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Warum mobiles Internet in Afrika so teuer ist

David Ehl Text | Gianna-Carina Grün Grafiken
31. Oktober 2020

In Malawi kostet ein Gigabyte mobiles Datenvolumen 87 Prozent des Bruttonationaleinkommens pro Kopf. In Ruanda sind es nur zwei Prozent. Dafür gibt es ganz verschiedene Gründe, wie unsere Analyse zeigt.

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Benin Smartphone-User
Afrikanischer Smartphone-Nutzer (in Benin): Nur in Amerika sind mobile Daten teurerBild: Yanick Folly/AFP/Getty Images

Für Tabu Kitta spielen Smartphone und Internet dieselbe Rolle wie für viele Anfang-30-Jährige auf der ganzen Welt: "Alles, was ich tue, hat mit dem Internet zu tun: Ich telefoniere darüber, verschicke Nachrichten - an einem guten Tag schaue ich Videos online."

An manchen Tagen muss die Geschäftsfrau und Pressesprecherin jedoch darauf verzichten: In ihrem Heimatland Malawi ist mobiles Internet so teuer wie nirgendwo sonst in Afrika. "An einem guten Tag kaufe ich ein Daten-Bundle für drei US-Dollar - das kann ich mir aber nicht immer leisten."

Tabu Kitta
Geschäftsfrau Kitta: "Die Preise sind eine Herausforderung"Bild: Mirriam Kaliza/DW

Insgesamt, schätzt Kitta, gibt sie rund 70 Dollar im Monat dafür aus. "Die Preise für mobile Daten sind in der Tat eine Herausforderung für viele Malawier", sagte Kitta der DW. Man könnte auch sagen, die Preise sind eine Herausforderung für ganz Afrika.

Im Schnitt verlangen afrikanische Provider 3,30 Dollar (2,78 Euro) je Gigabyte. Das hat eine weltweite Untersuchung des britischen Telekom-Anbieters CableUK ergeben. Das Preisniveau ist nur noch auf dem amerikanischen Kontinent höher.

Doch "weil die Einkommen in Afrika gleichzeitig so gering sind, wird der Unterschied im Verhältnis viel größer", sagt Martin Schaaper. Er arbeitet bei der International Telecom Union (ITU), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, und analysiert mit seinem Team regelmäßig die Entwicklungen auf dem Telekommunikationsmarkt. Die Preise in Afrika seien viel höher als in anderen Erdteilen, so Schaapers Analyse, insbesondere im Vergleich zu Industriestaaten.

Datenvisualisierung Mobiles Internet - Mittlerer Preis nach Kontinenten

Immerhin gehe die Entwicklung in die richtige Richtung, sagt er im DW-Interview: "Es wird in Afrika größtenteils günstiger, insbesondere, wenn man sich den Preis für Daten im Vergleich zum Bruttonationaleinkommen pro Kopf ansieht."

Extrembeispiel Malawi

Malawi ist in dieser Hinsicht ein Extrembeispiel: Laut CableUK kostet ein Gigabyte mobile Daten dort im Schnitt 27,41 US-Dollar (23,10 Euro). Die Vereinten Nationen empfehlen, dass diese Datenmenge höchstens zwei Prozent des Bruttonationaleinkommens pro Kopf kosten sollte - im armen Malawi sind es hingegen 87 Prozent!

Datenvisualisierung Mobiles Internet - Karte Afrika Preisübersicht nach Ländern

Andere Länder, in denen diese beiden Werte besonders weit auseinandergehen, sind Benin und Tschad. Auch dort ist mobiles Internet um ein Vielfaches teurer, als es angesichts der Wirtschaftskraft angemessen wäre. 

Mehrere Ursachen für hohe Preise

Ein großer Kostenpunkt bei den Providern ist die Infrastruktur: "Sie mussten von 2G auf 3G auf 4G und nun 5G umrüsten", sagt UN-Telekommunikationsexperte Schaaper. "Das fordert konstante Investitionen, die refinanziert werden müssen. Was in Afrika noch dazukommt, ist, dass viele Regionen schwer zugänglich sind - dort ist es besonders teuer, Infrastruktur einzurichten."

Als weiteren wichtigen Faktor nennt Schaaper die Zahl der Wettbewerber auf dem Markt: "Wenn es nur einen oder zwei Anbieter in einem Land gibt, haben sie wenig Anreiz, die Preise zu senken."

Datenvisualisierung Mobiles Internet - empfohlene und reale Preise

Eine dritte Ursache - auch wenn sich das mit Daten schlecht belegen lässt: Mobilfunkpreise hängen auch von der Politik des jeweiligen Landes ab. "Beweist die Regierung Hilfsbereitschaft gegenüber den Anbietern? Will die Regierung den Zugang für die allgemeine Bevölkerung erschwinglicher machen und hilft sie bei der Erschließung abgelegener Gebiete mit Infrastruktur? Das ist von Land zu Land unterschiedlich", sagt Martin Schaaper.

Eine gewisse Sonderrolle spielt Äthiopien, wo der Mobilfunk in öffentlicher Hand ist und keine privatwirtschaftliche Konkurrenz zur staatlichen "Ethiotelecom" zugelassen ist.

Wer bietet Mobilfunk an?

Es macht auch einen Unterschied, wer der Anbieter ist: Weil in Afrika die Sprachen der früheren Kolonialmächte weit verbreitet sind, war es für europäische Konzerne wie Vodafone, Orange und Altice Portugal oder der indischen Airtel leicht, den Markt zu erobern. Inzwischen haben sich aber auch große afrikanische Anbieter wie das MTN aus Nigeria oder das Telkom aus Südafrika in vielen Ländern des Kontinents etabliert.

Datenvisualisierung Mobiles Internet Afrika - Preisveränderung zwischen 2018 und 2020

"Mit ihrer Größe sind sie im Vorteil", sagt Schaaper: "Sie haben das Wissen, die personelle Infrastruktur, bewährte Preismodelle. Ihnen fällt es leichter, in noch ein weiteres Land einzusteigen." Das könne jedoch negative Folgen haben, etwa wenn sie kleinere lokale Wettbewerber ausbooten: "Das wirkt sich natürlich negativ auf die Preise aus", sagt Schaaper. Hinzu kommen Wettbewerbsbeschränkungen in Ländern, die Staatsunternehmen bevorteilen.

Hoffnung auf Besserung in Malawi

In Malawi hat die Regierung im August einen ersten Schritt angekündigt, der Bewegung in den festgefahrenen Markt bringen soll: Präsident Lazarus Chakwera will eine Lizenz für einen dritten Anbieter neben Airtel Malawi und TNM ausstellen. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass mobile Daten endlich erschwinglicher werden - sodass Menschen wie Tabu Kitta nicht mehr bei jedem Fingertipp auf dem Smartphone überlegen müssen, ob sie sich das gerade leisten können.

Mitarbeit: Mirriam Kaliza (Lilongwe)