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Welche Zukunft hat die katholische Kirche?

Klaus Dahmann12. September 2014

Die katholische Kirche produziert in jüngster Zeit vor allem Negativschlagzeilen: Kindesmissbrauch, Verschwendungssucht, Schließung von Gotteshäusern. Bischöfe und Laien suchen in Magdeburg nach Wegen aus der Krise.

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Symbolbild Christentum christliche Theologie - Foto: Inga Kjer/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Von Sterbehilfe über antisemitische Tendenzen in Deutschland bis zur Verfolgung von Christen im Irak und in Syrien - bei vielen aktuellen Themen hat die katholische Kirche sich in den vergangenen Monaten zu Wort gemeldet. Doch die deutschen Bischöfe wissen, dass ihre Stimme - zwar sehr langsam, aber doch von Jahr zu Jahr zunehmend - an Gewicht verliert. Die vor wenigen Wochen veröffentlichten Mitgliedszahlen zeigen deutlich, dass immer mehr Gläubige der katholischen Kirche den Rücken kehren: Traten 2012 noch knapp 120.000 Menschen aus, waren es im Folgejahr schon fast 180.000 - also die Hälfte mehr.

Fragt man nach den Gründen, wird an erster Stelle der Vertrauensverlust in die Kircheninstitutionen genannt: Mehrere Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen haben das Land erschüttert. Und der Unmut wächst, zumal den anfänglichen Versprechen, die Fälle aufklären zu wollen, kaum Taten gefolgt sind. Die Bischofskonferenz beauftragte eine unabhängige Untersuchung, die aber schon nach kurzer Zeit ins Stocken geriet, weil der Chefaufklärer wegen mangelnder Offenheit kirchlicher Stellen das Handtuch warf. Im vergangenen Jahr geriet dann noch der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst in die Schlagzeilen, weil die Kosten für den Bau seines neuen Bischofssitzes rapide in die Höhe schnellten. Grund dafür waren luxuriöse Sonderwünsche, die Tebartz-van Elst bis zuletzt zu vertuschen suchte.

Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst - Foto: Boris Roessler/dpa
Bot schließlich den Rücktritt an: Bischof Franz-Peter Tebartz-van ElstBild: picture-alliance/dpa

Zukunftsdialog bis 2015

Schon 2010, nach Bekanntwerden der Missbrauchsskandale, initiierte der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch einen auf fünf Jahre angelegten Dialogprozess mit Theologen, Vertretern kirchlicher Einrichtungen und Laienverbänden. Seitdem findet jedes Jahr ein Gesprächsforum statt, das Zukunftsperspektiven für die katholische Kirche in Deutschland aufzeigen soll. Das diesjährige Forum steht unter dem Thema "Den Glauben bezeugen in der Welt von heute".

Das wird angesichts des offensichtlichen Vertrauensverlustes immer schwieriger. Der katholische Theologe Paul Zulehner möchte dennoch nicht von einer Krise reden, sondern richtet den Blick nach vorn: "Die Kirche steckt heute in einer tiefen Umbauphase", sagt er im Interview mit der Deutschen Welle. Statt zu fragen, warum Gläubige der Kirche den Rücken kehren, will er lieber untersuchen: "Warum machen sie in der Kirche mit?"

Theologe Paul Michael Zulehner - Copyright: privat
Theologe Zulehner: "Kirche muss sich öffnen"Bild: picture-alliance/Robert Newald/picturedesk.com

Denn trotz sinkender Mitgliedszahlen und Priestermangel lässt sich auch seit langem ein Gegentrend feststellen: Die großen Laienverbände wollen mehr "mitmachen" als bisher, sie fordern mehr Mitsprache und eine größere Öffnung für Ehrenamtliche, insbesondere für Frauen. Radikalere Reformforderungen gehen noch weiter, von der Abschaffung des Zölibats bis hin zur Zulassung von Frauen für das Priesteramt - für die katholische Kirche nach wie vor rote Tücher.

Mehr Offenheit

Auch Theologen wie Paul Zulehner fordern eine größere Offenheit, sowohl von den Kirchenhierarchen als auch von den Gemeinden. Sie müssten stärker auf Menschen zugehen, die der Kirche den Rücken gekehrt haben oder auch ganz außerhalb der Kirche stehen: "Es fehlen aufnahmebereite Erfahrungsräume für Menschen, die sich auf der Suche befinden", so Zulehner. "Unsere kirchlichen Gemeinschaften sind geschlossene 'In-Groups', bürgerliche satte Gruppierungen." Arbeitslose, Migranten und selbst Geschiedene blieben da außen vor. "Eine geschlossene Kirche, die nicht gastfreundlich ist, die nicht hinausgeht an die Ränder der Gesellschaft, die nicht bei den Armen auftaucht, wird selber krank."

Wie schwer sich die Kirche tut, zeigt die virulente Diskussion um den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen: Als das Bistum Freiburg vor Monaten eine Handreichung herausgab, wie man diesen Gläubigen - die nach offizieller Kirchenlehre in Sünde leben - Zugang zu den Sakramenten wie Kommunion oder letzte Ölung gewähren kann, regten sich die Glaubenshüter in Rom.

Aufbruchstimmung

Mit Papst Franziskus ist aber auch dort mittlerweile einiges in Bewegung geraten. "Es herrscht zurzeit von Rom herauf über die Alpen ein unglaublich starker Südföhn", sagt Zulehner. Viele in Deutschland würden aber noch immer abwarten, ob dieser Wind aus Rom nicht doch schnell vorübergehe. "Wir sind immer noch in der Abwehr gegen den Niedergang, statt dass wir zusammen mit diesem Überraschungspapst den Kurs wechseln und in den neuen Aufbruch hineinsteuern."

Papst Franziskus in Südkorea - Foto: REUTERS/Hwang Gwang-mo/Yonhap
Hoffnungsträger der Reformwilligen: Papst FranziskusBild: Reuters

Wie dieser Aufbruch aussehen könnte, wollen Bischöfe, Theologen und Laien am Freitag und Samstag (12./13.09.2014) diskutieren. Ein kleiner Schritt deutet sich bereits im Arbeitsrecht an: Für Beschäftigte kirchlicher Einrichtungen gelten derzeit noch Sonderregelungen, die es dem Arbeitgeber ermöglichen, Geschiedenen oder Homosexuellen in eingetragenen Lebenspartnerschaften zu kündigen. Hier hat die Bischofskonferenz eine liberalere Regelung in Aussicht gestellt.