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Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf Überschwemmungen?

30. Oktober 2024

Schwere Überschwemmungen in Spanien: Welche Rolle spielt dabei der Klimawandel? Werden die Fluten schlimmer, weil die Temperaturen steigen? Fünf Grafiken erklären die Zusammenhänge.

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Autos werden von den Wassermassen weggeschwemmt, nachdem der Fluss in der Stadt Alora aufgrund heftiger Regenfälle über die Ufer getreten ist.
Autos werden von Wassermassen in Spanien weggeschwemmtBild: Gregorio Marrero/AP Photo/dpa/picture alliance

Spanien kämpft nach Stürmen mit den Auswirkungen heftiger Sturzfluten. Heftige Niederschläge verwüsteten Süd- und Ostspanien, mehrere Menschen starben. Es ist die jüngste von mehreren extremen Überschwemmungen in diesem Jahr. Im September führten heftige Regenfälle über mehrere Tage haben in Österreich, der Tschechischen Republik, Polen und Rumänien zu Überschwemmungen.  Zehntausende waren gezwungen, ihre Häuser zu verlassen.  

Im Sommer mussten tausende Menschen in Süddeutschland evakuiert werden.  

Anderswo auf der Welt erlebten die Vereinigten Arabischen Emirate und Oman im Frühjahr die schwersten Regenfälle seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Überschwemmungen in Kenia forderten zahlreiche Todesopfer und lösten Erdrutsche aus. In Brasilien verwüsteten Überschwemmungen eine Fläche der Größe Großbritanniens, über eine halbe Million Menschen wurden obdachlos.

Während Überflutungen an Küsten vor allem durch Wind und Flut verursacht werden, sind Überschwemmungen durch Flüsse, Grundwasser und Sturzfluten alle auf starken Regen zurückzuführen. Global steigende Temperaturen, die durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas verursacht werden, führen in den meisten Teilen der Welt zu häufigeren und heftigeren Regenfällen.

Wieso gibt es mehr extreme Überschwemmungen?

Die Modellierung von Niederschlagsmustern ist komplex. Doch es gibt eine einfache physikalische Grundlage: Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Kühlt sie wieder ab, wird diese Feuchtigkeit zu Regen.

Treibhausgase, die in die Atmosphäre gelangen, wirken wie eine warme Decke über der Erde, die Wärme festhält. So steigen die Temperaturen an. Dadurch verdunstet mehr Wasser. Das zusätzliche Wasser in der Luft führt dann zu erhöhten Niederschlägen über Land oder Wasser. Und wenn eine große Menge Regen innerhalb sehr kurzer Zeit fällt, kann das zu schweren Überschwemmungen führen. 

Bei einem Grad Celsius Temperaturanstieg kann die Luft sieben Prozent mehr Feuchtigkeit speichern. Seit der vorindustriellen Zeit sind die globalen Lufttemperaturen im globalen Durchschnitt um 1,3 Grad gestiegen.

Steigende Temperaturen führen auch dazu, dass mehr Niederschlag als Regen und weniger als Schnee fällt. Das kann in Bergregionen zu mehr Überschwemmungen und Erdrutschen führen. Eine 2022 in der Wissenschaftszeitschrift Nature veröffentlichte Studie ergab, dass in schneereichen Bergregionen der nördlichen Hemisphäre die Niederschlagsextreme pro ein Grad Celsius Erwärmung um durchschnittlich 15 Prozent zunahmen.

Mehr Regen durch den Klimawandel? 

Der Klimawandel verändert die Häufigkeit von schweren Regenfällen bei Stürmen, weil die steigenden Temperaturen komplexe Wettermuster beeinflussen.

Bei einem globalen Temperaturanstieg von 1,5 Grad, auf den die Erde derzeit zusteuert, werden Starkniederschläge 1,5-mal pro Jahrzehnt häufiger sein als vor der Industrialisierung. Gleichzeitig steigt dabei die Niederschlagsmenge um rund 10 Prozent, das zeigen Berechnungen des Weltklimarats IPCC.Im vergangenen Jahr gab es in Europa rund sieben Prozent mehr Regen als üblich. In den meisten Teilen des Kontinents war das Wetter feuchter als im Durchschnitt. Schwere Niederschläge lösten unter anderem in Italien, Norwegen, Schweden und Slowenien Überschwemmungen aus.

Fortschritte in der sogenannten Attributionswissenschaft ermöglichen es Experten, den kausalen Zusammenhang zwischen Klimawandel und extremen Wetterereignissen inzwischen genauer zu bestimmen. Einer Schätzung zufolge ist im Schnitt jedes vierte Rekordregenextrem in den letzten zehn Jahren auf den Klimawandel zurückzuführen.

