Udo Lindenberg im Palast der Republik
Es ist das erste Mal, dass Udo Lindenberg in der DDR auftreten darf. Acht Jahre hat er sich bemüht, die DDR-Führung zu überreden, doch die meisten Versuche gingen nach hinten los. Bis zum 25. Oktober 1983.
Gefeiert und bespitzelt: Udos Einreise in die DDR am 25.10.1983
Schon am Grenzübergang Invalidenstraße heftet sich die Staatssicherheit an Udo Lindenbergs Fersen. Eifrige Mitarbeiter der Hauptabteilung für Passkontrolle, Tourismus und Interhotels fotografieren jeden Schritt des Rocksängers aus dem Westen. Im Stasi-Papier werden genaue Uhrzeiten dokumentiert: Einreise um 12:10 Uhr. Von 12:10 bis 12:23 ein Interview mit dem westdeutschen TV-Sender ZDF.
Begeisterte Menge vor dem Palast der Republik
"Es ist damit zu rechnen, dass eine große Anzahl Jugendlicher aus der Hauptstadt und aus den Bezirken der Republik versuchen wird, an dieser Veranstaltung teilzunehmen, auch wenn sie nicht im Besitz einer gültigen Eintrittskarte sind", hat die Stasi im Vorfeld in ihrem Einsatzpapier vermerkt. So ist man entsprechend auf die begeisterte Menge vorbereitet und schickt 400 Einsatzkräfte.
Endlich ist Udo da!
Die DDR-Führung verspricht sich viel von Udo Lindenbergs Auftritt beim "Festival für den Frieden der Welt". Denn Udo ist nicht nur ein bekannter West-Rockstar, sondern auch ein Friedensaktivist. So können sich Honecker und seine Mannen als große Friedensengel präsentieren. Für die Fans ist die politische Dimension zweitrangig. Endlich dürfen sie ihr Idol live sehen.
"Linientreue Steiftiere"
Ein Irrtum. Denn die Eintrittskarten zu dem "Festival" sind vom kommunistischen Jugendverband "Freie Deutsche Jugend" (FDJ) vergeben worden. Und so sieht sich Udo Lindenberg beim Konzert 4200 braven DDR-Jugendlichen und einer Reihe Funktionäre gegenüber. "Drinnen saßen nur linientreue Steiftiere unter Valium, die echten Paniker forderten draußen ihren Udo", erinnert sich Lindenberg später.
Ein vermeintlich harmloser Auftritt
Vier Lieder singt Udo Lindenberg bei diesem Konzert. Darunter seine Antikriegshymne "Wozu sind Kriege da?". Seinen im Vorfeld so ungeliebten Song "Sonderzug nach Pankow" trägt er nicht vor. Stattdessen sorgt er mit einem Ausspruch für Furore, der nicht im Plan der Veranstalter stand...
"Weg mit allem Raketenschrott"
FDJ-Chef Egon Krenz und Lindenberg wettern gegen die NATO-Aufrüstung im Westen. So weit, so gut. Udo jedoch fügt hinzu: "Von deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen. Weg mit allem Raketenschrott in der Bundesrepublik und in der DDR. Keine Pershings und keine SS-20." Das kommt nicht gut an: Just an diesem Tag ist die Stationierung sowjetischer Raketen in der DDR beschlossen worden.
Die echten Fans randalieren draußen
Währenddessen herrschen draußen tumultartige Zustände. Hunderte Lindenberg-Fans können das Konzert nicht sehen - das bleibt nicht ohne Folgen. Vor, während und nach dem Konzert randalieren Fans auf der Straße. Die Volkspolizisten haben viel zu tun. Für die Stasi ist die ganze Veranstaltung ein Großeinsatz - bis "L." die DDR um 24:00 Uhr am Grenzübergang Invalidenstraße wieder verlässt.