Wehmut beim 53. und letzten Geburtstag der D-Mark
16. November 2001Am 20. Juni in zwei Jahren wäre sie 55 Jahre alt geworden. Doch sie wird dieses Jubiläum nicht feiern können, denn Anfang nächsten Jahres wird sie endgültig versterben. Die Rede ist von der Deutschen Mark, kurz DM, die an diesem 20. Juni Geburtstag hatte. Im Sommer 1948 war sie von den westlichen Besatzungsmächten im vom Zweiten Weltkrieg zerstörten Deutschland eingeführt worden. Damit ist die D-Mark älter als die Bundesrepublik Deutschland, die erst ein Jahr später als Staat geboren wurde.
Mit einer recht unspektakulären Radioansage war den Deutschen zwei Tage vor dem Start am 20. Juni 1948 die Währungsreform verkündet worden: "Das erste Gesetz zur Neuordnung des deutschen Geldwesens ist von den Militärregierungen Großbritanniens, der Vereinigten Staaten und Frankreichs verkündet worden und tritt am 20. Juni in Kraft. Die bisher gültige deutsche Währung wird durch dieses Gesetz aus dem Verkehr gezogen. Das neue Geld heißt 'Deutsche Mark'."
In den folgenden Jahren sollte die neue stabile Währung maßgeblich für das deutsche Wirtschaftswunder sorgen. Aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich mit der Bundesrepublik Deutschland eine der erfolgreichsten Volkswirtschaften der Welt. Auch in der Europäischen Union setzte sich der Siegeszug der Währung fort: Die D-Mark wurde europäische Leitwährung, die Bundesbank weltweit Vorbild für stabile Geldpolitik.
Seit Beginn der zweiten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion Anfang 1999 ist die D-Mark nichts anderes als die deutsche Version des Euro. Der Umrechnungskurs zum Euro steht unveränderlich fest, die Geldpolitik macht nun die Europäische Zentralbank, und nur die D-Mark-Scheine und Münzen geben den deutschen Bürgern noch die Illusion, in einer eigenen, nationalen Währung zu bezahlen.
Am 1. Januar 2002 ist es aber auch damit vorbei. Denn mit den Einführung des Euro-Bargelds wird die D-Mark endgültig vom Euro abgelöst werden. Dann tritt in den zwölf Ländern der Euro-Zone die dritte Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion in Kraft und die D-Mark verliert ihre Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel.
Aber auch ein knappes halbes Jahr bevor sie mit den ersten Euro-Scheinen bezahlen werden, können sich die meisten Deutschen mit der neuen Währung nicht anfreunden. Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstitutes Forsa im Auftrag der Deutschen Welle ziehen 71 Prozent der Bundesbürger die D-Mark dem Euro vor. Nur ein Viertel der 1.000 Befragten würde sich für den Euro entscheiden. Über die Hälfte der Deutschen wird nach eigener Aussage der geliebten D-Mark nachtrauern.
Und dies trotz aufwändiger Werbekampagnen von Europäischer Zentralbank, Bundesbank und Bundesregierung, bei der sich namhafte Journalisten wie Ulrich Wickert für den Euro ins Zeug legen. Auch Bundesfinanzminister Hans Eichel ist ein unermüdlicher Kämpfer für die gemeinsame Währung Europas: "Der Euro ist ein Zeichen dafür, dass wir zusammen gehören. Die Länder in der Europäischen Union verbindet das Vertauen in stabil demokratische Systemen. Die Menschen in Europa ähneln sich in ihren Wertvorstellungen mehr, als sie das selbst vielleicht glauben. Der Euro wird zum Zeichen, wie nahe wir uns stehen."
Besonders in den so genannten Neuen Ländern im Osten Deutschlands ist noch Überzeugungsarbeit nötig. Denn die Ostdeutschen ziehen mit 80 Prozent deutlich häufiger die D-Mark dem Euro vor als die Westdeutschen mit 69 Prozent.
Für viele Ostdeutsche ist die D-Mark eines der wichtigsten Symbole der deutschen Wiedervereinigung. Bereits im Juli 1990 - also drei Monate vor der offiziellen deutsch-deutschen Wiedervereinigung - wurde die D-Mark gesetzliches Zahlungsmittel in der Deutschen Demokratischen Republik und löste die ungeliebte DDR-Mark ab. Die D-Mark stand für Reisen ins Ausland, die Möglichkeit, westliche Importwaren zu kaufen und für die Zugehörigkeit zu den Landsleuten im Westen.
Aber alle Skepsis und Trauer der Deutschen in Ost und West wird nichts mehr daran ändern können. Nach 53 Jahren feierte ddie D-Mark am 20. Juni 2001 zum letzten Mal ihren Geburtstag. Die Einführung des Euro-Bargelds Anfang 2002 ist das definitive Ende der D-Mark. Und eigentlich ist der Euro ja schon längst da, sagt EZB-Chef Wim Duisenberg: "Es ist wichtig zu wissen, dass wir am 1. Januar 2002 nicht den Euro einführen. Der Euro ist bereits seit dem 1. Januar 1999 unser Geld. Was wir tun werden, ist den Euro auch in Form von Euro-Banknoten und -Münzen einzuführen."