Warum Streaming in Afrika populärer wird
22. März 2021Als Mdundo 2013 an den Start ging, war die Plattform aus Kenia noch eine Art Pionier. Heute, acht Jahre und sieben Millionen aktive Nutzer später, ist Mitgründer Martin Nielsen überzeugt: Sein Plan hat funktioniert. "Der Markt für Musik-Streaming und Downloads in Afrika wächst rasant. Die Menschen gehen online und es gibt eine große Nachfrage nach Inhalten und dazu gehört vor allem Musik", sagt er im DW-Interview.
Der schwedische Streamingriese Spotify sieht das ähnlich. Bisher war die Plattform nur in fünf afrikanischen Ländern vertreten. Bis Ende des Jahres sollen es 39 weitere sein. "Musik ist ein integraler Teil der Jugendkultur. Afrika hat die jüngste Bevölkerung der Welt", sagt Spotifys Musikchefin für Afrika, Phiona Okumu, zur DW. Konkurrent Apple Music hatte seine Angebote schon letztes Jahr ausgeweitet.
Plattformen mit Potenzial
Auch andere Player mischen mit. Laut Website "WeTracker" gibt es über 25 Streaming-Plattformen in Afrika. Darunter Boomplay mit rund 50 Millionen Nutzern, aber auch kleinere Anbieter wie Mkito in Tansania, Songa aus Kenia oder UduX in Nigeria.
Der nigerianische Technik-Analyst Victor Ekwelaor traut den rosigen Botschaften der Plattformbetreiber trotzdem nicht. "Ich glaube nicht, dass sie boomen. Es gibt nur eine Welle von Marketingmaßnahmen und Versuche, in den Markt zu kommen", sagt er zur DW.
Problem Nummer 1: Gerade mal 29 Prozent der Menschen auf dem Kontinent nutzen das Internet. "Das größte Problem ist die Verbindung: Die Menschen ins Netz zu bekommen, damit sie Musik konsumieren können", räumt auch Mdundo-Gründer Nielsen ein.
Teure Datenverbindungen
Datenverbindungen sind außerdem teuer. Laut einer Studie des britischen Telekommunikationsanbieters CableUK verlangen afrikanische Provider im Schnitt 3,30 Dollar (2,78 Euro) pro Gigabyte. Das Preisniveau ist nur noch auf dem amerikanischen Kontinent höher. Gleichzeitig sind die meisten Menschen in vielen afrikanischen Ländern ärmer. "Die Plattformen sind vor allem in Ländern mit besseren wirtschaftlichen Bedingungen und günstigen Datenpreisen präsent", sagt Ekwelaor. Ein Blick auf die Kernmärkte von Mdundo und Spotify bestätigt das: Ghana, Kenia, Nigeria, Tansania und Uganda.
Die Anbieter wollen mit technischen Innovationen dagegenhalten. "Datenpreise sind eine Herausforderung, die Internetverbindungen sind eine Herausforderung, aber das kann einen ganzen Kontinent nicht davon abhalten, voranzugehen", sagt Spotify-Managerin Okumu. So gibt es eine Lightversion der Spotify-App, die ohne hochwertige Smartphones und bei geringeren Bandbreiten funktioniert. Konkurrent Mdundo setzt vor allem auf kostenlose Downloads, die weit weniger Daten brauchen als Streaming. Finanziert wird das durch Werbejingles vor jedem Lied.
Mehr Nutzung von Streamingdiensten hieße auch: mehr Einnahmen für afrikanische Musiker. Sie gehen bisher oft leer aus, weil Musik illegal heruntergeladen oder auf schwarzgebrannten CDs verkauft wird. Gerade mal 72 Millionen Euro Lizenz- und Nutzungsgebühren wurden 2018 in Afrika eingesammelt - weniger als ein Prozent der weltweiten Einnahmen. Die Einnahmen aus dem Digitalgeschäft sind dagegen zwischen 2014 und 2018 um 36 Prozent gestiegen. "Raubkopien sind ein großes Problem in Afrika und Streaming bietet dafür eine Lösung", sagt Spotify-Managerin Okumu.
Was bleibt für die Künstler?
Mdundo beispielsweise gibt nach eigenen Angaben die Hälfte der Einnahmen an die Künstler ab. In diesem Jahr peilt die Plattform Einnahmen von 600.000 US-Dollar an. Bei über 90.000 registrierten Künstlern fallen dabei aber nur kleine Summen ab.
Trotz aller Hindernisse glaubt Mdundo-Gründer Nielsen an das Potenzial seiner Plattform. 18 Millionen tägliche Nutzer peilt er bis Juni 2022 an. Downloads werden aber auch dann besser laufen als Streaming, glaubt er. "Das Internet wird auf dem Kontinent immer selbstverständlicher werden und es wird dadurch einfacher werden, größere Zielgruppen zu erreichen und damit auch Geld zu verdienen."
Hinweis: Spotify soll bis Ende des Jahres nicht in 39 afrikanischen Märkten, sondern in 39 zusätzlichen afrikanischen Märkten präsent sein. Wir haben den Beitrag entsprechend korrigiert.