Weltpremiere: "Lindenberg! Mach dein Ding"
11. Januar 2020Es ist sicher nicht ganz falsch, wenn man Udo Lindenberg als den populärsten deutschen Pop- und Rockmusiker bezeichnet. Mit Superlativen soll man ja vorsichtig sein. Messbar ist das sowieso nicht. Doch "Udo", wie er in Deutschland meist nur genannt wird, ist eine Legende. Dafür gibt es viele Gründe: Weil er schon so lange dabei ist. Weil er so viele Erfolge hatte. Und weil er so unglaublich cool rüberkommt, auch mit über 70 Jahren noch, mit Sonnenbrille und Schlapphut, mit lässiger Sprache und schnoddriger Schnauze.
1973 feierte er in Hamburg seinen Durchbruch - mit dem Album "Andrea Doria". Als erster deutscher Rockbarde bekam er einen Millionenvertrag. Die Jahre danach sind bundesdeutsche Rock- und Popgeschichte.
Udo Lindenberg: der "Norddeutsche" aus dem Westfälischen
Wie nähert man sich also einer solchen Musiker-Legende? Vor allem im Kino, mit seinen übergroßen Bildern, mit Schauspielern, die Lindenberg und seine Musikerfreunde auf der Leinwand verkörpern. Natürlich war nun Hamburg Schauplatz der Weltpremiere, in der Hansestadt lebt Lindenberg seit langem, vor allem in einem Luxushotel. Auch das gehört zur "Legende Lindenberg", gilt er doch vielen Fans als Verkörperung des coolen Norddeutschen. Dabei stammt der Musiker aus dem westfälischen Gronau, dort wurde er 1946 geboren.
Nach der Hamburger Weltpremiere am Dienstag kommt"Lindenberg! Mach dein Ding" Mitte Januar in die Kinos, zunächst in Deutschland und Österreich. Udo Lindenberg, zur Premiere vor Ort, zeigte sich nach der Vorstellung angetan: "Ich hatte einige Tränen hinter meiner
Sonnenbrille", sagte er, "Tränen der Betroffenheit, aber auch der Entzückung und der Freude."
Regisseurin Hermine Huntgeburth ist ein kleines Wunder gelungen: "Lindenberg! Mach dein Ding" ist ein schöner Musiker-Film geworden, über eine bewegte Zeit und einen Mann, der einen Traum hatte: Er wollte singen, in Deutsch, keine Schlager und kein "seichtes Zeug", Rock- und Popmusik eher, ein paar Jazz-Anklänge dazu. Das war damals eigentlich gar nicht möglich. Auch darum geht es in dem Film - um den Kampf um die eigene Sprache.
Udo wollte auf Deutsch singen - gegen alle Widerstände
Auf Deutsch singen, das erzählt der Film, konnten in den 1960er Jahren eigentlich nur diejenigen, die Schlager machen wollten. Der junge Udo Lindenberg dachte sich hingegen: Das muss doch möglich sein! Aber ein Schlagerbarde war er nicht. Eher ein rockiger Musiker, mit feinen Texten, melancholischen und raubeinigen Liedzeilen, mit lustigen und charmanten Einsprengseln. Udo hat das dann tatsächlich irgendwann hingekriegt. Das zu zeigen, ohne in Kitsch und Nostalgie abzugleiten, hat der Film geschafft.
Geholfen hat Regisseurin Hermine Huntgeburth sicherlich Hauptdarsteller Jan Bülow, der sich als perfekte Besetzung erwies. Bülow singt im Film selbst, auch das wirkt nicht peinlich: "Ich habe anfangs viel versucht, Udo so nahe wie möglich zu kommen, aber Hermine und die Producer von Udo haben alle gesagt, ich soll einfach alles so machen, wie ich es mache", sagt Bülow über seine Rolle und die Tatsache, dass er den populären Songs Lindenbergs im Film die eigene Stimme leiht.
Jan Bülow: "Udo-Interpretation statt Udo-Kopie"
"Mit Respekt fürs Original, aber auch mit einer gewissen Eigensinnigkeit. Wir haben im Grunde auch beim Gesang sehr darauf geachtet, dass wir keine Udo-Kopie abliefern, sondern eine Udo-Interpretation", so Bülow. Entscheidend dabei sei gewesen, dass man dem Zuschauer "nicht den Udo zeigen will, den wir alle kennen, sondern wie er zu diesem Udo Lindenberg wurde, zu dieser Ikone." Man habe vielmehr den "Menschen" Lindenberg zeigen wollen - "egal ob mit Hut und Zigarre oder ohne - einfach jemand, der immer sein Ding macht."
Regisseurin Hermine Huntgeburth sieht das ähnlich: "Für mich persönlich war es wichtig, dass ich nicht den Udo zeige, wie er jetzt ist." Das hat sich als kluger Schachzug von Drehbuch und Dramaturgie erwiesen. Man hat sich bei dem Projekt auf die ersten Lebensjahre in der Karriere des Musikers beschränkt: Jugend, erste Erfolge, Rückschläge, Wiederaufstehen, Standhalten, schließlich der Durchbruch.
Mit dem Durchbruch endet "Lindenberg! Mach dein Ding"
Danach ist Schluss, der Film endet just in dem Moment, 1973, in dem Udo Lindenberg der kommerzielle Durchbruch gelingt. So wirkt "Lindenberg! Mach dein Ding" konzentriert und differenziert in der Anlage seiner Film-Charaktere. Er nimmt sich Zeit, blickt auf die Entwicklung eines jungen Mannes, schaut ebenso auf pubertäre Seelennöte wie auf erwachendes musikalisches Talent.
Es gelingt ihm aber auch das Kunststück, mit dem Blick auf diese wenigen Jugendjahre, zu zeigen, wie die spätere Legende "Udo Lindenberg" zu dem wurde, was sie heute noch ist. Der Film zeigt, wie spätere Hits entstanden sind, was den jungen Musiker damals inspiriert hat. Auch warum er zu einem deutsch-deutschen Musikbotschafter geworden ist, der sogar mit DDR-Staatschef Erich Honecker kommunizierte.
Udo Lindenberg ist stets bei sich geblieben, hat sich nicht verkauft
Und der sich bei all dem nicht verbog. Wie überhaupt dieser unbedingte Wille, authentisch zu bleiben, seine Wurzeln nicht zu vergessen, eben "sein Ding zu machen", zum Erfolgsgeheimnis des Musikers wurde. Udo Lindenberg wollte in Deutsch singen, das hat er durchgesetzt. Er wollte seine eigene Band, die hat er mit dem legendären "Panikorchester" bekommen. Er wollte Erfolg haben, den hat er erreicht, sogar dauerhaft. Und: Er wollte, auch rein äußerlich, der bleiben, der er ist. Udo hat früh sein Ding gemacht. Das hat er durchgezogen, gegen alle möglichen Widerstände. Das zeigt der Film.