Zwar gibt es noch keine Studien zu den genauen Ursachen für die jüngsten Überschwemmungen im Süden Deutschlands. Doch es kommt laut Messungen immer häufiger zu heftigen Regenfällen. Im vergangenen Jahr waren die durchschnittlichen Niederschläge 20 Prozent höher als im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020.

Und die verheerenden Überschwemmungen, die 2021 einige Regionen im Westen Deutschlands sowie in Ost-Belgien und den Niederlanden verwüsteten, stehen in direktem Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Durch den globalen Temperaturanstieg waren die Niederschläge dort um drei bis 19 Prozent stärker und 1,2- bis neunmal wahrscheinlicher. Das berechneten Wissenschaftler der World Weather Attributionim vereinigten Königreich.

Die Wahrscheinlichkeit der jüngsten Überschwemmungen in Brasilien hat sich laut Berechnungen durch den globalen Temperaturanstieg verdoppelt, und die Heftigkeit solcher Extreme um bis zu neun Prozent erhöht.

Wie viele Menschen sind von Überschwemmungen betroffen und wo leben sie?

Überschwemmungen zählen zu den häufigsten Naturkatastrophen und haben oft verheerende Folgen. Die starken Wassermassen können Menschen, Häuser, Straßen, Tiere und fruchtbare Böden mitreißen und hinterlassen oft hohe wirtschaftliche Schäden.

Seit dem Jahr 2000 ist der Anteil der Menschen, die von Überschwemmungen betroffen sind, geschätzt um 24 Prozent gestiegen.

Fast  jeder vierte Mensch ist der Gefahr eines Jahrhunderthochwassers ausgesetzt. Mit diesem Begriff werden Überschwemmungen bezeichnet, die so schwerwiegend sind, dass sie im Schnitt nur einmal pro Jahrhundert auftreten.

In Europa ist Deutschland das Land mit der höchsten Zahl von Menschen, die von Überschwemmungen bedroht sind, gefolgt von Frankreich und den Niederlanden. Im Jahr 2023 überschritt ein Drittel aller europäischen die "hohen" Hochwasserschwellenwerte und 16 Prozent der Flüsse die "schweren" Warnwerte.

Auch wenn Überschwemmungen überall in der Welt auftreten können, einige Regionen sind weitaus stärker betroffen als andere.

Fast 90 Prozent der Menschen, die einem hohen Hochwasserrisiko ausgesetzt sind, leben in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Die meisten wohnen in Süd- und Ostasien, davon 395 Millionen Menschen in China und 390 Millionen in Indien.

Und immer mehr Menschen leben in Gebieten mit sehr hohem Überschwemmungsrisiko, laut einer Studie ist ihre Zahl seit 1985 um 122 Prozent gestiegen. Die Hauptursache ist dabei, dass immer mehr Menschen in Städte ziehen, und die Städte liegen sehr häufig an Wasserstraßen.

Gibt es in Zukunft mehr Hochwasser?

Das Risiko extremer Überschwemmungen nimmt zu, wenn die Erderwärmung weiter steigt.

Steigt die globale Tempertur auf zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau, werden laut Weltklimarat pro Jahrzehnt starke Niederschlägen 1,7-mal häufiger. Zudem steigt die Intensität dieser Niederschläge um 14 Prozent. 

Falls sich die Welt auf vier Grad Celsius erwärmt, könnten schwere Regenfälle, die früher einmal pro Jahrzehnt auftraten, fast dreimal so häufig auftreten und sich die Regenmenge um 30 Prozent erhöhen.

Ausbleibender Klimaschutz wird dabei teuer. Ohne Anpassungsmassen könnten bei einer Temperaturerhöhung auf drei Grad allein in Europa bis zum Jahr 2100 Flutschäden von 48 Milliarden Euro pro Jahr entstehen. Das zeigen Berechnungen der EU-Kommission. Durch Anpassungsmaßnahmen wie etwa der Wiederherstellung von Feucht- und Überschwemmungsgebieten könnten diese Kosten erheblich reduziert werden. 

Redaktion: Sarah Steffen.

Der Beitrag erschien in Englisch und wurde von Gero Rueter adaptiert.

Zuerst veröffentlicht am 11.06.2024, zuletzt aktualisiert am 30.10.2024 mit Updates zu den Überschwemmungen in Spanien.

Quellen:

IPCC-Bericht 2021,

https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_SPM_final.pdf

Europa 2023: Wetterextreme

https://climate.copernicus.eu/widespread-floods-severe-heatwaves-esotc-2023-puts-europes-climate-focus

Weltwetter-Zuordnung (World Weather Attribution)

https://www.worldweatherattribution.org/heavy-rainfall-which-led-to-severe-flooding-in-western-europe-made-more-likely-by-climate-change/

Holly Young Holly Young ist Klimareporterin bei der DW Umweltredaktion in Berlin.@holly_young88