB ist eine spezialisierte Abteilung der Internationalen Handelskammer (ICC) mit Sitz in Großbritannien, die als Anlaufstelle für den Kampf gegen alle Arten von See-Kriminalität gilt.

Benins Küste als neues Ziel

Ölplattform vor der Küste Nigerias. (AP Photo/Shell Oil)
Nigeria ist der größte Ölproduzent AfrikasBild: AP

Maxime Ahoyo ist Kommandeur von Benins Kriegsmarine. Seine Regierung ist über die Entwicklung vor Westafrikas Küste sehr besorgt und plant eine Stärkung der Flotte. "Drei Patrouillenboote werden zurzeit in Frankreich produziert und im Februar 2012 ausgeliefert", sagte Ahoyo gegenüber DW-WORLD.DE. "Die Schnellboote werden helfen, die Küste Benins sicherer zu machen." Denn die Piraten handeln immer wieder nach bekanntem Muster: Sie kapern Schiffe, steuern sie in Gebiete, die in hoher See fern der üblichen Handelsrouten liegen und laden deren Fracht auf andere Schiffe. Oft werden die Mannschaften dabei entführt.

Anders als in Benin sind die Angriffe in Nigeria seit langer Zeit Praxis. Das Land mit der größten Ölproduktion Afrikas wird deshalb als besonders gefährlich eingestuft. Die gestohlene Ölfracht wird meistens auf dem nigerianischen Schwarzmarkt verkauft. In dem lukrativen Geschäft haben laut Peter Sharwood-Smith von der Sicherheitsfirma Drum Cussac in Nigeria die Piraten ihre Basen in Nigeria: "Unsere Ermittlungen haben gezeigt, dass organisierte Gruppen, die in Nigeria aktiv sind, oft Unterstützung auf höchster Ebene erhalten." Das ist nicht das erste Mal, dass wichtige Persönlichkeiten aus Nigeria beschuldigt werden, in das Schwarzmarkt-Öl-Geschäft verwickelt zu sein. Inzwischen werden nicht nur Ölfrachter, sondern auch andere Handelsschiffe gekapert. Anscheinend gibt es seither eine enge Zusammenarbeit zwischen nigerianischen und beninschen Piraten.

Gleiche Methoden, unterschiedliche Ziele

Mutterschiff somalischer Piraten (Foto: AP Photo/Ecpad/HO)
Mutterschiff somalischer PiratenBild: AP

Pottengal Mukundan, Direktor der IMB in Großbritannien, erklärte gegenüber DW-WORLD.DE, dass das Kapern der Schiffe nach dem gleichen Muster ablaufe, egal ob in Ost- oder Westafrika. Die Piraten "kommen in kleinen Schnellbooten, haben automatische Waffen und Panzerfäuste und zwingen die Schiffe langsamer zu fahren oder zu stoppen. Dann entern sie sie", so Mukundan.

Die Piraten in Westafrika verfolgen ganz andere Ziele als ihre somalischen "Kollegen" in Ostafrika. Während die Somalier meist an Lösegeld interessiert sind, ziehen die Piraten in Westafrika die Verwertung der Schiffsladungen vor. Pottengal Mukundan glaubt, dass nur "ein Drittel der Überfälle in Westafrika bekannt werden. Die meisten Fälle bleiben geheim, da die Reedereien Racheakte der Banditen befürchten und versuchen, das Problem allein zu lösen." Deswegen wird vermutet, dass viele Ölfirmen und Reedereien monatliche Geldsummen als eine Art "Schutzgebühr" an die Piraten zahlen.

Gemeinsame Strategie

Festnahme von somalischen Piraten. (AP Photo/Bundeswehr)
Festnahme von somalischen PiratenBild: AP

Es ist unklar, ob sich die Piraten die Küste Benins ausgesucht haben, weil sie ein einfacheres Ziel ist, nachdem die Sicherheitsvorkehrungen in Nigeria strenger geworden sind. Sicher ist dagegen, dass eine gemeinsame Strategie im Kampf gegen die Piraterie immer notwendiger wird. Bamidele A. Ojo von der Fairleigh Dickinson Universität in den USA, plädiert für eine regionale Zusammenarbeit. Er hält ein angegliedertes Küstenwachsystem der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) für "unentbehrlich". Sonst müssten die Schiffe die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen und die Kosten würden auf die Verbraucher in Europa und Amerika entfallen. Der internationale Handel sowie das Wachstum und die Stabilität der Region würden darunter leiden. Trotzdem glauben Experten, dass ein solches angegliedertes Küstenwachsystem nicht so schnell eingeführt werden kann, denn die meisten Länder der Region sind zu arm für ein so kostenspieliges Vorhaben.

Autorinnen: Alice Kiingi, Lina Hoffmann
Redaktion: Katrin Ogunsade