Faktencheck: Dubai, Überflutung und Cloud Seeding
18. April 2024Land unter - nicht nur in Dubai: An manchen Orten im Südosten der arabischen Halbinsel hat es innerhalb eines Tages mehr geregnet als sonst in einem ganzen Jahr. Die Folgen: Straßen stehen unter Wasser, der Flughafen von Dubai ist überflutet, und Dächer brechen unter dem Druck der Wassermassen ein.
Doch nicht nur die größte Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), sondern auch andere Teile der Region, namentlich das Nachbarland Oman, haben epochale Regenfälle erlebt. Neben Sachschäden sind mindestens 20 Todesopfer zu beklagen.
Während die Betroffenen unter den Folgen des Unwetters leiden, quellen die Sozialen Medien über von Theorien, wie es zu der Katastrophe kommen konnte.
Behauptung: "Wolkenimpfen geht schief", schreibt ein User auf X, ehemals Twitter. Ein Instagram-Kanal stellt außerdem die Frage, ob Wolkenimpfen, im Englischen Cloud Seeding, die Überschwemmungen in Dubai ausgelöst oder verstärkt haben könnte. Viele Nutzer beantworten die Frage mit "Ja".
DW Faktencheck: Falsch.
Cloud Seeding ist eine Methode, um mit künstlichen Instrumenten Regen auszulösen. Dabei versprühen Flugzeuge bestimmte Salze, die sich nicht in Wasser lösen. Die Feuchtigkeit der Wolken kondensiert dann an den Salzpartikeln und fällt als Regen zu Boden. Die Methode wird in vielen Teilen der Welt eingesetzt, teils um Niederschlag zu erzeugen, aber zum Beispiel auch mit dem Ziel, Hagelschlag zu verhindern.
Auf Satellitenbildern ist zu sehen, dass sich in den vergangenen Tagen über dem Südosten der arabischen Halbinsel und dem Süden des Iran ein Sturm mit massiven Regenwolken gebildet hatte. Durch die Wolkenbildung war die Voraussetzung zum Cloud Seeding also gegeben.
"Regenernte" in den Vereinigten Arabischen Emiraten
Das National Center of Meteorology (NCM) der VAE in der Hauptstadt Abu Dhabi erforscht das Wolkenimpfen seit den späten 1990er Jahren. Der Wüstenstaat nutzt die Methode, um die Niederschlagsmenge und damit die Menge des verfügbaren Süßwassers zu erhöhen.
Zunächst hatte "Bloomberg" berichet, dass Wolkenimpfungen durch das NCM die Regenfälle verstärkt hätten. Offizielle Stellen der VAE haben jedoch dementiert, zu Wochenbeginn überhaupt solche Maßnahmen durchgeführt zu haben. DW Factchecking hat beim NCM nachgefragt, bis zur Veröffentlichung dieses Artikels jedoch keine Antwort erhalten.
Geantwortet hat hingegen ein Forscherteam der deutschen Universität Hohenheim, das ein gemeinsames Forschungsprojekt mit dem NCM durchführt. Über etwaige Wolkenimpfungen Anfang der Woche lägen ihm keine Informationen vor, schreibt der Meteorologe Oliver Branch.
Allerdings sei es völlig unrealistisch, eine solche Niederschlagsmenge durch Cloud Seeding zu bewirken: "Die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen Cloud-Seeding-Aktivitäten und den Überschwemmungen in Dubai geht gegen Null." Viele Medien zitieren andere Experten mit ähnlichen Einschätzungen - auch "Bloomberg".
Globale Erwärmung verstärkt extreme Wetterlagen
Behauptung: "Die Effekte von globaler Erwärmung und Klimawandel sind alarmierend und werden keine Stadt verschonen", heißt es auf einem Account. Ein anderer Account wird noch deutlicher: "DIES ist der menschengemachte #Klimawandel."
DW Faktencheck: Unbelegt.
Viele Klimaforscher sehen durchaus Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Starkregen: "Häufig spielt die globale Klimaerwärmung bei extremen Wetterereignissen tatsächlich eine Rolle, aber ihr Einfluss wird teilweise pauschal angenommen oder überbetont", sagte die Klimatologin Friederike Otto vom Imperial College in London der DW bereits vor einiger Zeit. Zu den Ereignissen in Dubai sagte sie der Nachrichtenagentur AFP, die Stürme seien "höchstwahrscheinlich" durch die globale Erwärmung verschlimmert worden.
Die Begründung hat einen einfachen physikalischen Hintergrund: Je wärmer die Luft ist, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Deshalb regnet es in den Tropen stärker als in den gemäßigten Breiten, in denen Deutschland liegt. Regengüsse fallen in Mitteleuropa im Sommer auch deutlich heftiger aus als um die Jahreswende.
Deshalb ist unter vielen Klimaforschern Konsens, dass die Erderwärmung Extremwetterlagen zwar wahrscheinlicher macht und sie tendenziell extremer ausfallen. Sie betonen aber auch wie die Klimaforscherin Sjoukje Philip vom Königlich-Niederländischen Meteorologischen Institut (KNMI): "Extremwetter hat es immer gegeben, und wird es immer geben."
Ähnliche Falschbehauptungen tauchen übrigens immer wieder auf, wenn Starkregen zu Überschwemmungen führt - insbesondere, wenn dies in Regionen auftritt, in denen man eher Dürren als ausgiebige Niederschläge erwarten würde wie Kalifornien, Australien oder der Türkei.