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Politik

Was bedeutet das Jamaika-Aus für die AfD?

Kay-Alexander Scholz
20. November 2017

Auf kurze Sicht werden die Rechtspopulisten wohl vom Platzen der Regierungsgespräche profitieren können. Doch langfristig sieht das wieder ganz anders aus.

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Berlin AfD Gauland und Weidel zu Ende der Sondierungen
Bild: Getty Images/AFP/J. McDougall

Eigentlich wäre ein Jamaika-Bündnis für die AfD ein gefundenes Fressen gewesen, also eine Konstellation, von der die deutschen Rechtspopulisten hätten profitieren können. Denn die Merkel-CDU hätte sich in einem Bündnis, an dem die Grünen beteiligt sind, nach links bewegen müssen. Das hätte dem rechten Rand neuen Wählerzulauf gebracht, so sahen es viele in der AfD, aber auch Politikwissenschaftler und Beobachter in Berlin.

Und nun? Kurzfristig setzten die beiden Fraktionsvorsitzenden der AfD, Alice Weidel und Alexander Gauland, am Morgen nach dem Platzen der Bombe ein Presse-Statement an. Es begann dann später als angekündigt. Im provisorischen Fraktionsraum der Partei sahen die wartenden Journalisten stattdessen den Fraktionsvorstand in ernste Diskussionen vertieft. Mit welcher Botschaft soll man an die Presse gehen?

AfD sieht sich bestätigt

"Merkel ist gescheitert", das sei auch gut so, "es wird Zeit, dass sie geht", sagte Gauland dann als ersten Satz und suchte damit Anschluss an ein Mantra aus dem Bundestagswahlkampf seiner Partei: "Merkel muss weg". Er begründete seine Aussage damit, dass Jamaika ein Weiter-So in der Politik bedeutet hätte. Nun aber gebe es die Chance, in der Frage des Familiennachzugs, in der Asylpolitik generell und bei der Energiewende "neu und vernünftig" nachgedacht wird.

Auch Weidel sieht nun Merkel als gescheitert an. Die AfD zeige Wirkung, immerhin habe man nun Schwarz-Grün verhindert, also ein Zusammengehen der Union mit den Grünen. Nun freue man sich auf eine vernünftige Oppositionsarbeit und - sollte es dazu kommen - auch auf Neuwahlen.

"Versagen der anderen"

Die Meinungsumfragen der letzten Wochen haben relativ stabile Zustimmungswerte für die AfD gezeigt, eher sogar noch mit Tendenz nach oben. Deshalb würden Neuwahlen für die AfD wohl nach jetzigem Stand eher von Vorteil sein.

Das Scheitern von Jamaika nach wochenlangen Sondierungen wird in der Partei auch als Versagen der sogenannten Alt-Parteien bewertet und so versucht, für sich zu nutzen. Weidel sagte erneut, dass "auf Steuerkosten an Wählertäuschungen" gearbeitet worden sei. Weil doch vorher klar gewesen sei, dass so unterschiedliche Parteien nicht zueinander finden könnten.

Neue Konkurrenz?

Richtig frohlockend aber war der Auftritt der beiden AfD-Spitzenpolitiker nicht. Das ist verständlich. Auch sie wissen nicht, wie sich die Parteienlandschaft nun entwickelt. FDP und CSU könnten nun versuchen, den rechten Rand wieder einfangen zu wollen und gemeinsam an einem neuen konservativen Bündnis feilen. Das würde thematisch eine große Konkurrenz für die AfD bedeuten. FDP-Chef Lindner sei in der Tat schon nah an den Kritikpunkten der AfD dran, sagte Gauland passend dazu auf die Frage eines Journalisten.

Doch nicht nur Neuwahlen, auch eine Minderheitsregierung wäre möglich. Dazu hatte Weidel vor ein paar Wochen schon einmal eine Tolerierung ins Gespräch gebracht - für Schwarz-Gelb, also Union mit FDP, aber ohne Merkel. Wie aus der Fraktion zu hören ist, gehen die Meinungen darüber ziemlich auseinander. Man wolle nicht so schnell die Rolle einer fundamental orientieren Oppositionspartei aufgeben, sagen die anderen.

Weidel sagte nun, es sei zu früh, sich an Parteien zu ketten. Um dann gleich noch in Richtung Horst Seehofer zu schießen. Der CSU-Chef sei in den Sondierungsverhandlungen bereit gewesen, Versprechen wie eine Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen aufzugeben. Das sollten sich die Wähler in seinem Heimatbundesland Bayern genau ansehen.

AfD muss neue Spitze wählen

Buchmesse Frankfurt - Protest bei Höcke-Lesung
Was will Rechtsaußen Björn Höcke?Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

In knapp zwei Wochen wählt die AfD auf einem Parteitag einen neuen Bundesvorstand. Auch hier gibt es offene Fragen. Nach dem Austritt von Frauke Petry ist unklar, wer das Zepter in der Parteiführung übernimmt. Ihr bisheriger Co-Vorsitzender Jörg Meuthen ist im Gespräch - eventuell für eine Doppelspitze mit Leif-Erik Holm. Aber es soll noch andere Anträge geben, auch für eine Einer-Spitze.

Mit Spannung wird auch erwartet, wie der Rechtsaußen der Partei, Björn Höcke, agiert. Wird er sich in die erste Reihe drängeln? Der Ausgang der Wahlen zum Parteivorsitz und dem Vorstand dürften dann auch rückkoppeln auf die Arbeit in der Bundestagsfraktion. Im Moment gilt wohl, was für das gesamte politische Berlin gilt: Niemand kann so richtig vorhersehen, wohin die Reise geht.