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Was will "Occupy-Central"?

Erning Zhu29. September 2014

Hongkong ist zwar keine Demokratie, besitzt aber eine starke Zivilgesellschaft. Was sie zu bewegen imstande ist, zeigt nun die Occupy-Central-Bewegung. Sie will nicht weichen, ehe ihre Forderungen durchgesetzt sind.

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Bildergalerie Demonstrationen Hong Kong 29.09.2014
Bild: Reuters/Bobby Yip

"Occupy Central" ist keine strukturierte Organisation, sondern eher eine spontan entstandene Bewegung. An ihre Spitze haben sich erst nach und nach drei Anführer gesetzt, darunter Benny Tai (50), Assistenzprofessor an der Universität von Hongkong. Tai veröffentlichte Anfang 2013 einen Aufsatz mit dem Titel "Ziviler Ungehorsam als wirksame Waffe". Darin erklärt er, dass die Bürger Hongkongs freie Wahlen brauchen. Und dass sie die Zentralregierung in Peking am besten dadurch unter Druck setzen können, indem sie den Finanzdistrikt und das Regierungsviertel besetzen. Er findet in der Bevölkerung breite Zustimmung. Insgesamt sollen mindestens 25% der Bevölkerung die Ziele der Occupy-Central-Bewegung unterstützen.

Freie Wahlen und Reformen

In der Hauptsache verfolgt die Bewegung zwei Ziele: zum einen die Rücknahme eines Beschlusses, den der nationale Volkskongress in Peking Ende August gefasst hat. Diesem Beschluss zufolge soll nicht die Bevölkerung Hongkongs, sondern ein 1200-köpfiges elitäres Komitee die Kandidaten für die Wahl zum Regierungschef im Jahr 2017 vorauswählen. Die maximal drei Kandidaten müssen mit der Mehrheit der Stimmen im Volkskongress gewählt werden. Darüber hinaus besteht Peking bei den Kandidaten auf eine "patriotische Gesinnung", haben die Demokraten faktisch keine Chance, den Regierungschef zu stellen. Damit will Peking seinen Einfluss auf die eingeschränkte Demokratie in Hong Kong sichern. Die Demokraten fordern hingegen entweder echte freie Wahlen oder zumindest den Erhalt der jetzigen Regelung: Danach wird der Regierungschef durch ein Hongkonger Wahlkomitee bestimmt.

Das zweite Ziel von "Occupy Central" besteht in der Forderung, die Regierung in Hong Kong müsse politische Reformen in Richtung einer weiteren Demokratisierung einleiten, und den hierzu bereits vorliegenden Bericht über politische Reformen überarbeiten, der dem Nationalen Volkskongress als Beschlussgrundlage gedient hat. Der amtierende Regierungschef Leung Chun-ying erklärte am Sonntag (28.09.2014) seine Bereitschaft, mit der Bevölkerung darüber zu reden.

Studenten in Hongkong streiken für mehr Demokratie
Bild: Lam Yik Fei/Getty Images

Unterstützung durch die Studenten

Die Studenten sind die wichtigste Stütze der Occupy-Central-Bewegung. Sie sind über Studentenverbände relativ gut organisiert und modern vernetzt. Am 22. September begannen sie einen einwöchigen Streik, an dem zum Schluss auch Schüler teilnahmen. Als Professor ist Cheung mit den Zielen der Studenten vertraut: "Sie werden von ihren Idealen geleitet. Sie wollen der Regierung zeigen, was sie falsch gemacht hat. Dafür sind sie zu Opfern bereit und zahlen mit dem Streik einen Preis."

Auf der Abschlusskundgebung am Sonntagmorgen (28.09.2014) rief Benny Tai den etwa 50.000 demonstrierenden Studenten zu: "Occupy Central beginnt jetzt!" Vorausgegangen waren zahlreiche Verhaftungen von Studenten und Schülern. Ursprünglich hatte Occupy Central die Besetzung von Regierungsbezirk und Finanzdistrikt für den 1. Oktober geplant, den 65. Gründungstag der Volkrepublik China. Um die Protestierenden zu vertreiben, benutzte die Polizei Pfefferspray und schoss Tränengas. Mindestens bis Montag sollen die Hauptstraßen blockiert bleiben. Die Börse arbeitet zwar weiter, aber die Proteste setzen dem Hang-Seng-Index zu. Das Regierungsviertel ist lahmgelegt.

Die streikenden Studenten sind entschlossen, sich der Gewalt der Regierung nicht zu beugen. Sie wollen ihre Proteste fortsetzen, obwohl die Spezialeinsatzkräfte mittlerweile abgezogen sind und stattdessen Sicherheitsbeamte in normalen Uniformen ihren Platz einnehmen.

"Keine x-beliebige Stadt"

Wie realistisch ist es, dass die beiden zentralen Ziele der Occupy-Central-Bewegung erreicht werden? Dem Hongkonger Journalist Qiu Zhenhai zufolge werden beide Seiten geschädigt aus den Unruhen hervorgehen. Es sei unwahrscheinlich, dass die Bewegung zum Erfolg kommt und Peking einlenkt. Im Gegenteil: Der Graben wird tiefer. Das wäre ein hoher Preis, den beide Seiten zahlen müssen. Auch Professor Cheng sieht kaum Chancen, dass Peking in absehbarer Zeit seinen Beschluss zum Wahlverfahren für den Regierungschef zurückzieht. Für ihn besitzen die Kämpfe für demokratische Rechte eine große Bedeutung, denn dafür sind die Studenten schließlich auf die Straße gegangen. Aber jetzt gehe es auch um die Wahrung der Menschenwürde, um Grundrechte: "Wir werden unsere Grundwerte nicht aufgeben. Wir wollen keine gehorsame Bevölkerung werden. Wir wollen nicht, dass Hong Kong sich in eine x-beliebige chinesische Großstadt verwandelt."